Rechtsprechung Bayern

Anspruch auf vorläufige Gestattung der Einreise

studio v-zwoelf - stock.adobe.co

§ 52 VwGO; §§ 14, 18 AsylG; Art. 17 Dublin III-VO

Zuständigkeit Verwaltungsgericht; Anspruch auf vorläufige Gestattung der Einreise; Selbsteintrittsrecht

Nichtamtliche Leitsätze:

1. Für Klagen gegen Polizeidienststellen des Bundes ist örtlich das Verwaltungsgericht zuständig, in dem die konkret handelnde Behörde oder deren Außenstelle ihren Sitz hat.

2. Ausländer, die bei einer Grenzbehörde um Asyl nachsuchen, haben gemäß § 18 Abs. 1 AsylG Anspruch auf vorläufige Gestattung der Einreise zum Zweck der Prüfung des Asylgesuchs.

3. Die Verweigerung der Einreise nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 AsylG, wenn ein Ausländer aus einem sicheren Drittstaat im Sinn von § 26a AsylG eingereist ist, greift nicht, wenn die Bundesrepublik Deutschland aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft für die Durchführung eines Asylverfahrens zuständig ist, wie etwa durch die Ausübung des Selbsteintrittsrechts (Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO).

Zum Sachverhalt:

Der Antragsteller ist tunesischer Staatsangehöriger. Im Oktober 2024 verweigerte ihm die Bundespolizeiinspektion unter Berufung auf Art. 14 des Schengener Grenzkodex i. V. m. § 15 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) die Einreise in das Bundesgebiet, als er ohne gültiges Visum am Grenzübergang aus Österreich kommend in die Bundesrepublik Deutschland einreisen wollte. Das Amtsgericht ordnete mit Beschluss vom 29. Oktober 2024 zur Sicherung der Zurückweisung nach Tunesien die Zurückweisungshaft am Flughafen M an. Der Antragsteller befindet sich seither in der Abschiebehafteinrichtung am Flughafen M.

Aus der Haft heraus stellte er im Oktober 2024 einen Asylantrag, zu dem er im November 2024 durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge angehört wurde. Am 6. November 2024 übte das Bundesamt das Selbsteintrittsrecht der Bundesrepublik Deutschland gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO aus.

Mit Bescheid vom 6. November 2024 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, den Antrag auf Asylanerkennung sowie den Antrag auf subsidiären Schutz als offensichtlich unbegründet ab (Ziffer 1–3), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 4), forderte den Antragsteller auf, binnen Wochenfrist die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen, und drohte für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise die Abschiebung nach Tunesien oder in einen anderen zur Aufnahme bereiten oder verpflichteten Staat an, wobei die Vollziehung der Abschiebungsandrohung und der Lauf der Ausreisefrist bis zum Ablauf der einwöchigen Klagefrist beziehungsweise im Falle einer fristgerechten Stellung eines Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage bis zur Bekanntgabe der Ablehnung des Eilantrags durch das Verwaltungsgericht ausgesetzt wurde (Ziffer 5). Der Bescheid wurde per Einschreiben zur Post gegeben am 11. November 2024.

Mit Bescheid vom 8. November 2024 erklärte die Bundespolizeidirektion M unter Berufung auf § 18 Abs. 2 Nr. 1 des Asylgesetzes (AsylG) die Verweigerung der Einreise. Das vorgebrachte Asylgesuch stehe einer Durchführung der Zurückweisung zwar bis zu dessen Ablehnung entgegen. Der Antragsteller habe sich jedoch zum Zeitpunkt des Asylgesuchs im Sinn von § 14 Abs. 3 AsylG im öffentlichen Gewahrsam befunden, sodass die Zurückweisung anschließend vollzogen werden könne, wenn der Asylantrag innerhalb einer Frist von vier Wochen abgelehnt werde.

Am 14. November 2024 erhob die Bevollmächtigte des Antragstellers gegen den ablehnenden Asylbescheid vom 6. November 2024 Klage zum Verwaltungsgericht München (M 26b K 24.33639) und stellte gleichzeitig einen Eilantrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Asylklage (M 26b S 24. 33640).

Gleichzeitig erhob sie Klage gegen den Bescheid vom 8. November betreffend die Einreiseverweigerung (M 26b K 24.33708) und beantragt im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 123 VwGO:

Im Wege einer einstweiligen Anordnung wird dem Antragsteller die Einreise in das Bundesgebiet gestattet.

Zur Begründung wurde vorgetragen, dass gegen die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet Klage und Eilantrag eingereicht worden sei.

Am 15. November 2024 beantragte die Bundespolizei die Verlängerung der Zurückweisungshaft längstens bis zum 3. Dezember 2024.

Den vollständigen Beitrag lesen Sie hier.