Rechtsprechung Bayern

Gewerbesteuer

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Die Beitreibung von Steuerschulden bereitet häufig dann besondere Probleme, wenn ein Rechtsnachfolger zur Zahlung in Anspruch genommen werden soll. In dem vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) mit Beschluss vom 29.11.2024 entschiedenen Fall hatte sich der Kläger, auf den durch Erbfall Gewerbesteuerschulden in beträchtlicher Höhe übergegangen waren, zunächst gegenüber der Behörde auf persönliche Billigkeitsgründe berufen und den Erlass der rückständigen Gewerbesteuer für die Jahre 2008 bis 2013 beantragt.

Nachdem die beklagte Gemeinde dies abgelehnt hatte und auch ein dagegen gerichteter Widerspruch zurückgewiesen worden war, erhob der Kläger beim Verwaltungsgericht Klage auf Feststellung, dass die auf ihn übergegangenen Gewerbesteuerschulden samt Nebenforderungen bereits durch Verjährung erloschen seien; hilfsweise beantragte er die Verpflichtung der Beklagten, ihm die Steuerschuld zu erlassen. Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab. Es lägen Unterbrechungstatbestände vor, die den Eintritt der Zahlungsverjährung verhinderten. Aus der Korrespondenz der Beklagten mit den Gerichtsvollziehern sowie aus der erfolglosen Einholung einer Vermögensauskunft und einer eidesstattlichen Versicherung trotz Haftbefehls ergebe sich das ernsthafte Bemühen der Beklagten zur Ermittlung des Aufenthalts des Klägers. Diese Ermittlungen seien anlassbezogen gewesen, weil der konkrete Aufenthalt des Klägers – jedenfalls während seiner wiederholten mehrmonatigen Abwesenheit in den Wintermonaten – nicht bekannt gewesen sei und der Steueranspruch auch deshalb nicht habe realisiert werden können. Die Verjährungsunterbrechung hänge nicht davon ab, ob die Behörde die zur Durchsetzung der Zahlungsansprüche zweckmäßigste Maßnahme ergriffen habe. Der Kläger habe unter den gegebenen Umständen auch keinen Anspruch auf Erlass der Steuerforderung. Den gegen diese Entscheidung gerichteten Antrag auf Zulassung der Berufung lehnte der VGH aus den folgenden Gründen ab:

1. Verjährungsunterbrechende Maßnahmen müssen dem Steuerschuldner nicht zwingend bekannt geworden sein

Der vom Kläger erhobene Einwand, er habe von den Ermittlungsmaßnahmen der Beklagten nichts mitbekommen, so dass es diesen an der erforderlichen Außenwirkung fehle, war aus Sicht des Gerichts unbeachtlich:

„Entgegen der in der Zulassungsschrift geäußerten Ansicht kommt es nicht darauf an, ob der Steuerschuldner von den Maßnahmen zur Aufenthaltsermittlung Kenntnis erlangt hat. Zwar ist allen Unterbrechungstatbeständen gemeinsam, dass es sich um nach außen wirkende Maßnahmen handelt, denn bei nur innerdienstlichen Maßnahmen wäre für den Betroffenen nicht mit der erforderlichen Klarheit feststellbar, ob der Zahlungsanspruch durch Verjährung erloschen ist oder ob er wegen Unterbrechung der Verjährung weiterhin zur Leistung verpflichtet ist (vgl. BFH, U. v. 23.04.1991 – VII R 37/90 – BFHE 164, 392 Rn. 12).

Dass insbesondere die Wohnsitzanfrage nach dem Gesetz verjährungsunterbrechende Wirkung hat, obgleich bei ihr eine Benachrichtigung des Steuerschuldners naturgemäß ausgeschlossen ist, zeigt indes klar und deutlich, dass diese Wirkung auch durch ein sonstiges nach außen tretendes Handeln der Behörde ausgelöst werden kann (vgl. BFH, U. v. 21.11.2006 – VII R 68/05 – BFHE 215, 70 Rn. 35). Dies ist vorliegend der Fall, weil durch diese Recherche auf außerhalb der Beklagten geführte Datenbestände (hier: Meldedaten des im Auftrag des Freistaats Bayern von der Anstalt für kommunale Datenverarbeitung in Bayern betriebenen Bayerischen Behördeninformationssystems BayBIS) zugegriffen wurde (vgl. Heuermann, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, Stand: 9/2024, § 231 AO Rn. 48).“

2. Verjährungsunterbrechende Ermittlungshandlungen setzen eine fehlende Kenntnis der Behörde vom Wohnsitz oder Aufenthaltsort des Steuerschuldners voraus

Diese Voraussetzung lag hier jedenfalls vor:

„Ohne Erfolg rügt der Kläger im Ergebnis außerdem, es habe kein hinreichender Anlass zu der Abfrage der Meldedaten bestanden. Ein solcher Anlass zu Ermittlungshandlungen ist zwar nur dann gegeben, wenn die Finanzbehörde den Wohnsitz oder den Aufenthaltsort des Verpflichteten nicht kennt, da es sich andernfalls nicht um ,Ermittlungen‘ der Behörde handelt, sondern um bloße Scheinhandlungen (vgl. BFH, U. v. 24.11.1992 – VII R 63/92 – BFHE 169, 493 Rn. 14). Geht man mit dem Kläger davon aus, dass die Zustellungen an die der Beklagten bekannte Wohnsitzadresse nicht als unzustellbar in Rücklauf geraten sind und sich auch im Übrigen kein hinreichender Anlass für weitere Ermittlungen ergeben hatte, dann hätte – worauf das Verwaltungsgericht ebenfalls hingewiesen hat – jedenfalls die Ladung zur Abgabe einer Vermögensauskunft aus dem Jahr 2018 gem. § 284 Abs. 6 Satz 1 AO gem. § 231 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO zur Unterbrechung der Verjährung geführt, so dass die Fünfjahresfrist (§ 228 Satz 1 AO) erst am 31.12.2023 abgelaufen wäre, wobei diese Frist wiederum durch die am 24.11.2023 zugestellten Mahnungen unterbrochen worden wäre.

Ergäben sich umgekehrt Zweifel an der Wirksamkeit der diesbezüglichen Zustellung, die zwischen dem 19.04.2018 (Auftrag an Gerichtsvollzieher) und dem 30.07.2018 (erfolglos verstrichener Termin der Abgabe der Vermögenserklärung) stattgefunden haben muss und damit in den Zeitraum fiel, in dem sich der Kläger nach eigenem Bekunden durchgängig an seinem Wohnsitz in Deutschland aufhielt, dann hätte sich für die Beklagte hinsichtlich des Klägers auch hinreichender Anlass für eine die Verjährung unterbrechende Wohnsitzermittlung ergeben.“

 

Den vollständigen Beitrag lesen Sie in Die Gemeindekasse Bayern 16/2025, Rn. 131.