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Beamtenrecht: Zum Anspruch auf Umwandlung eines Probebeamtenverhältnisses in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit

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§ 10 Satz 1 BeamtStG, Art. 25 Satz 1 BayBG, Art. 12, 15 LlBG

Probezeit; Bewährung; Anspruch auf Umwandlung; Elternzeit; Angemessene Bedenkzeit; Tatsächliche Beschäftigung

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 10.04.2024, Az. 3 ZB 24.105

Orientierungssatz der Landesanwaltschaft Bayern

Ein Beamter kann nur während des Zeitraums einer tatsächlichen Beschäftigung erprobt werden.

Bemerkung der Landesanwaltschaft Bayern

I.

Die Klägerin begehrte mit ihrer Klage die Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit. Zwischen den Parteien war u.a. strittig, ob der Dienstherr die beantragte Anrechnung ihrer Elternzeit auf die Probezeit zu Recht versagt hat.

Nach Art. 12 Abs. 3 Satz 2 des Gesetzes über die Leistungslaufbahn und die Fachlaufbahnen der bayerischen Beamten und Beamtinnen (Leistungslaufbahngesetz – LlbG) verlängert sich die Probezeit um Zeiten einer Beurlaubung unter Fortfall des Anspruchs auf Leistungen des Dienstherrn. Jedoch können solche Zeiten angerechnet werden, die nach Art. 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 bis 5 LlbG als Dienstzeit gelten, wobei Zeiten gemäß Art. 15 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 LlbG (u.a. Elternzeit) nur im Umfang von bis zu sechs Monaten angerechnet werden können.

Vorliegend hatte der Dienstherr die Beamtin darauf hingewiesen, dass sich ihre an sich endende Probezeit gemäß Art. 12 Abs. 3 Satz 2 LlBG um die Elternzeit verlängere, da sie aufgrund von Krankenstand, individuellem Beschäftigungsverbot, Mutterschutz bzw. Elternzeit bisher (nur) an 135 Tagen Dienst geleistet habe und daher eine Eignungsfeststellung, insbesondere auch hinsichtlich der notwendigen gesundheitlichen Eignung, noch nicht getroffen werden könne.

Eine im Ermessen des Dienstherrn stehende Anrechnung der Elternzeit auf die laufbahnrechtliche Probezeit gemäß Art. 12 Abs. 3 Satz 3 LlBG komme nicht in Betracht.

Die Klägerin sah hierin u.a. eine Benachteiligung wegen des Geschlechts. Außerdem machte sie geltend, ihr Dienstherr habe die Entscheidung über die Bewährung unangemessen lange verzögert, so dass ein Anspruch auf Umwandlung ihres Beamtenverhältnisses auf Probe in ein solches auf Lebenszeit bestehe.

II.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) erachtete weder die Nichtanrechnung der Elternzeit auf die Probezeit ermessensfehlerhaft, noch sei vorliegend ein schuldhaftes Zögern des Dienstherrn hinsichtlich der Entscheidung über die Bewährung erkennbar.

1. Die Entscheidung des Dienstherrn, ob sich ein Beamter in der Probezeit nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bewährt hat, ist ein Akt wertender Erkenntnis, wobei bereits ernstliche Zweifel des Dienstherrn, ob der Beamte die erforderliche Eignung und Befähigung besitzt, genügen, um eine Bewährung zu verneinen.

Der Dienstherr kann dabei als Entscheidungsgrundlage nur eine tatsächliche Beschäftigung des Beamten zugrunde legen. Es kommt nicht darauf an, auf welchen Ursachen Fehlzeiten, die einer ausreichenden Entscheidungsgrundlage entgegenstehen, beruhen. Fehlt es aufgrund übermäßiger Fehlzeiten an einer Entscheidungsgrundlage für die Feststellung der Bewährung, bleibt es dem Dienstherrn unbenommen, im Hinblick auf den verfassungsrechtlich verankerten Leistungsgrundsatz, Zeiten einer Elternzeit nur bedingt auf die Probezeit anzurechnen. Bei der Ermessensentscheidung über die Anrechnung der Elternzeit auf die Probezeit ist zu berücksichtigen, dass diese dem Zweck der Probezeit, festzustellen, ob der Beamte allen Anforderungen des Beamtenverhältnisses auf Lebenszeit dauerhaft genügen wird (vgl. Art. 12 Abs. 1 Satz 1 LlBG), nicht zuwiderlaufen darf.

Es erscheint daher nicht ermessenswidrig, von einer Anrechnung der Elternzeit auf die Probezeit abzusehen, um noch eine ausreichende Zeit für die Feststellung der Bewährung zu gewinnen, wenn die von dem Beamten in der tatsächlich abgeleisteten Probezeit gezeigten Leistungen oder sein Verhalten Zweifel an seiner Bewährung begründen.

Entfällt die Entscheidungsgrundlage für die Feststellung der Bewährung durch übermäßige Fehlzeiten, bleibt es dem Dienstherrn im Hinblick auf den verfassungsrechtlich verankerten Leistungsgrundsatz unbenommen, Zeiten einer Elternzeit nur bedingt auf die Probezeit anzurechnen, hierin liegt keine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts.

2. Der Dienstherr ist aus Gründen der Fürsorgepflicht gehalten, alsbald, d.h. unverzüglich, mithin „ohne schuldhafte Verzögerung“ nach Ablauf der laufbahnrechtlichen Probezeit eine Entscheidung über die Frage der Bewährung des Beamten und daraus zu ziehenden Folgerungen herbeizuführen.

Bei unangemessen langer Verzögerung der Entscheidung über die Bewährung darf der Beamte von seiner Bewährung ausgehen und kann darauf vertrauen, in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übernommen zu werden. In diesem Fall besitzt der Beamte auf Probe einen Rechtsanspruch auf Umwandlung seines Beamtenverhältnisses in ein solches auf Lebenszeit.

Welche Frist als angemessen anzusehen ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, wobei der Dienstherr grundsätzlich die volle Probezeit abwarten kann, bevor er eine abschließende Entscheidung über die Bewährung trifft. Verzögerungen, die nach Eröffnung des Verfahrens zur Probezeitverlängerung bis zum Erlass des Bescheides aufgetreten sind und der Einhaltung des Verfahrensrechts geschuldet sind, wie z.B. die Anhörung zur geplanten Verlängerung der laufbahnrechtlichen Probezeit, bzw. auf einem Verhalten des Beamten beruhen, führen nicht zu einer unangemessenen Länge der Bedenkzeit.

 

Oberlandesanwältin Beate Simmerlein ist bei der Landesanwaltschaft Bayern schwerpunktmäßig u.a. zuständig für Schul- und Hochschulrecht, Medienrecht, Landesbeamtenrecht und Waffenrecht.

 

 

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