Am 1. Januar 2023 sind wichtige Änderungen der bayerischen haushaltsrechtlichen Verwaltungsvorschriften (VV-BayHO) in Kraft getreten. Damit wurden vor allem Vorschläge zu Vereinfachungen im Zuwendungsrecht umgesetzt. Ein zentraler Punkt dieser Änderungen ist die Änderung der Vorgaben für die Auftragsvergabe durch Zuwendungsempfänger. Sowohl kommunale als auch nicht kommunale Zuwendungsempfänger haben bei der Vergabe von Aufträgen im Rahmen ihrer geförderten Projekte nunmehr nur noch sehr wenige Vorgaben zu beachten. Das Gleiche gilt für institutionell geförderte Zuwendungsempfänger.
1. Entwicklung der zuwendungsrechtlichen Vergabeauflagen in Deutschland
Die jeweiligen Allgemeinen Nebenbestimmungen zum Zuwendungsbescheid enthalten seit jeher Auflagen (§ 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG/Art. 36 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG) zur Beachtung von bestimmten Vorgaben für die Vergabe von Aufträgen. Diese waren bis Ende der 1990er-Jahre in Bund und Ländern weitgehend einheitlich und erlegten nichtkommunalen, insbesondere privaten Zuwendungsempfängern die Pflicht zur Beachtung vergaberechtlicher Vorschriften in nahezu gleichem Umfang auf, wie sie auch für die jeweiligen staatlichen Auftraggeber gilt. Kommunale Zuwendungsempfänger hatten stets die nach den kommunalhaushaltsrechtlichen Vorschriften geltenden Vergabegrundsätze zu beachten.
Die Rechnungsprüfung, in Bayern der Bayerische Oberste Rechnungshof und die in seinem Auftrag tätigen Staatlichen Rechnungsprüfungsämter, hatte zahlreiche Vergabeverstöße sowohl etwa bei gemeinnützig arbeitenden als auch bei kommunalen Zuwendungsempfängern festgestellt. Rechtsbehelfe gegen daraufhin ergangene Widerrufs- und Rückforderungsbescheide blieben überwiegend ohne Erfolg.
Verbandspolitisch wurde immer wieder beklagt, dass die strengen zuwendungsrechtlichen Auflagen zu kompliziert seien und den Bedürfnissen kleinerer Zuwendungsempfänger nicht gerecht würden. Dies führe zu zahlreichen Beanstandungen durch die Rechnungsprüfung mit der Folge, dass Vergabefehler die verwaltungsaufwändige Rückforderung von Zuwendungen zur Konsequenz hätten. Kleinere Zuwendungsempfänger sollten von der Pflicht zur Anwendung des Vergaberechts freigestellt werden.
Es dürften vor allem Gründe verwaltungsökonomischer und politischer Natur gewesen sein, die inzwischen zu Änderungen bei den zuwendungsrechtlichen Vergabeauflagen geführt haben. Es stellte und stellt sich nämlich mit Berechtigung die Frage, „ob es nicht doch auch einfacher geht“ und etwa Wettbewerbsgesichtspunkten auch mit weniger strengen Vorgaben Rechnung getragen werden kann.
Im Verhältnis von Zuwendungsrecht und Vergaberecht ist in den letzten Jahren eine tendenzielle Entkoppelung festzustellen. Diese Tendenz ist allerdings nicht bundeseinheitlich gleich stark. Beim Bund und auch zwischen den einzelnen Ländern bestehen nunmehr teils deutliche Unterschiede bei den Auflagen in den Zuwendungsbescheiden, bestimmte Vorgaben bei der Vergabe von Aufträgen zu beachten. So bestehen in Niedersachsen und in Sachsen für kommunale Zuwendungsempfänger keinerlei Auflagen für die Vergabe von Aufträgen mehr. Dies gilt jedoch nur dann, wenn Zuwendungen ausschließlich aus Mitteln des jeweiligen Landes finanziert werden.
Zuwendungsempfängern wird es daher in unterschiedlichem Umfang erleichtert, bei Zuwendungen ausschließlich aus dem Bundes- oder dem jeweiligen Landeshaushalt Aufträge im Rahmen ihres geförderten Projekts oder ihrer institutionellen Aktivitäten zu vergeben. Inhaltlich wenig geändert hat sich für den Fall schwerer Vergabeverstöße hingegen für den Widerruf des Zuwendungsbescheids und damit verbunden die Rückforderung von bereits ausgezahlten Mitteln.
2. Entwicklung der zuwendungsrechtlichen Vergabeauflagen in Bayern
2.1. Kommunale Zuwendungsempfänger
Kommunen haben vergaberechtlich die vom Innenministerium im Einvernehmen mit dem Finanzministerium bekannt gegebenen kommunalhaushaltsrechtlichen Vergabegrundsätze in ihrer jeweiligen Fassung anzuwenden. Dies wurde in den früheren ANBest-K auch stets zur zuwendungsrechtlichen Auflage gemacht. In den ANBest-K 2023 wird kommunalen Zuwendungsempfängern lediglich noch auferlegt, Direktaufträge nach Maßgabe dieser Vergabegrundsätze zu vergeben. Die grundlegende Verpflichtung zur Beachtung der Vergabegrundsätze „zur Gänze“ gilt zwar vergaberechtlich weiterhin, doch werden – nun mangels entsprechender Auflage – zuwendungsrechtliche Konsequenzen nur bei vergaberechtswidrigen Direktaufträgen gezogen. Allerdings können über die Regelung der ANBest-K hinaus auch weitergehende Bestimmungen ausdrücklich zur Auflage gemacht werden.
Zuwendungsrecht und Vergaberecht sind bei Zuwendungen an kommunale Empfänger nunmehr weitestgehend „entkoppelt“. Einzige Auflage für kommunale Zuwendungsempfänger ist daher, Direktaufträge nach Maßgabe der einschlägigen rechtlichen Bestimmungen zu vergeben. Dies bedeutet, dass die Vergabe von Direktaufträgen bei Bauaufträgen bis 10 000 Euro, bei Liefer- und Dienstleistungen bis 5 000 Euro (jeweils ohne Umsatzsteuer) zulässig ist. Für die Zeit bis (nunmehr) 31. Dezember 2024 gilt für alle begonnenen Beschaffungen eine Wertgrenze von 25 000 Euro. Aufträge für freiberufliche Dienstleistungen bis zu einem Gesamtwert (einschließlich Nebenkosten) von 10 000 Euro (ohne Umsatzsteuer) können direkt vergeben werden. Zuwendungsrechtlich ist es somit ausreichend, wenn Kommunen Aufträge oberhalb der für Direktaufträge geltenden Wertgrenzen zumindest im Verhandlungsverfahren vergeben. Aufgrund der Bindung aller Träger öffentlicher Gewalt (also auch der Kommunen) an das Rechtsstaatsgebot soll von einer Beachtung aller kommunalhaushalts- und kartellrechtlichen Vergabevorschriften durch diese ausgegangen werden können. Jedoch können in manchen Konstellationen weitergehende Bestimmungen den Zuwendungsempfänger auch zuwendungs-rechtlich zur Anwendung von Vergabevorschriften verpflichten (z. B. Teil 4 GWB). Insbesondere ist das der Fall bei aus EU-Mitteln finanzierten Vorhaben. Für diese gelten vorrangige Bestimmungen, die sich nach Maßgabe der Leitlinien der EU-Kommission zur Festsetzung von Finanzkorrekturen auf die Zuwendung auswirken können. In solchen Fällen ist der Zuwendungsbescheid deshalb mit einer Auflage zur Beachtung der entsprechenden vergaberechtlichen Vorschriften zu versehen.
2.2. Nichtkommunale Zuwendungsempfänger
In den ANBest-I/P 2020 wurde nichtkommunalen Zuwendungsempfängern, die keine öffentlichen Auftraggeber im Sinn des § 99 GWB sind, bei einem (Gesamt-)Betrag der Zuwendung von mehr als 100 000 Euro unter anderem die Anwendung des Abschnitts 1 VOB/A und der UVgO (bei Projektförderung mit Ausnahmen bestimmter Regelungen) auferlegt. Die jeweiligen Wertgrenzen für die einzelnen Vergabearten ergaben sich dabei aus der (mit einer Ausnahme) zu beachtenden Verwaltungsvorschrift zum öffentlichen Auftragswesen (VVöA) in der damals geltenden Fassung.
Bei einem (Gesamt-)Betrag der Zuwendung von nicht mehr als 100 000 Euro wurde nichtkommunalen Zuwendungsempfängern lediglich auferlegt, Aufträge mit einem Nettoauftragswert von mehr als 1 000 Euro an fachkundige und leistungsfähige Anbieter nach wettbewerblichen Gesichtspunkten zu wirtschaftlichen Bedingungen zu vergeben. Dazu sind in der Regel mindestens drei Unternehmen zur Abgabe eines Angebots aufzufordern. Verfahren und Ergebnisse sind zu dokumentieren. Oberschwelliges Vergaberecht war von solchen Zuwendungsempfängern jedoch dann zu beachten, wenn sie öffentliche Auftraggeber sind.
Die ANBest-I/P 2021 erhöhten die Wertgrenze für die Vergabe von Direktaufträgen auf 5 000 Euro (ohne Umsatzsteuer) für Liefer- und Dienstleistungen und 10 000 Euro (ohne Umsatzsteuer) für freiberufliche Leistungen und für Bauleistungen.
Die nunmehr geltenden ANBest-I/P 2023 enthalten ohne betragsmäßige Begrenzung der Zuwendung oder des Auftragswerts allein die zuwendungsrechtliche Auflage, Aufträge an fachkundige und leistungsfähige Anbieter nach wettbewerblichen Gesichtspunkten zu vergeben. Dabei sind in der Regel mindestens drei Unternehmen zur Abgabe eines Angebots aufzufordern. Unter den nach entsprechender Aufforderung eingegangenen Angeboten ist das wirtschaftlichste Angebot zu berücksichtigen. Leistungsbeschreibung, Angebotseinholung, eingegangene Angebote und Auswahlentscheidung samt etwaiger Wertungskriterien sind zu dokumentieren. Anbieter, die zur Abgabe eines Angebots aufgefordert werden oder an die ein Auftrag (direkt) vergeben wird, müssen fachlich und personell in der Lage sein, den zu vergebenden Auftrag auszuführen. Die Vergabe an einen Generalübernehmer ist nicht zulässig. Zudem soll der Zuwendungsempfänger zwischen den Anbietern wechseln, die er zur Abgabe eines Angebots auffordert oder an die er einen Auftrag direkt vergibt.
Zuwendungsrecht und Vergaberecht wurden somit auch bei Zuwendungen an nichtkommunale Empfänger fast vollständig entkoppelt. Die bisherige Vereinfachungsregelung (Zuwendungsbetrag bis 100 000 Euro) wurde aus Gründen der Entbürokratisierung und Verwaltungsvereinfachung auf sämtliche Zuwendungen (also ohne betragsmäßige Begrenzung) ausgeweitet. Die mit den Vergabeauflagen verbundenen wettbewerblichen und wirtschaftlichen Aspekte können nach den Erfahrungen in anderen Ländern auch mit dieser niedrigschwelligen Auflage ausreichend gewahrt werden. Zudem wird klargestellt, dass gegebenenfalls weitergehende Bestimmungen zur Beachtung von Vergaberecht zwar von Rechts wegen (also ausschließlich vergaberechtlich) zu beachten sind, jedoch keine Auflage im Zuwendungsbescheid darstellen. Auch öffentlichen Auftraggebern im Sinn des § 99 GWB wird die Beachtung oberschwelliger Vergabevorschriften somit zuwendungsrechtlich nicht mehr auferlegt, wenn die Zuwendung ausschließlich aus Landesmitteln finanziert wird. Gleichzeitig wird darauf hingewiesen, dass weitergehende Bestimmungen den Zuwendungsempfänger zur Anwendung von Vergabevorschriften verpflichten können (z. B. Teil 4 GWB). Insbesondere ist das der Fall bei aus EU-Mitteln finanzierten Vorhaben. Für diese gelten vorrangige Bestimmungen, die sich nach Maßgabe der Leitlinien der EU-Kommission zur Festsetzung von Finanzkorrekturen auf die Zuwendung auswirken können. In solchen Fällen ist der Zuwendungsbescheid deshalb mit einer Auflage zur Beachtung der entsprechenden vergaberechtlichen Vorschriften zu versehen.
2.3. Weitergehende Auflagen zur Beachtung von Vergabevorschriften
Gesonderte (weitergehende) Bestimmungen können Zuwendungsempfänger auch zuwendungsrechtlich zur Anwendung von Vergabevorschriften (etwa Teil 4 GWB) verpflichten. Das ist insbesondere der Fall bei Vorhaben, die (auch) aus EU-Fonds finanziert werden. In diesen Fällen werden Zuwendungsbescheide mit entsprechenden Allgemeinen Nebenbestimmungen versehen oder entsprechende Auflagen in die Bescheide aufgenommen. Im Falle mehrerer Zuwendungsgeber haben diese unter anderem Einvernehmen über die Nebenbestimmungen zum Zuwendungsbescheid herbeizuführen. Dann gelten die in den zu verwendenden Allgemeinen Nebenbestimmungen enthaltenen Vergabeauflagen.
[…]Den vollständigen Beitrag lesen Sie in den Bayerischen Verwaltungsblättern Heft 7/2024, S. 217 ff.