Am 1.1.2025 sind das unten vermerkte Erste und das ebenfalls unten vermerkte Zweite Modernisierungsgesetz Bayern vom 23.12.2024 im Wesentlichen in Kraft getreten. Sie enthalten neben Änderungen im Dienstrecht, auch die nachstehend dargestellten Änderungen der Bayerischen Bauordnung (BayBO).
1. Gebäudeklasse, Art. 2 Abs. 3 BayBO
Die Änderung erfolgte in Art. 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 BayBO und betrifft damit die Gebäudeklasse 4. Sie wurde auf Gebäude mit größeren Nutzungseinheiten erweitert, wenn diese in feuerwiderstandsfähig abgetrennte Bereiche von nicht mehr als 400 m² unterteilt sind. Grundgedanke der Gebäudeklasse 4 ist, dass für Gebäude mit feuerwiderstandsfähig abgetrennten „Zellen“, die auf eine von der Feuerwehr beherrschbare Größe begrenzt sind, eine verminderte Feuerwiderstandsanforderung an das Tragwerk vertretbar ist („hochfeuerhemmend“ anstatt „feuerbeständig“ wie in der Gebäudeklasse 5). Diese sog. Zellen müssen nicht zwingend betrieblich selbstständige Nutzungseinheiten sein. Das folgt aus Art. 31 Abs. 1 Satz 1 BayBO. Eine brandschutztechnisch wirksame Zellenstruktur kann auch in größeren Nutzungseinheiten geschaffen werden. Die Neuregelung folgt Art. 34 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Halbs. 2 BayBO, welcher unter identischen Voraussetzungen einen Verzicht auf die Ausbildung notwendiger Flure ermöglicht.
2. Sonderbauten, Art. 2 Abs. 4 BayBO
Art. 2 Abs. 4 BayBO legt in einer abschließenden Aufzählung fest, welche baulichen Anlagen Sonderbauten sind. Die vorgenommenen Änderungen verschieben Schwellenwerte, ab deren Überschreitung die Sonderbaueigenschaft gegeben ist. Die Grenzwerte wurden dort nach oben verschoben, wo es sinnvoll und aus Sicherheitsgründen vertretbar erschien. Im Detail geht es um folgende Sonderbauten:
Verkaufsstätten, Art. 2 Abs. 4 Nr. 4 BayBO
Nach alter Rechtslage waren alle Verkaufsstätten ab 800 m² maßgeblicher Fläche Sonderbauten. Für erdgeschossige Verkaufsstätten wurde dieser Wert auf 2000 m² angehoben. Damit wurde der Einstiegswert in den Sonderbau dem Einstiegswert für die Anwendung der Verkaufsstättenverordnung (BayVkV) angeglichen.
Aufgrund der Nutzerzahl und der deshalb schwierigen Anordnung von Flucht- und Rettungswegen sind mehrgeschossige Verkaufsstätten potentiell gefährlicher als erdgeschossige. Deshalb gilt für sie unverändert die niedrigere Schwelle von 800 m². Konsequenz der Änderung ist u.a., dass typisierte Verkaufsmärkte bis zur bauplanungsrechtlichen Grenze der Großflächigkeit keine Sonderbauten sind.
Gaststätten Beherbergungsstätten, Spielhallen, Art. 2 Abs. 4 Nr. 8 bis 10 BayBO
Der bisherige Art. 2 Abs. 4 Nr. 8 BayBO hat die Sonderbaueigenschaft von Gaststätten, Beherbergungsstätten und Spielhallen gemeinsam geregelt. Die Änderung regelt diese sachlich nicht miteinander zusammenhängenden Nutzungen nunmehr in jeweils eigenständigen Ziffern. Für Gaststätten gilt nach der neugefassten Nummer 8 die Sonderbaueigenschaft ab mehr als 60 Gastplätzen in Gebäuden, soweit die Gastplätze nicht ausschließlich erdgeschossig untergebracht sind (Nr. 8 Buchst. a), ab mehr als 100 Gastplätzen in Gebäuden, soweit sie erdgeschossig sind (Nr. 8 Buchst. b) und ab mehr als 1000 Gastplätzen im Freien (Nr. 8 Buchst. c). Bei Gaststätten in dieser Größenordnung ist eine Prüfung, ob gegen eine Personenrettung über Geräte der Feuerwehr Bedenken bestehen (Art. 31 Abs. 3 Satz 2 BayBO), nicht erforderlich.
Die neue Nummer 9 regelt nun die Beherbergungsstätten. Die Sonderbaugrenze wird auf mehr als 30 Betten – bisher mehr als 12 Betten – festgelegt. Damit sind die Einstiegsschwelle in § 1 Abs. 1 Beherbergungsstättenverordnung (BStättV) und der Schwellenwert für den Sonderbau identisch. Einhergehend mit der Anhebung der Sonderbauschwelle wurde die gesetzliche Rauchwarnmelderpflicht im neuen Art. 45 Abs. 4 BayBO ausgeweitet. Dort werden Rauchwarnmelder für Beherbergungsstätten, die keine Sonderbauten sind, vorgeschrieben. Inhaltlich unverändert, aber nunmehr in der neuen Nummer 10 geregelt, bleibt der Schwellenwert für Spielhallen bei 150 m².
Campingplätze, bisheriger Art. 2 Abs. 4 Nr. 15 BayBO
Campingplätze bedürfen im Regelfall keiner bauordnungsrechtlichen Einzelfallbehandlung. Gassen und Wege zur Brandbekämpfung werden üblicherweise in den zugrundeliegenden Bebauungsplänen, an deren Aufstellung beziehungsweise Änderung auch die Feuerwehren beteiligt sind, festgelegt. Deshalb wurde die Sonderbaueigenschaft von Campingplätzen im bisherigen Art. 2 Abs. 4 Nr. 15 BayBO gestrichen. Soweit auf einem Campingplatz bauliche Anlagen errichtet werden, die ihrerseits Sonderbauten sind, müssen diese selbstverständlich auch weiterhin als Sonderbauten behandelt werden.
3. Abstandsflächenrecht, Art. 6 BayBO
Das Zweite Modernisierungsgesetz ändert das Abstandsflächenrecht geringfügig:
Eine Änderung erfolgte in Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayBO, der regelt, dass die für die Außenwände von Gebäuden geltende Abstandsflächenpflicht auch für andere Anlagen gilt, von denen Wirkungen wie von einem Gebäude ausgehen, sog. Anlagen mit gebäudegleicher Wirkung. Der neue Art. 6 Abs. 1 Satz 3 zählt Regelbeispiele von Anlagen auf, die nach dem Willen des Gesetzgebers keine gebäudegleiche Wirkung haben. Die Aufzählung ist nicht abschließend. Genannt werden: Antennen und Antennen tragende Masten für den Mobilfunk und den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben, sofern sie im Außenbereich liegen (Nr. 1); Windenergieanlagen im Außenbereich (Nr. 2); ebenerdige Terrassen (Nr. 3) und Wärmepumpen und zugehörige Einhausungen mit einer Höhe bis zu 2 m über der Geländeoberfläche (Nr. 4).
Die Festlegung im neuen Art. 6 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 BayBO, dass Windenergieanlagen im Außenbereich keine Anlagen mit gebäudegleicher Wirkung sind, hat ihren Grund darin, dass sie bereits nach immissionsschutzrechtlichen Vorgaben beziehungsweise dem bauplanungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme im Vergleich zu den Abstandsflächen nach Art. 6 BayBO erheblich größere Abstände einhalten müssen. Abgesehen davon ist im unbebauten Außenbereich ohnehin bereits fraglich, ob der Schutzzweck von Art. 6 BayBO durch eine Windenergieanlage überhaupt betroffen sein kann. Die Neuregelung hat daher nur zur Folge, dass die bisher in Einzelfällen erforderlichen Abstandsflächenübernahmen oder Abweichungsentscheidungen nunmehr nicht mehr notwendig sind.
Die Aufzählung von Wärmepumpen in Art. 6 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 hat lediglich klarstellende Funktion. Sie beschreibt die Rechtslage, die bereits bis zum Inkrafttreten der Regelung gegolten hat: Wärmepumpen sind weder Gebäude noch Anlagen mit gebäudegleicher Wirkung, weil es dazu im Regelfall an der notwendigen Größe fehlt.
Eine weitere Änderung erfolgte in der abstandsflächenrechtlichen Sonderregelung für große Städte in Art. 6 Abs. 5a BayBO. Die größere Abstandsfläche von 1 H gilt nunmehr nur noch in Gebieten, in denen die nähere Umgebung überwiegend durch Gebäude der Gebäudeklassen 1, 2 oder 3 geprägt ist. Begründet wird dies damit, dass in den großen Ballungsräumen Bayerns der Bedarf an Wohnungsneubau besonders hoch ist. Mit der Neuregelung soll die größere Abstandsfläche von 1 H auf klassische Gartenstadtquartiere beschränkt werden.
4. Begrünung und Freiflächengestaltung, Art. 7 und 81 BayBO
Zur Begrünung und Freiflächengestaltung enthielt die BayBO bislang in Art. 7 Abs. 1 ein Gebot und in Art. 81 Abs. 1 Nr. 5 und 7 an die Gemeinden gerichtete Ermächtigungen zum Satzungserlass.
Das Erste Modernisierungsgesetz ändert zum 1.10.2025 die Ermächtigung zum Satzungserlass in Art. 81 Abs. 1 Nr. 5 BayBO und streicht die Ermächtigung in Art. 81 Abs. 1 Nr. 7 BayBO. Der neue Art. 81 Abs. 1 Nr. 5 BayBO folgt einem dringenden Wunsch der Gemeinden. Er sieht zwar nicht mehr die gewünschte Möglichkeit zu detaillierten Regelungen der Begrünung vor, ermöglicht aber ein „Verbot von Bodenversiegelung, nicht begrünten Steingärten sowie ähnlich eintönigen Flächennutzungen mit hoher thermischer oder hydrologischer Last oder erheblich unterdurchschnittlichem ökologischen oder wohnklimatischen Wert“. Die Gemeinden können nunmehr also nur noch negativ regeln, wie freie Flächen nicht gestaltet werden dürfen, aber, außerhalb von Bebauungsplänen, keine detaillierten Vorgaben mehr zu Gestaltung und Bepflanzung freier Flächen treffen. Auf den ersten Blick ist das vom bisher geltenden Recht nicht so weit entfernt. Der deutliche Unterschied besteht darin, dass der Begründungsaufwand für ein Verbot höher ist. Der Gesetzgeber stärkt das Eigentumsrecht des Bauherrn durch mehr Gestaltungsmöglichkeiten.
Flankiert wird die Neuregelung von einer im Wesentlichen feststellenden Übergangsregelung in Art. 83 Abs. 5 BayBO. Nach der Rechtsprechung gilt: Bestehende Satzungen treten dann außer Kraft, wenn der Gesetzgeber ihre Ermächtigungsgrundlage so verändert hat, dass damit ein Systemwechsel verbunden ist. Das ist hier der Fall. Damit die Gemeinden ausreichend Zeit für die Umstellung des gemeindlichen Rechts haben, ordnet das Gesetz eine Übergangsfrist von neun Monaten an.
Bereits zum 1.1.2025 wurde Art. 7 Abs. 1 BayBO um einen Satz 2 ergänzt. Er lautet: „Soweit die Flächen nach Satz 1 zulässigerweise anders verwendet werden, ist eine Bodenversiegelung zu vermeiden“. So wird eine Rechtsgrundlage geschaffen, die, neben der Möglichkeit der Regelung eines Verbots in einer entsprechenden gemeindlichen Satzung, ein bauaufsichtliches Einschreiten gegen unzulässige Bodenversiegelung ermöglicht.
Den vollständigen Beitrag lesen Sie in Die Fundstelle Bayern 12/2025, Rn. 130.