Die Klägerin, eine aus vier Mandatsträgern bestehende Fraktion im Rat der beklagten Stadt M, wendet sich gegen Beschlüsse der Vollversammlung über die Sitzverteilung in den Stadtratsausschüssen und über die Entsendung von Ratsmitgliedern in die Aufsichtsräte der städtischen Beteiligungsunternehmen.
Art. 33, 51, 92, 93 GO; Art. 20, 28 GG (d’Hondt’sches Verfahren bei der Ausschussbesetzung; Gemeindevertreter in den Aufsichtsräten kommunaler Unternehmen; verfassungsrechtliches Gebot der Spiegelbildlichkeit; Bildung von „Entsendegemeinschaften“ für Aufsichtsratsmitglieder; Minderheitenschutz; Mehrheitsprinzip)
Amtlicher Leitsatz
Die Vorschriften über die Besetzung von Ausschüssen des Gemeinderats (Art. 33 Abs. 1 GO) sind auf die Entsendung von Gemeindevertretern in die Aufsichtsräte von Unternehmen in Privatrechtsform (Art. 93 Abs. 2 GO) nicht entsprechend anwendbar.
BayVGH, Beschluss vom 09.01.2023, 4 ZB 22.2095
Zum Sachverhalt
Die Klägerin, eine aus vier Mandatsträgern bestehende Fraktion im Rat der beklagten Stadt M, wendet sich gegen Beschlüsse der Vollversammlung über die Sitzverteilung in den Stadtratsausschüssen und über die Entsendung von Ratsmitgliedern in die Aufsichtsräte der städtischen Beteiligungsunternehmen. In der konstituierenden Sitzung am 4. Mai 2020 und in der nachfolgenden Sitzung am 13. Mai 2020 beschloss der Stadtrat der Beklagten die Anwendung des d’Hondt’schen Verteilungsverfahrens bei der Vergabe der Ausschusssitze und bei der Benennung der städtischen Vertreter in den Aufsichtsräten; die Bildung so genannter Entsendegemeinschaften für die Benennung der Aufsichtsratsvertreter wurde dabei nicht zugelassen.
Gemäß diesen Vorgaben erhielt die Klägerin bei der Verteilung der Sitze in den 23-köpfigen Ausschüssen jeweils einen Sitz weniger, als dies bei einer Anwendung der Verfahren nach Sainte-Laguë/Schepers oder Hare/Niemeyer der Fall gewesen wäre; bei der Entsendung von Vertretern in die Aufsichtsräte der Beteiligungsunternehmen ging sie leer aus. Mit ihrer Klage begehrt sie, die Beklagte unter Aufhebung der vorgenannten Beschlüsse, hilfsweise unter Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit, zur erneuten Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts in Anwendung des Verfahrens nach Sainte-Laguë/Schepers, hilfsweise des Verfahrens nach Hare/Niemeyer zu verpflichten sowie für das Verfahren der Benennung von Aufsichtsratsmitgliedern Entsendegemeinschaften zuzulassen.
Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 30. März 2022 ab.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung.
Entnommen aus den Bayerischen Verwaltungsblättern 11/2023, S. 376