Rechtsprechung Bayern

Konkurrentenverdrängungsklage

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§§ 8, 10, 14 WHG; Art. 68 BayWG; Art. 74 BayVwVfG; Art. 12 der Richtlinie 2006/123/EG; Art. 8 der Richtlinie (EU) 2019/944; Art. 49, 54 AEUV; Art. 16, 20 GRC (Konkurrentenverdrängungsklage; Rechtsschutzbedürfnis; zivilrechtliches Hindernis; Zustellungsfiktion; wasserrechtliche Bewilligung; Konzession; transparentes und diskriminierungsfreies Auswahlverfahren; Klagebefugnis)

Amtlicher Leitsatz:

Die (Neu-)Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung an den bisherigen Betreiber und Eigentümer einer Wasserkraftanlage ohne vorherige Durchführung eines neutralen und transparenten Bewerberauswahlverfahrens verstößt nicht gegen Art. 12 der RL 2006/123/EG, Art. 8 der Richtlinie (EU) 2019/944, Art. 49 AEUV und Art. 16, 20 GRC.

BayVGH, Urteil vom 05.12.2024, 8 BV 22.1880
(rechtskräftig)

Zum Sachverhalt:

Die Klägerin begehrt, ihr anstelle der Beigeladenen die Gewässerbenutzungen zum Betrieb einer Wasserkraftanlage der Beigeladenen wasserrechtlich zu gestatten.

Die Beigeladene, ein Eigenbetrieb (GmbH) der Marktgemein-de O, betreibt seit dem Jahr 1992 im Stillachtal südlich von O die Wasserkraftanlage W. Die Anlage umfasst ein Oberbecken, die Fassungen S- und Sch-Bach, eine Druckleitung, ein Unterbecken und ein Krafthaus. Die Wasserkraftanlage liegt unter anderem auf Grundstücken der Beigeladenen (Flur-Nr. 1 Gemarkung O [Unterbecken und Krafthaus] und Flur-Nr. 2 [nördliches Oberbecken]).

Mit Bescheid vom 25. Mai 2020 stellte das Landratsamt O den Plan der Beigeladenen zur Sanierung und Erweiterung der Wasserkraftanlage fest und bewilligte die mit dem Betrieb verbundenen wasserrechtlichen Benutzungen. Eine Ausfertigung des Bescheids und die festgestellten Planunterlagen wurden – nach vorheriger Bekanntmachung des Landratsamtes im Amtsblatt des Landkreises O am 3. Juni 2020 – beim Markt O vom 15. bis 29. Juni 2020 ausgelegt.

Die Klägerin, ein multinationales Energieunternehmen mit Sitz in Italien, beantragte unter dem 19. Juni 2020 beim Landrats-amt O die Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung, hilfsweise einer gehobenen Erlaubnis für das Aufstauen des W-Bachs, des S-Bachs sowie des Sch-Bachs sowie das Aufstauen und Absenken im Ober- und Unterbecken der Wasserkraftanlage W sowie das Entnehmen und Ableiten von Wasser aus dem S-Bach und Sch-Bach zum Einleiten von Wasser in das Oberbecken der Anlage. Pläne mit Beilagen legte die Klägerin nicht vor; sie verwies stattdessen vollumfänglich auf die im Rahmen des Bewilligungsverfahrens der Beigeladenen ausgelegten Unterlagen.

Mit Bescheid vom 19. November 2020 lehnte das Landratsamt den Antrag der Klägerin mangels Sachbescheidungsinteresses ab. Eine wasserrechtliche Gestattung sei für sie nutzlos; da sie weder Eigentümerin noch zivilrechtlich Nutzungsberechtigte der Wasserkraftanlage sei, könne sie von einer Gestattung keinen Gebrauch machen.

Am 22. Dezember 2020 erhob die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht A und beantragte, den Beklagten zu verpflichten, den Bescheid vom 25. Mai 2020 zurückzunehmen, den Versagungsbescheid vom 19. November 2020 aufzuheben und über ihren Antrag auf Erteilung einer Bewilligung, hilfsweise einer gehobenen Erlaubnis, unter Berücksichtigung der Auffassung des Gerichts und der europarechtlichen Verfahrensanforderungen neu zu entscheiden.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 27. Juni 2022 abgewiesen. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin am 3. August 2022 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt.

Beitrag entnommen aus Bayerische Verwaltungsblätter 15/2025, S. 525.