Art. 33 Abs. 2 GG; Art. 12 Abs. 2 KWBG; Art. 6, 38, 39 LlbG
Berufsmäßiger Stadtrat; Wahl; Verfahren; sonstiger Qualifikationserwerb; dienstliches Bedürfnis; Vorstellungsgespräch; Vorauswahl; Fraktionen
Nichtamtliche Leitsätze
1. Art. 33 Abs. 2 GG gilt mit Modifikationen auch für die Besetzung der Stellen kommunaler Wahlbeamter, welche nicht unmittelbar von einem Wahlvolk in demokratischen Wahlen gewählt werden.
2. (Nur) die eigentliche Wahl des berufsmäßigen Stadtrats durch den Rat ist einer am Prinzip der Bestenauslese zu messenden inhaltlichen gerichtlichen Kontrolle entzogen. Insbesondere ist gerichtlich nicht zu überprüfen, ob unter mehreren Kandidaten der im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG am besten Geeignete ausgewählt worden ist, weil dies mit dem Wesen der Wahl als einer freien, nur den Bindungen des Gesetzes und des Gewissens unterworfenen Entscheidung und dem sich daraus ergebenden legitimatorischen Mehrwert nicht zu vereinbaren wäre.
3. Zur Durchsetzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des unterlegenen Bewerbers hat ein Gericht die Auswahlentscheidung aber daraufhin zu überprüfen, ob die anzuwendenden Rechtsbegriffe verkannt, ob von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen, ob allgemeingültige Wertmaßstäbe außer Acht gelassen, ob sachwidrige Erwägungen angestellt und ob die Verfahrensvorschriften beachtet worden sind.
4. Dem Gewährleistungsgehalt des Art. 33 Abs. 2 GG ist in solchen Fällen dadurch Rechnung zu tragen, dass das zur Wahl führende Verfahren in einer dem Grundsatz der Bestenauslese genügenden Weise ausgestaltet und die Wahl eignungs- und leistungsorientiert „eingehegt” wird. Dies setzt voraus, dass sich der Stadtrat in geeigneter Weise, etwa anhand der relevanten Bewerbungsunterlagen, einen Eindruck von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung der Kandidaten verschaffen kann und er bei seiner Entscheidung von einem richtigen und vollständigen Sachverhalt ausgeht. Dies unterliegt der auch bei sonstigen beamtenrechtlichen Auswahlverfahren gebotenen gerichtlichen Kontrolle.
5. Gerichtlich zu überprüfen ist ferner, ob der Gewählte die gesetzlichen Voraussetzungen für das Wahlamt sowie die gegebenenfalls aufgestellten konstitutiven Anforderungsmerkmale erfüllt und ob Anhaltspunkte für willkürliche Erwägungen vorliegen.
Zum Sachverhalt
Die Antragsgegnerin schrieb die Stelle eines Leiters/einer Leiterin des Kulturreferats (Besoldungsgruppe B 6) zur Besetzung ab 1. Juli 2025 aus. Auf diese Stelle bewarben sich unter anderem der Antragsteller und der Beigeladene.
Der Antragsteller ist seit Mai 2014 Leiter des Kulturreferats der Stadt K. Er ist als Angestellter in die Entgeltgruppe E 14 eingruppiert.
Der Beigeladene ist bei der Antragsgegnerin tätig. Er verfügt über einen Abschluss als Magister Artium in Philosophie, Politischer Wissenschaft und Neuerer Deutscher Literatur und hat einen Doktorgrad der Philosophie. Er ist als Angestellter in die Entgeltgruppe E 15 eingereiht. Er ist seit 2008 Mitglied des Stadtrats der Antragsgegnerin.
Von den eingegangenen 35 Bewerbungen wurden durch die Personalverwaltung 20 dahin bewertet, dass diese Kandidatinnen und Kandidaten die Voraussetzungen zur Wählbarkeit beziehungsweise die fachlichen Voraussetzungen nach dem Gesetz über kommunale Wahlbeamte und Wahlbeamtinnen (Kommunal-Wahlbeamten-Gesetz/KWBG) nicht erfüllten. Von den verbliebenen 15 Bewerberinnen und Bewerbern verfügten drei über die Qualifikation nach Art. 6 des Gesetzes über die Leistungslaufbahn und die Fachlaufbahnen der bayerischen Beamten und Beamtinnen – Leistungslaufbahngesetz/LlbG, weshalb sie die Wählbarkeitsvoraussetzung nach Art. 12 Abs. 2 Nr. 1 KWBG erfüllten. Weitere fünf Kandidatinnen und Kandidaten – darunter der Antragsteller – erfüllten die Wählbarkeitsvoraussetzung nach Art. 12 Abs. 2 Nr. 2 KWBG, da diese mindestens drei Jahre dem künftigen Aufgabengebiet entsprechend in verantwortlicher Stellung tätig gewesen waren.
Bei weiteren sieben Bewerberinnen und Bewerbern – darunter der Beigeladene – hat der Stadtrat der Antragsgegnerin am 2. Oktober 2024 beschlossen, dass diese Personen die Qualifikation für den Einstieg in die 4. Qualifikationsebene, Fachlaufbahn Bildung und Wissenschaft besitzen. Das erforderliche dienstliche Interesse sei dadurch gegeben, dass durch Zulassung der Bewerberinnen und Bewerber mit sonstigem Qualifikationserwerb die Anzahl der berufungsfähigen Kandidaten und Kandidatinnen von acht auf fünfzehn erweitert werde.
In der Vollversammlung des Stadtrats der Antragsgegnerin am 23. Oktober 2024 wurde der Beigeladene im zweiten Wahlgang (Stichwahl) mit einer Stimme Mehrheit gewählt.
Am 12. November 2024 hat der Antragsteller einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Der Antrag hatte Erfolg.
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