Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) befasste sich in seinem unten vermerkten, in einem personalvertretungsrechtlichen Beschwerdeverfahren ergangenen Beschluss vom 10.6.2024 mit der Frage, wie bei Kommunen mit mehreren Personalvertretungsebenen abzugrenzen ist, ob dem örtlichen Personalrat oder dem Gesamtpersonalrat ein Beteiligungsrecht nach dem Bayerischen Personalvertretungsgesetz (BayPVG) zukommt, was wiederum vorentscheidend ist für die Berechtigung, ein solches Beteiligungsrecht gerichtlich geltend zu machen.
In dem personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren verlangte der örtliche Personalrat eines Theaters einer kreisfreien Stadt, das als Eigenbetrieb organisiert war und eine verselbstständigte Dienststelle (Art. 6 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 BayPVG) darstellte, vom Oberbürgermeister als Dienststellenleitung (Art. 7 Abs. 1 Satz 1 BayPVG), ihm ein Stellenbewertungsgutachten, das die Eingruppierung „handwerklich“ tätiger Theaterbeschäftigter betraf, in seiner Gänze zur Verfügung zu stellen im Hinblick auf die Mitbestimmungstatbestände gemäß Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a und Nr. 4 BayPVG. Die für den Theater-Eigenbetrieb geltende Betriebssatzung sah eine Werkleitung (Art. 88 Abs. 2 und Abs. 3 GO) sowie einen Werkausschuss (Art. 88 Abs. 2 und Abs. 4 GO) als beschließenden Ausschuss (Art. 88 Abs. 4 Satz 2 GO) vor, wobei der Oberbürgermeister auch Vorsitzender des Werkausschusses war. Der Werkleitung war in der Betriebssatzung die Eingruppierung nur für das „künstlerische“ Personal, nicht aber auch für andere Beschäftigte übertragen. In der Vergangenheit war der örtliche Personalrat bei Eingruppierungen regelmäßig von der Stadtverwaltung eingebunden worden.
Erstinstanzlich hat das Verwaltungsgericht dem Antrag des örtlichen Personalrats stattgegeben und den Oberbürgermeister als Dienststellenleitung verpflichtet, dem örtlichen Personalrat das Stellenbewertungsgutachten zur Verfügung zu stellen, weil zwischen der begehrten Information und der vom Personalrat konkret zu erfüllenden Aufgabe ein untrennbarer innerer Bezug gegeben sei.
Der dagegen von der Dienststellenleitung eingelegten Beschwerde hat der VGH wegen Unzuständigkeit des örtlichen Personalrats stattgegeben und den Antrag des örtlichen Personalrats (mangels Antragsbefugnis) unter Aufhebung des erstinstanzlichen Beschlusses abgelehnt, weil personalvertretungsrechtlich nicht der örtliche Personalrat, sondern der Gesamtpersonalrat dem Oberbürgermeister zugeordnet ist und in dieser kreisfreien Stadt für die Eingruppierung der Oberbürgermeister zuständig war.
Der Beschwerdeentscheidung des VGH sind unter anderem folgende, über den Fall hinaus verallgemeinerungsfähige, Aussagen zu entnehmen:
1. Zuständigkeit des Gesamtpersonalrats, auch wenn eine Maßnahme ausschließlich die Beschäftigten eines Eigenbetriebs betrifft, bei dem ein örtlicher Personalrat besteht
„Dem örtlichen Personalrat fehlt die Antragsbefugnis, weil nach bayerischem Personalvertretungsrecht der Gesamtpersonalrat der alleinige personalvertretungsrechtliche Ansprechpartner für Maßnahmen des Oberbürgermeisters ist (sog. Partnerschaftsgrundsatz …), wobei vorliegend im Bereich der Eingruppierung gerade keine Zuständigkeit der Werkleitung besteht … und der Oberbürgermeister in allen denkbaren Varianten alleiniger Ansprechpartner der Personalvertretung ist … Nach Art. 80 Abs. 3 Satz 1 (i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Art. 55 Satz 2, Art. 6 Abs. 5 Satz 2) BayPVG hängt die Abgrenzung der Zuständigkeiten von örtlichem Personalrat eines verselbstständigten Dienststellenteils einerseits und Gesamtpersonalrat andererseits davon ab, welche Dienststelle zur jeweiligen Maßnahme ,befugt‘ ist … Dieses normative Abgrenzungskriterium hat der bayerische Gesetzgeber sowohl in Absatz 2 als auch Absatz 1 des Art. 80 BayPVG verwendet. Abweichungen von diesem Zuständigkeitskriterium sind nur möglich, soweit das Gesetz selbst dies vorsieht (vgl. auch BVerwG, B.v. 13.9.2010 – 6 P 14.09 – PersV 2011, 103 Rn. 18).
Gemäß dem Art. 80 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BayPVG zugrundeliegenden sog. Partnerschaftsgrundsatz ist der Gesamtpersonalrat als Ansprechpartner der Leitung einer Gesamtdienststelle stets zur Beteiligung berufen, wenn es um Maßnahmen geht, für die die Gesamtdienststellenleitung (vorliegend der Oberbürgermeister) zuständig ist, und ist in solchen Fällen die Beteiligung des örtlichen Personalrats eines kommunalen Eigenbetriebs (hier des städtischen Theaters) auch dann ausgeschlossen, wenn die Maßnahme ausschließlich den Eigenbetrieb bzw. allein dessen Beschäftigte betrifft (vgl. BVerwG, B.v. 13.9.2010 – 6 P 14.09 – PersV 2011, 103 Rn. 16 ff. m.w.N.). In solchen Fällen hat der örtliche Personalrat des Eigenbetriebs auch keinen Informationsanspruch, weil solche Ansprüche nur streng aufgabenbezogen bestehen (vgl. BVerwG, B.v. 13.9.2010 a.a.O. Rn. 15). Ist gemäß Art. 80 Abs. 3 Satz 1 BayPVG der Gesamtpersonalrat zur Beteiligung berufen, ist der örtliche Personalrat nach Art. 80 Abs. 2 Satz 2 (i.V.m. Abs. 3 Satz 1) BayPVG nicht von der Dienststellenleitung, sondern lediglich innerhalb der Personalvertretungen vom Gesamtpersonalrat einzubinden, indem dieser dem örtlichen Personalrat Gelegenheit zur Äußerung gibt. Angesichts dieser im Verhältnis zwischen Personalvertretung und Dienststellenleitung bestehenden ausschließlichen Partnerschaft von personalvertretungsrechtlich jeweils verantwortlichem Dienststellenleiter und jeweils zugehöriger Personalvertretung (vgl. BVerwG, B.v. 1.4.1986 – 6 P 7.82 – Buchholz 238.3 A § 82 BPersVG Nr. 12) sind Anträge eines insoweit unzuständigen Personalvertretungsgremiums im gerichtlichen Beschlussverfahren mangels Antragsbefugnis unzulässig (BVerwG, B.v. 1.4.1986 a.a.O.).“
2. Fehlende Relevanz früher erfolgter Einbindungen einer (unzuständigen) Personalvertretung im Rahmen einer Verwaltungspraxis
„Es kommt … auf die nach den jeweils einschlägigen gesetzlichen und ortsrechtlichen Vorschriften bestehenden Zuständigkeiten der jeweiligen Dienststellenleitung an, die es deshalb in jedem einzelnen Fall zu bestimmen gilt. Denn für die Verselbständigung eines Dienststellenteils ist es nicht erforderlich, dass alle bzw. wesentliche Entscheidungskompetenzen auf diese übertragen werden …, sodass es auf die konkrete Zuständigkeitsverteilung zwischen der Leitung der Gesamtdienststelle und der Leitung des verselbständigten Dienststellenteils ankommt …
Dass der örtliche Personalrat in der bisherigen Verwaltungspraxis der Stadt bei Ein- bzw. Höhergruppierungen, wie sie hier inmitten stehen, faktisch eingebunden worden ist, ist nicht geeignet, an der dargestellten Zuständigkeitsordnung … etwas zu ändern. Dem stünde die gesetzliche Bestimmung des normativen Befugniskriteriums in Art. 80 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BayPVG … und damit der Vorrang des Gesetzes (Art. 20 Abs. 3 GG) entgegen.“
3. Oberbürgermeister als „Leiter der Gemeindeverwaltung“ ist auch bei einer Zuständigkeit des Werkausschusses (als eines beschließenden Ausschusses) alleiniger Partner der Personalvertretung
„Mangels Zuständigkeit der Werkleitung des Theaters ist der Oberbürgermeister in allen denkbaren Varianten – sei es nach der allgemeinen kommunalrechtlichen Zuständigkeitsverteilung (Art. 37, 43 GO), sei es im Fall einer Zuständigkeit des Werkausschusses als eines beschließenden Ausschusses … – der zuständige Ansprechpartner der Personalvertretung im Rahmen der hier im Raum stehenden Mitbestimmungstatbestände (Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a und Nr. 4 BayPVG), sodass als Personalvertretungsgremium nicht der örtliche Personalrat des Theaters, sondern der Gesamtpersonalrat zuständig und antragsbefugt ist. Dabei ist zu sehen, dass nicht etwa der Stadtrat oder der Werkausschuss als beschließender Ausschuss (Art. 88 Abs. 4 Satz 2 GO) ,Dienststelle‘ i.S.v. Art. 2 Abs. 1, Art. 6 BayPVG sein können, sodass alleiniger Partner der Personalvertretung der Oberbürgermeister als Leiter der Gemeindeverwaltung ist (vgl. BVerwG, B.v. 14.1.1983 – 6 P 93.78 – BVerwGE 66, 347/348 f.). Dies wird bestätigt durch Art. 70 Abs. 1 Satz 4 und 5 BayPVG (siehe dazu Resch in Ballerstedt/Schleicher/ Faber/Hebeler/Resch, BayPVG, Art. 70 Rn. 141 ff.). Wenn nämlich gemäß Art. 70 Abs. 1 Satz 4 BayPVG die Mitbestimmung der Personalvertretung ,vor‘ der Entscheidung des jeweils zuständigen Gremiums (Stadtrat oder Werkausschuss) und gemäß Art. 70 Abs. 1 Satz 5 BayPVG nach der Personalratsentscheidung nur noch deren Kenntnisgabe an das zuständige Gremium erfolgen soll, so setzt dies in der Zeit ,vor‘ dem Stadtrats- oder Ausschussbeschluss ein Tätigwerden der Gemeindeverwaltung voraus, deren Dienststellenleiter wiederum der Oberbürgermeister ist, sodass in beiden Varianten dieser der Ansprechpartner der Personalvertretung ist. Dies führt zur Zuständigkeit des Gesamtpersonalrats als desjenigen Personalvertretungsgremiums, das auf der Ebene der Leitung der Gemeindeverwaltung gemäß Art. 80 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BayPVG dieser zuständigerweise als Partner gegenübersteht. Letzteres kommt auch dem Ziel vertrauensvoller Zusammenarbeit (Art. 2 Abs. 1 BayPVG) entgegen – denn es trägt zur vertrauensvollen Zusammenarbeit bei, wenn dem Oberbürgermeister regelmäßig dieselbe Personalvertretung, nämlich der Gesamtpersonalrat, partnerschaftlich gegenübersteht.“
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 10.6.2024 – 17 P 23.2140
Beitrag entnommen aus Die Fundstelle Bayern 9/2025, Rn. 92.