Rechtsprechung Bayern

Sachgrundlose Befristung bei ehemaligen Leiharbeitnehmern

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Eine Frau arbeitete über eine Zeitarbeitsfirma von Dezember 2017 bis Ende Mai 2018 in einem entleihenden Unternehmen. Am 01.06.2018 schlossen die Frau und das entleihende Unternehmen einen Arbeitsvertrag ab, der – nach einer Verlängerung – befristet bis zum 31.12.2019 war. Die Mitarbeiterin der ehemaligen Entleiherin war nun der Auffassung, die Befristung ihres Arbeitsvertrages mit der neuen Arbeitgeberin sei unwirksam.

Man habe ihr mitgeteilt, dass sie fest übernommen werde, was nicht passiert sei. Durch die Befristung im Anschluss an das Leiharbeitsverhältnis sei die Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz überschritten worden. Bezogen auf ihren Arbeitsplatz liege ein rechtsmissbräuchliches Verhalten ihrer neuen Arbeitgeberin vor. Denn die Arbeitgeberin besetze Dauerarbeitsplätze im rollierenden System mit Zeitarbeitnehmern. Sie selbst habe bei dem Unternehmen in verschiedenen Bereichen gearbeitet und sei mit unterschiedlichen Aufgaben bis hin zur betriebsinternen Qualitätskontrolle tätig gewesen. Alle Arbeitsplätze, auf denen sie eingesetzt worden sei, seien Dauerarbeitsplätze in der Produktion bzw. Qualitätssicherung. Die europäische Leiharbeitsrichtlinie 2008/104 verbiete die dauerhafte Überlassung nicht nur leiharbeitnehmerbezogen, sondern auch arbeitsplatzbezogen. Auch das AÜG müsse richtlinienkonform so ausgelegt werden, dass die Überlassung von Arbeitnehmern auf Dauerarbeitsplätzen nicht zulässig sei. Denn es sei nur eine vorübergehende Überlassung in Bezug auf den Arbeitsplatz erlaubt.

Befristung rechtsmissbräuchlich

Hinzu komme, dass die Befristung rechtsmissbräuchlich sei, weil aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge verboten seien. Das beklagte Unternehmen sah dies anders. Weder nach deutschem noch europäischen Recht sei die Vereinbarung eines befristeten Arbeitsverhältnisses mit zuvor als Leiharbeitnehmern beschäftigten Personen untersagt. Das Arbeitsgericht wies die Klage der Mitarbeiterin ab. Das Zuvorbeschäftigungsverbot (§ 14 Absatz 2 TzBfG) sei hier nicht verletzt worden. Es gelte nur, wenn die Vertragsparteien auf beiden Seiten identisch wären. Das sei hier nicht der Fall gewesen, weil die Mitarbeiterin zuvor bei einer anderen Arbeitgeberin, nämlich der Leiharbeitsfirma, angestellt gewesen sei. Die Berufung der Frau blieb erfolglos.

Zuvorbeschäftigungsverbot nur mit selbem Arbeitgeber

Nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts komme das Zuvorbeschäftigungsverbot nur dann zur Anwendung, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden habe.1 Dieses Verbot könne nur verletzt werden, wenn – anders als im entschiedenen Fall – auf beiden Seiten die Identität der Arbeitsvertragsparteien bestanden habe. Zwar könne die Ausnutzung der durch das Gesetz eröffneten Gestaltungsmöglichkeiten zur sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverträgen bei Vorliegen besonderer Umstände gegen das Gebot von Treu und Glauben nach § 242 BGB verstoßen und deshalb rechtsmissbräuchlich sein. Bei befristeten Arbeitsverhältnissen könne eine solche Rechtsmissbräuchlichkeit vorliegen, wenn z. B. mehrere rechtlich und tatsächlich verbundene Arbeitgeber im bewussten und gewollten Zusammenwirken aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge mit demselben Arbeitnehmer nur deshalb abschlössen, um auf diese Weise sachgrundlose Befristungen aneinanderreihen zu können. In einem solchen Fall sei eine vereinbarte Befristung nicht mehr gerechtfertigt. Diese Fallkonstellation liege hier aber nicht vor.

Befristung war rechtswirksam

Das deutsche AÜG regele die Höchstüberlassungsdauer arbeitnehmerbezogen. Dies habe das Landesarbeitsgericht Köln im Jahr 2019 so entschieden. Dem schließe sich die erkennende Kammer an. Nach europäischem Recht beziehe sich eine Missbrauchsprüfung nur auf die Anzahl der mit derselben Person abgeschlossenen Verträge, nicht auf die zur Verrichtung der gleichen Arbeit geschlossenen Verträge. Aus diesem Grunde sei die mit der Frau vereinbarte Befristung rechtswirksam gewesen.
Praxistipp
Es bleibt hiernach dabei, dass entscheidend für die Wirksamkeit von sachgrundlosen Befristungen nicht die rein arbeitsplatzbezogene Betrachtung ist. Vielmehr kommt es nur darauf an, ob mit identischen Arbeitsvertragsparteien – also personenbezogen – rechtmäßige Befristungen vereinbart werden.

1 Landesarbeitsgericht Nürnberg, Urteil vom 25.02.2021 – 5 Sa 396/20

(RdW 20/2021, Christian Vetter)