Hierzu entnehmen wir dem unten vermerkten Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH) vom 15.4.2025 Folgendes:
1. Rechtsgrundlage für die beschränkte wasserrechtliche Erlaubnis
„Rechtsgrundlage für die beschränkte wasserrechtliche Erlaubnis ist §§ 8, 10 WHG i.V.m. Art. 15 BayWG. Nach § 8 Abs. 1 WHG bedarf die Benutzung eines Gewässers der Erlaubnis, soweit nicht durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes erlassener Vorschriften etwas anderes bestimmt ist. Sie kann gemäß Art. 15 Abs. 1 BayWG erteilt werden, wenn die Voraussetzungen für eine gehobene Erlaubnis nach § 15 WHG nicht vorliegen oder eine beschränkte Erlaubnis beantragt wird. Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 WHG ist die Erlaubnis zu versagen, wenn schädliche, auch durch Nebenbestimmungen nicht vermeidbare oder nicht ausgleichbare Gewässerveränderungen zu erwarten sind (Nr. 1) oder andere Anforderungen nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht erfüllt werden (Nr. 2). Im Übrigen steht die Erteilung der Erlaubnis im pflichtgemäßen Ermessen (Bewirtschaftungsermessen) der zuständigen Behörde (§ 12 Abs. 2 WHG).“
2. Sinn und Zweck des § 8 Abs. 1 WHG schließen es nicht aus, eine wasserrechtliche Erlaubnis im Einzelfall auch rückwirkend zu erteilen
„Die Regelungen der §§ 8, 10 WHG i.V.m. Art. 15 BayWG verhalten sich nicht ausdrücklich dazu, ob die rückwirkende Erteilung einer beschränkten wasserrechtlichen Erlaubnis zulässig ist. Sinn und Zweck des § 8 Abs. 1 WHG lassen die rückwirkende Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis aber zu.
§ 8 Abs. 1 WHG wurde mit der am 1.3.2010 in Kraft getretenen Neuregelung des Wasserrechts vom 31.7.2009 (BGBl I S. 1585) in das Wasserhaushaltsgesetz aufgenommen. Er normiert für die Benutzung von Gewässern ein grundsätzliches Verbot mit dem Vorbehalt der behördlichen Zulassung. Die Konzeption des § 8 Abs. 1 WHG beruht auf der Vorstellung, in dieser Vorschrift die generelle Zulassungsbedürftigkeit von Gewässerbenutzungen durch die Behörde zu regeln …§ 8 Abs. 1 WHG ist als ein sogenanntes repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt konzipiert … Dies ermöglicht eine präventive Kontrolle, bevor potenziell schädliche Nutzungen stattfinden …
Dennoch bedeutet die Einordnung als repressives Verbot mit Erlaubnis-/(Befreiungs) vorbehalt nicht, dass Erlaubnisse und Bewilligungen im Wasserrecht nur ausnahmsweise erteilt werden dürfen … Vielmehr müssen die Gewässer aus Gründen der Daseinsvorsorge und für menschliche Zwecke der verschiedensten Art in vielfältiger Weise in Anspruch genommen werden. Entscheidend für die rechtssystematische Einordnung als repressives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt und die daraus zu ziehenden Folgerungen ist, dass die Entscheidung über die Gewässerbenutzung immer in das Wohl der Allgemeinheit einzuordnen und der Ordnung des Wasserhaushalts im Sinn einer (nachhaltigen) Bewirtschaftung der Gewässer unterzuordnen ist (nunmehr insbesondere unter Beachtung der Vorschriften zu den Bewirtschaftungszielen – §§ 27, 30, 44, 47 WHG; …). Dies zeigt auch der Titel des Wasserhaushaltsgesetzes als ,Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts‘. Leitziel ist eine nachhaltige Gewässerbewirtschaftung im Sinne des Umweltschutzes. Eine Gewässerbenutzung soll also grundsätzlich erst dann rechtmäßiger Weise stattfinden können, wenn zuvor behördlicherseits geprüft wurde, ob sie mit den Zielen des Wasserhaushaltsgesetzes vereinbar ist (vgl. auch BayVGH, B.v. 15.2.2019 – 8 CS 18.2411 – NuR 2019, 787 = juris Rn. 13).
Andererseits bedeutet eine ohne die erforderliche Erlaubnis erfolgte Gewässerinanspruchnahme nicht zwingend, dass diese auch zu wasserwirtschaftlich schädlichen Auswirkungen führt. Ob eine illegale Gewässerinanspruchnahme in dem Sinne gegen das Wasserrecht verstößt, dass sie unter Verletzung materieller wasserwirtschaftlicher Grundsätze in der Tat zu einer Beeinträchtigung des Wassers führt und sich deshalb als nicht gestattungsfähig erweist, lässt sich nur nach einer jeweiligen materiellen Prüfung sagen. Hat eine solche Prüfung noch nicht stattgefunden, so bleibt nicht nur die Frage nach der Schädlichkeit der Gewässerinanspruchnahme, sondern ebenso auch die Möglichkeit ihrer Legalisierung offen … Sinn und Zweck des § 8 Abs. 1 WHG schließen es daher nicht aus, eine wasserrechtliche Erlaubnis im Einzelfall auch rückwirkend zu erteilen. Die erforderliche behördliche Kontrolle findet in diesem Fall nachträglich statt.
Für dieses Ergebnis spricht auch die vergleichbare Sachlage in Fällen, in denen eine befristete wasserrechtliche Erlaubnis nach Ablauf der Frist rückwirkend verlängert wird. Es ist anerkannt, dass eine nach § 13 Abs. 1 WHG i.V.m. Art. 36 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG befristete wasserrechtliche Erlaubnis nach Art. 31 Abs. 7 Satz 2 BayVwVfG auch rückwirkend verlängert werden kann, insbesondere wenn es unbillig wäre, die durch Fristablauf eingetretenen Rechtsfolgen bestehen zu lassen … Die Verlängerung einer alten wasserrechtlichen Erlaubnis stellt darüber hinaus rechtlich eine Neuerteilung dar, bei der die Wasserrechtsbehörde in keiner Weise an ihre frühere Entscheidung gebunden ist, sondern eine völlige Neubewertung vornehmen kann … Im Ergebnis rechtlich nichts anderes gilt für eine wasserrechtliche Erlaubnis, die rückwirkend zum Tag der Antragstellung erteilt wird.“
3. Die Regelungssystematik des WHG insgesamt steht der rückwirkenden Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis nicht entgegen
„Die nachträgliche Legalisierung einer ohne die erforderliche Erlaubnis ausgeführten Gewässerbenutzung ist dem Wasserhaushaltsgesetz nicht fremd. Zwar kann eine nicht erlaubte Gewässernutzung grundsätzlich allein wegen ihrer formellen Illegalität auf der Grundlage des § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG untersagt werden, da jede nicht gestattete, aber gestattungsbedürftige Einwirkung auf ein Gewässer deswegen rechtswidrig ist, weil auch materiell erst die Gestattung die Befugnis zur Benutzung oder zum Ausbau des Gewässers begründet … Denn bei einem so knappen Gut wie dem Wasser, das von lebenswichtiger Bedeutung ist, kann es nicht dem freien Belieben des Einzelnen überlassen bleiben, ein Gewässer einstweilen illegal weiterbenutzen zu können … Dies heißt aber nicht, dass sie dies auch tun muss, weil jede andere Entscheidung als das begehrte Einschreiten ermessensfehlerhaft wäre … Eine Pflicht zum Einschreiten ergibt sich nur dann, wenn eine Ermessensreduzierung auf ,null‘ anzunehmen ist … Aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz kann sich ebenso im Einzelfall ergeben, dass eine auf die bloße formelle Illegalität der Gewässerbenutzung gestützte Anordnung nur ausnahmsweise dann rechtmäßig ist, wenn eine Beeinträchtigung des Wasserhaushalts konkret zu erwarten ist und die Behörde zuvor die Möglichkeit einer Legalisierung der Gewässerbenutzung geprüft und verneint hat … Auch Art. 67 Abs. 1 BayWG, wonach eine Antragstellung durch die Behörde erzwungen werden kann, zeigt, dass eine ohne die erforderliche Erlaubnis erfolgte Gewässerbenutzung nachträglich legalisiert werden kann (zum früheren Art. 77 BayWG vgl. LT-Drs. 6/3389, S. 37).
Auch die Regelung des § 17 WHG steht einer rückwirkenden Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis nach § 8 Abs. 1 WHG nicht entgegen. Nach § 17 Abs. 1 WHG kann in einem Erlaubnisverfahren die zuständige Behörde auf Antrag zulassen, dass bereits vor der Erteilung der Erlaubnis mit der Gewässerbenutzung begonnen wird, wenn mit einer Entscheidung zugunsten des Benutzers gerechnet werden kann (§ 17 Abs. 1 Nr. 1 WHG), an dem vorzeitigen Beginn ein öffentliches Interesse oder ein berechtigtes Interesse des Benutzers besteht (§ 17 Abs. 1 Nr. 2 WHG) und der Benutzer sich verpflichtet, alle bis zur Entscheidung durch die Benutzung verursachten Schäden zu ersetzen und, falls die Benutzung nicht erlaubt oder bewilligt wird, den früheren Zustand wiederherzustellen (§ 17 Abs. 1 Nr. 3 WHG).
Die Regelung trägt einem praktischen Bedürfnis Rechnung. Wasserrechtliche Verfahren können sich besonders bei umfangreichen oder in Einzelheiten schwer zu beurteilenden Vorhaben, in denen noch Sachverständigengutachten eingeholt oder Teile des Vorhabens geändert werden müssen, über längere Zeit erstrecken. Dann kann ein dringendes Interesse bestehen, mit der Benutzung nicht darauf zu warten, bis die Erlaubnis oder Bewilligung erteilt oder gar unanfechtbar geworden ist … Der Gesetzgeber hat damit den Behörden ein Instrument an die Hand gegeben, eine Benutzung unter bestimmten Voraussetzungen vor einer abschließenden Entscheidung zuzulassen. Ohne eine entsprechende Regelung wäre entweder das Erlaubnisverfahren einem massiven Zeitdruck ausgesetzt oder der Unternehmer stünde vor der Frage, ob er eine illegale Gewässerbenutzung in Kauf nimmt … Allein für dieses Dilemma sieht § 17 WHG eine interessengerechte Lösung vor …
Für einen Schluss, dass § 17 WHG eine rückwirkenden Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis ausschließt, gibt die Regelung damit nichts her. Im Gegenteil ordnet das Wasserhaushaltsgesetz bei einer ohne die erforderliche Erlaubnis bestehenden Gewässerbenutzung ein aufsichtliches Einschreiten nach § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG nicht zwingend an, sondern stellt es in das pflichtgemäße Ermessen der Wasserbehörde. Eine Pflicht zum Einschreiten ergibt sich nur dann, wenn eine Ermessensreduzierung auf ,null‘ anzunehmen ist … Das bedeutet, dass das Regelungssystem des WHG es zulässt, eine illegale Gewässerbenutzung zu ,dulden‘ … und nachträglich sogar zu genehmigen …“
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Den vollständigen Beitrag lesen Sie in Die Fundstelle Bayern 17/2025, Rn. 183.

