Mit dem unten vermerkten Zweiten Gesetz zur Änderung des Bundes-Klimaschutzgesetzes vom 15.7.2024 wurde das Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) fortentwickelt und insbesondere die Einhaltung der Klimaschutzziele anhand einer sektorübergreifenden und mehrjährigen Gesamtrechnung überprüft. Zudem wurden die Steuerungsmechanismen des KSG mit verbessert. Im Wesentlichen kann dem Gesetz Folgendes entnommen werden:
1. Beitrag technischer Senken, Verordnungsermächtigung: § 3b KSG n.F.
Um das Ziel der Netto-Treibhausgasneutralität nach § 3 Abs. 2 Satz 1 KSG zu erreichen, ist die kontinuierliche Bindung von Kohlendioxid aus der Atmosphäre unerlässlich, da die Treibhausgasemissionen mit den absehbaren Minderungsoptionen nicht in allen Sektoren auf null reduziert werden können. Daher wurde ein Ziel für technische Senken wie Bioenergie mit CO2-Abscheidung und Speicherung (BECCS) oder direkte CO2-Abscheidung aus der Luft und anschließender Speicherung (DACCS) aufgenommen.
§ 3b Satz 1 KSG n.F. regelt, dass die Bundesregierung Ziele für technische Senken für die Jahre 2035, 2040 und 2045 bestimmt. Damit soll die Bundesregierung in die Lage versetzt werden, erforderliche Weichenstellungen frühzeitig vorzunehmen.
§ 3b Satz 2 und 3 KSG n.F. ermächtigt die Bundesregierung, durch Rechtsverordnung, welche der Zustimmung des Bundestages und des Bundesrates bedarf, die Ziele für technische Senken festzulegen. Dies wird erstmalig im Jahr 2024 auf Grundlage der für dieses Jahr vorgesehenen Langfriststrategie der Bundesregierung zum Umgang mit unvermeidbaren Restemissionen geschehen. Die Klimaschutzziele nach § 3 Abs. 1 KSG werden durch § 3b KSG n.F. nicht geändert (§ 3b Satz 3 KSG n.F.). Ebenso bleibt der Beitrag des Sektors Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft nach § 3a KSG unberührt; eine Verrechnung zwischen Beiträgen nach § 3a KSG und nach § 3b KSG findet nicht statt.
2. Jahresemissionsgesamtmengen, Verordnungsermächtigungen: § 4 KSG n.F.
In der Überschrift von § 4 KSG n.F. wurden die Worte „Zulässige Jahresemissionsmengen und jährliche Minderungsziele“ durch „Jahresemissionsgesamtmengen“ ersetzt. Dies ändert nichts an der grundsätzlichen Verbindlichkeit der Jahresemissionsgesamtmengen für die Erreichung der nationalen Klimaschutzziele.
Die Änderung ist erforderlich für den neuen Mechanismus des § 8 KSG n.F., der eine mehrjährige und sektorübergreifende Gesamtbetrachtung vorsieht, und für die Umstellung auf Prognosedaten in § 5a KSG n.F. Nunmehr sind die Gesamtemissionsmengen entscheidend. Nur wenn diese in der Vorausschau überschritten werden, muss nachgesteuert werden.
3. Monitoring, Jahresemissionsmengen, Verordnungsermächtigungen: § 5 KSG n.F.
In § 5 KSG n.F. wird umfassend das Verfahren zum Monitoring der Emissionsdaten geregelt, das sicherstellt, dass die nationalen Klimaschutzziele eingehalten werden. Dazu werden die Jahresemissionsmengen und die erreichte Minderung für jeden Sektor transparent bewertet.
4. Projektionsdaten: § 5a KSG n.F.
§ 5a KSG n.F. regelt die für die Nachsteuerung nach § 8 KSG n.F. sowie die Klimaschutzprogramme nach § 9 KSG n.F. erforderlichen Projektionen. § 5a Satz 1 KSG n.F. bestimmt, dass das Umweltbundesamt auf der Grundlage der jeweils aktuell verfügbaren Emissionsdaten und entsprechend der in der Europäischen Governance-Verordnung vorgesehenen Methode jährlich Projektionsdaten über die künftige Emissionsentwicklung insgesamt und in den Sektoren nach § 5 Abs. 1 KSG n.F. für sämtliche nachfolgenden Jahre bis einschließlich zum Jahr 2030 sowie für die Jahre 2035, 2040 und 2045 erstellt; ab dem Jahr 2029 erstellt das Umweltbundesamt die Projektionsdaten für sämtliche nachfolgenden Jahre bis einschließlich zum Jahr 2040 sowie zumindest für das Jahr 2045. Hierdurch soll auf möglichst aktueller und plausibler Datengrundlage die zukünftige Emissionsentwicklung transparent dargestellt werden. Die Emissionsentwicklung insgesamt für die Jahre bis einschließlich zum Jahr 2030 wird zudem für den Mechanismus bei Überschreitung der Jahresemissionsgesamtmengen des § 8 KSG n.F. benötigt. Die Projektionen für die Jahre 2035, 2040 sowie 2045 sollen einen weitreichenderen Ausblick geben, inwieweit die Ziele dieser Jahre (vgl. § 3 KSG) erreicht werden.
5. Durchführungsvorschriften zur Europäischen Klimaschutzverordnung: § 7 Abs. 3 KSG n.F.
§ 7 Abs. 3 KSG n.F. stellt klar, dass der Ankauf von Emissionszuweisungen zur Einhaltung der Vorgaben der Europäischen Klimaschutzverordnung zu vermeiden ist und entsprechende Anstrengungen unternommen werden sollen.
6. Vorgehen bei Überschreitung der Jahresemissionsgesamtmengen: § 8 KSG n.F.
§ 8 Abs. 1 KSG n.F. verbessert durch mehrere Änderungen die Wirksamkeit der Anstrengungen zum Klimaschutz, indem bei einer mehrjährigen Betrachtung zukünftige Abweichungen von den Jahresemissionsgesamtmengen frühzeitig erkannt werden und darauf vorausschauend mit effektiven Gegenmaßnahmen reagiert wird. Es werden nunmehr die Emissions- und Projektionsdaten zur Bewertung herangezogen und dadurch mehr Flexibilität in der Reaktionsweise auf etwaige Pfadabweichungen ermöglicht. § 8 Abs. 1 Satz 1 KSG n.F. stellt nicht mehr darauf, ob in einem Sektor in einem Berichtsjahr ex post eine Überschreitung der Jahresemissionsmenge festgestellt wurde. Vielmehr gibt es für den Zeitraum der Jahre 2021 bis 2030 eine sektorübergreifende und mehrjährige Gesamtbetrachtung.
Zudem wird die Pflicht zur Nachsteuerung nur bei der Feststellung einer Überschreitung der Gesamtemissionen in zwei aufeinander folgenden Jahren ausgelöst. Maßgeblich für das Vorliegen einer Überschreitung ist die Feststellung des Expertenrats für Klimafragen. Als Auslösetatbestand kommt es auf die jeweils vorliegenden aktuellen Projektionsdaten nach § 5a KSG n.F. nach Feststellung des Expertenrats nach § 12 Abs. 1 KSG n.F. an. § 8 KSG a.F. sah keine Ausnahmen von der Pflicht zur Nachsteuerung vor. § 8 Abs. 1 Satz 2 KSG n.F.
regelt nun erstmals eine Ausnahme für den Fall, dass die Bundesregierung in dem vorangehenden oder in demselben Jahr, in dem die wiederholte Überschreitung festgestellt wurde, bereits einen die Anforderungen nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KSG n.F. erfüllenden Beschluss gefasst hat.
Bei Überschreitungen nach § 8 Abs. 1 KSG n.F. sollen nach § 8 Abs. 2 KSG n.F. alle zuständigen Bundesministerien und insbesondere jene, in deren Zuständigkeit die Sektoren liegen, die zur Überschreitung beitragen, Vorschläge für weitere Maßnahmen vorlegen. Die Bundesregierung soll schnellstmöglich, jedenfalls aber innerhalb desselben Jahres, auf festgestellte Überschreitungen reagieren und die notwendigen Gegenmaßnahmen beschließen.
7. Klimaschutzprogramme: § 9 Abs. 1 KSG n.F.
Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 KSG n.F. sollen Klimaschutzprogramme regelmäßig zu Beginn einer Legislaturperiode erarbeitet und beschlossen werden. Dies gewährleistet, dass sich jede neue Regierung frühzeitig mit der Fortschreibung von Klimaschutzprogrammen befasst und die politische Verantwortung dafür übernimmt.
Der frühzeitige Beschluss eines Klimaschutzprogramms dient auch dazu, dass die beschlossenen Maßnahmen noch in den darauffolgenden Projektionen berücksichtigt werden können. Die bisherige Verpflichtung, mindestens nach jeder Fortschreibung des Klimaschutzplans ein Klimaschutzprogramm zu beschließen, entfällt und wird in einen Prüfauftrag umgewandelt (§ 9 Abs. 1 Satz 1 HS 2 KSG n.F.).
8. Aufgaben des Expertenrats für Klimafragen: § 12 KSG n.F.
§ 12 KSG n.F. passt die Aufgaben des Expertenrats für Klimafragen an die §§ 5a; 8 KSG n.F. an. Es wird ihm außerdem die Möglichkeit eingeräumt, aus eigener Initiative tätig zu werden.
Beitrag entnommen aus Die Fundstelle Bayern 20/2024, Rn. 230.