Eine Beamtin (Klägerin) holte auf dem Nachhauseweg von ihrer Dienststelle den Schlüssel zum Eingangstor ihres Grundstücks auf dem Nachbargrundstück ab. Hierbei stürzte sie und verletzte sich. Sie beantragte erfolglos, den Unfall als Dienstunfall anzuerkennen. Damit hatte sie auch vor dem Verwaltungsgericht (VG) keinen Erfolg. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das VG-Urteil wurde vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof abgelehnt. Seinem unten vermerkten Beschluss vom 10.1.2025 entnehmen wir auszugsweise:
„Soweit die Klägerin an ihrer bereits im Widerspruchsverfahren vertretenen Auffassung festhält, dass ihr die Abholung des Torschlüssels auf dem neben ihrer Familienwohnung gelegenen Nachbargrundstück ,im Vorbeigehen‘ und ,ganz nebenher‘ möglich gewesen sei, kann sie damit die tragende Erwägung des VG nicht infrage stellen, dass beim Zurücklegen des Weges zwischen Dienststelle und Familienwohnung (Art. 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayBeamtVG) der wesentliche Zusammenhang mit dem Dienst jedenfalls dann gelöst wird, wenn der Beamte den allgemeinen öffentlichen Verkehrsraum verlässt und sich auf ein privates Grundstück begibt … Diese Erwägung entspricht der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass Unfälle auf Flächen, über deren Nutzung ein Dritter allein entscheiden kann und auf denen kein allgemeiner Verkehr stattfindet, selbst dann nicht der beamtenrechtlichen Unfallfürsorge unterliegen, wenn sie sich auf dem Weg zwischen Dienststelle und Wohnung des Beamten ereignen (BVerwG, B.v. 22.4.2020 – 2 B 52.19 – juris Rn. 8 und 12; U.v. 26.11.2013 – 2 C 9.12 – juris Rn. 10). Das VG hat diesbezüglich festgestellt, ,dass die Klägerin von ihrem unmittelbaren Nachhauseweg abgewichen ist und einen – wenn auch kurzen – Umweg eingelegt hat, indem sie den öffentlichen Straßenraum verlassen und das Grundstück ihres Nachbarn einige Meter weit betreten hat, wo sich sodann ihrem eigenen Vortrag nach das schadensstiftende Ereignis in Form des Sturzes ereignet hat‘ …
Dass eine kurze Unterbrechung des Heimwegs den Dienstunfallschutz nicht beeinträchtigt – worauf die Klägerin abstellt –, kommt nur in Betracht, solange bei dieser Unterbrechung der öffentliche Verkehrsraum nicht verlassen wird. Dem kann die Klägerin nicht entgegensetzen, dass der Dienstunfallschutz bei einer kurzen Unterbrechung wiederaufleben kann, sobald der Beamte zur Fortsetzung des Heimwegs in den öffentlichen Verkehrsraum zurückkehrt. Die von ihr zitierte Rechtsprechung bestätigt die Begrenzung des Dienstunfallschutzes auf den allgemeinen öffentlichen Verkehrsraum und den Ausschluss des Dienstunfallschutzes für den Aufenthalt auf Flächen außerhalb des öffentlichen Verkehrsraums (vgl. BVerwG, U.v. 22.11.1971 – 6 C 34.68 – juris Rn. 15; U.v. 4.6.1970 – 2 C 39.68 – juris Rn. 34). Das die Klägerin schädigende Ereignis trat auf einem Privatgrundstück ein, das außerhalb des öffentlichen Verkehrsraums liegt, mithin in einem Bereich, für den – unabhängig von der Dauer der Unterbrechung – kein Dienstunfallschutz bestand. Dabei ist es unerheblich, ob sich das Grundstück im Eigentum der Klägerin befindet.
Da bereits durch das Verlassen des öffentlichen Verkehrsraums aus einem eigenwirtschaftlichen Zweck die Voraussetzungen für die mit der Klage begehrte Anerkennung des Sturzes auf dem Nachbargrundstück als Dienstunfall nicht vorliegen, kann die Klägerin mit ihrem weiteren Vortrag keine Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit des angegriffenen Urteils begründen.
Dieser Vortrag richtet sich zunächst gegen die Erwägung des VG, die Unterbrechung des Heimwegs nicht als eine kurze Unterbrechung zu werten, die den Dienstunfallschutz (im allgemeinen öffentlichen Verkehrsraum) unberührt ließe. Diese Erwägung ist für die gerichtliche Entscheidung unerheblich, weil sich die Klägerin im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses nicht im allgemeinen öffentlichen Verkehrsraum befand.
Zur Begründung ernstlicher Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit des Urteils genügt es auch nicht, dass sich nach Ansicht der Klägerin Bestandteile der Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils auf Rechtsprechung zu sog. Gelegenheitsursachen beziehen. Denn auch ohne diese Begründungsbestandteile ändert sich nichts daran, dass die Klage abzuweisen war, weil sich die Klägerin im Zeitpunkt des Unfallereignisses aus einem eigenwirtschaftlichen Grund außerhalb des öffentlichen Verkehrsraumes aufgehalten hat.
Soweit sich das Antragsvorbringen gegen die rechtliche Wertung des VG richtet, dass die dienstliche Verrichtung der Klägerin unfallrechtlich nicht als wesentliche Ursache für das Unfallereignis anzusehen ist, wird diese Wertung weder widerlegt noch dargelegt, inwiefern der Einwand entscheidungserheblich ist. Sofern man das Vorbringen dahingehend versteht, dass die Klägerin damit die Wertung des VG infrage stellen möchte, dass sie auf dem Nachbargrundstück keiner dienstlichen, sondern einer eigenwirtschaftlichen Tätigkeit nachgegangen ist, legt sie nicht dar, dass diese Wertung falsch ist. Der bloß ursächliche Zusammenhang zwischen ihrer dienstlichen Verrichtung und dem Betreten des Nachbargrundstücks auf dem Rückweg reicht nicht aus, um einen wesentlichen Zusammenhang im Rechtssinne mit der dienstlichen Tätigkeit zu begründen, der die Eigenwirtschaftlichkeit in den Hintergrund treten lassen würde.
Die dienstliche Verrichtung ist hier nur eine (von vielen) Ursache(n), in dem weit verstandenen Sinne, dass sie nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass das schädigende Ereignis entfiele. Diese Ursächlichkeit ändert aber nichts daran, dass das Deponieren des Torschlüssels bei ihrem Nachbarn keinen dienstlichen, sondern nur privaten Zwecken der Klägerin (zum Hereinlassen des erwarteten Paketdienstes und des Gärtners) diente. Außerdem setzt die Klägerin der Erwägung des VG nichts entgegen, dass es für die dienstliche Verrichtung nicht notwendig war, den Torschlüssel andernorts verwahren zu lassen und hierfür das Grundstück des Nachbarn zu betreten…Die Klägerin hat ausschließlich aus privaten Motiven eine neue Handlungssequenz eröffnet, die sich deutlich von dem bloßen ,vom Dienst nach Hause Fahren‘ abgrenzen lässt.“
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 10.1.2025 – 3 ZB 23.1118
Beitrag entnommen aus Die Fundstelle Bayern 18/2025, Rn. 187.

