Der bayerische Gesetzgeber hat mit Art. 19a KAG, eingefügt durch Art. 8a Nr. 2 Haushaltsgesetz 2019/2020 (vom 24.5.2019, GVBl S. 266; FStBay Randnummer 203/2019 Ziff. 2), einen mit 50 Mio. € ausgestatteten Härtefallfonds geschaffen, um besondere Härten durch Straßenausbaubeiträge (einschließlich Vorauszahlungen, Ablöse) anteilig auszugleichen, die nach den Bestimmungen des Kommunalabgabengesetzes für den Zeitraum vom 1.1.2014 bis zum 31.12.2017 erhoben worden waren. Die Regelung dient dazu, alte Beitragsbelastungen, die nach der Abschaffung der Straßenausbaubeiträge zum 1.1.2018 aufgrund der Stichtagsregelung des Art. 19 Abs. 7 KAG fortbestehen, unter bestimmten Voraussetzungen durch freiwillige staatliche Leistungen nachträglich abzumildern. Nach Art. 19a Abs. 9 Satz 3 KAG kann der Härteausgleich maximal in Höhe der geleisteten Beiträge abzüglich einer Eigenbelastung in Höhe von 2.000 € erfolgen. Damit befasst sich der unten vermerkte Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH) vom 5.11.2024.
Im zugrunde liegenden Fall war der Kläger im Jahr 2014 als Eigentümer eines Eckgrundstücks für den Ausbau von zwei Straßen jeweils zu einer Vorauszahlung auf den Straßenausbaubeitrag in Höhe von 2.857,84 € (Straße A.) und 1.697,43 € (Ortsdurchfahrt B.) herangezogen worden. Die Härtefallkommission gewährte dem Kläger mit Bescheid vom 21.3.2022 hinsichtlich des Vorauszahlungsbescheids für die Straße A. unter Abzug einer Eigenbelastung in Höhe von 2.000 € nach Art. 19a Abs. 9 Satz 3 KAG einen Härteausgleich in Höhe von 486,50 €.
Für die Ortsdurchfahrt B. lehnte sie die Gewährung eines Härteausgleichs hingegen mit der Begründung ab, es seien keine Vorauszahlungen in Höhe von mindestens 2.000 € festgesetzt worden und daher die Voraussetzung des Art. 19a Abs. 7 Satz 4 Nr. 1 KAG nicht erfüllt.
Der Kläger wandte dagegen ein, bei dem Härteausgleich müsse auf die Gesamtbelastung seines Grundstücks abgestellt und die gesetzliche Eigenbelastung von 2.000 € dementsprechend nur einmal angesetzt werden. Klage vor dem Verwaltungsgericht (VG) und Antrag auf Zulassung der Berufung blieben ohne Erfolg.
Dem Beschluss des VGH entnehmen wir:
„Der Senat ist mit dem VG der Auffassung, dass die nach Art. 19a Abs. 9 Satz 3 KAG auch bei Gewährung eines Härteausgleichs in jedem Fall beim Betroffenen verbleibende ,Eigenbelastung in Höhe von 2.000 €‘ – wie der Härteausgleich insgesamt – beitragsbezogen zu verstehen ist, also in Bezug auf jede einzelne nach alter Rechtslage (Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG in der bis 31.12.2017 geltenden Fassung) zu Straßenausbaubeitragszahlungen (Vorauszahlungen oder Ablöse) für ein Grundstück führende Straßenbaumaßnahme. Er ist also weder personenbezogen noch entgegen der Ansicht des Klägers grundstücksbezogen in dem Sinn anzuwenden, dass in den Fällen, in denen der Betroffene Eigentümer mehrerer beitragspflichtiger Grundstücke ist oder ein einziges Grundstück wegen verschiedener Straßenbaumaßnahmen mehrfach beitragspflichtig wurde, die Belastungen aufaddiert und lediglich eine (einzige) Eigenbelastung in Höhe von 2.000 € abzuziehen wäre.
Die beitragsbezogene Betrachtung ergibt sich unmittelbar und abschließend aus dem Gesetz, ohne dass der Härtefallkommission insoweit ein gerichtlich nicht kontrollierbarer Beurteilungsspielraum zustünde. Die Einwände des Klägers begründen keine Zweifel, denen in einem Berufungsverfahren weiter nachzugehen wäre …
Nach Art. 19a Abs. 9 Satz 3 KAG kann der Härteausgleich ,maximal in Höhe der geleisteten Beiträge abzüglich einer Eigenbelastung in Höhe von 2.000 € erfolgen.‘ Diese Bestimmung korrespondiert mit Art. 19a Abs. 7 Satz 4 Nr. 1 KAG, wonach antragsbefugt nur ist, gegen wen durch Bescheid, Vergleich oder Vereinbarung im Zeitraum vom 1.1.2014 bis zum Ablauf des 31.12.2017 Straßenausbaubeiträge, entsprechende Vorauszahlungen oder eine entsprechende Ablöse in Höhe von mindestens 2.000 € festgesetzt wurden, soweit die Beiträge nicht erlassen oder anderweitig erstattet worden sind.
Entgegen der Ansicht des Klägers spricht der Gesetzeswortlaut keineswegs zwingend für eine grundstücksbezogene Aufaddierung mehrerer Belastungen bei gleichbleibender Eigenbelastung von 2.000 €, weil von Beiträgen in der Mehrzahl, aber nur von Eigenbelastung in der Einzahl die Rede wäre. Das Gesetz verwendet – als abstrakte Regelung für eine Vielzahl von Einzelfällen – beide Formen synonym. Während etwa Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG bestimmt, unter welchen Voraussetzungen Gemeinden ,Beiträge‘ erheben können, stellt Art. 5 Abs. 8 KAG klar, dass ,ein Beitrag‘ auch für öffentliche Einrichtungen erhoben werden kann, die vor Inkrafttreten der Abgabensatzung hergestellt, angeschafft, verbessert oder erneuert wurden. Entsprechendes gilt auch mit Blick auf Art. 19a KAG: Wenn nach dessen Absatz 7 Satz 4 Nr. 1 antragsbefugt nur ,ist‘ (Einzahl), ,gegen wen…durch Bescheid…Straßenausbaubeiträge…in Höhe von mindestens 2.000 € festgesetzt wurden‘, so soll das keineswegs Betroffene vom Härteausgleich ausschließen, die nur zu einem einzigen Straßenausbaubeitrag herangezogen worden waren. Dass der Härteausgleich unabhängig von diesen uneinheitlichen Formulierungen auf den einzelnen Beitrag für eine konkrete, nach altem Recht beitragspflichtige Maßnahme ausgerichtet sein soll, kommt etwa in Art. 19a Abs. 7 Satz 7 KAG zum Ausdruck, der von einer ,Zahlungspflicht in Bezug auf eine Straßenbaumaßnahme‘ spricht.
Allein diese Sichtweise entspricht dem Sinn und Zweck des Gesetzes, wie das VG im Einzelnen und unter Berücksichtigung der beitragsrechtlichen Behandlung mehrfach ,erschlossener‘ (bevorteilter) Eckgrundstücke dargelegt hat, ohne dass dem der Zulassungsantrag etwas Stichhaltiges entgegensetzt. Dafür streitet insbesondere auch der das Beitragsrecht prägende Gedanke des Sondervorteils, der nach alter Rechtslage die Auferlegung eines Straßenausbaubeitrags gerecht fertigt hat (dazu etwa BayVGH, B.v. 19.3.2020 – 6 ZB 19.2057 – juris Rn. 7 ff.) und bei dem Härteausgleich spiegelbildlich insofern zu berücksichtigen ist, als die frühere finanzielle Belastung als solche wegen des verbleibenden Sondervorteils noch keine auszugleichende besondere Härte darstellt (vgl. LT-Drs. 18/1552 S. 3 f.). Da der beitragsrelevante Sondervorteil aber aus einer konkreten Ausbaumaßnahme für eine einzelne Ortsstraße resultierte, muss auch der Härteausgleich auf diese bezogen werden.“
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 5.11.2024 – 6 ZB 24.1419
Beitrag entnommen aus Gemeindekasse Bayern 6/2025, Rn. 49.