Rechtsprechung Bayern

Personalvertretung: Unzulässigkeit der Wahlanfechtung durch weniger als drei Wahlberechtigte

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Dem unten vermerkten Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH) vom 15.11.2022 lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die drei Antragsteller sind Beschäftigte eines Bezirkskrankenhauses. Dem Antragsteller zu 1 wurde am 25.5.2021 außerordentlich gekündigt. Danach wurde er nicht weiterbeschäftigt. Arbeitsgerichtlich wurde später festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Antragstellers zu 1 durch die besagte Kündigung nicht aufgelöst worden ist. Da der Wahlvorstand für die am 22.6.2021 durchgeführte Wahl des örtlichen Personalrats einen gewerkschaftlichen Wahlvorschlag, in dem alle drei Antragsteller für die Personalratswahl als Bewerber aufgeführt waren, nicht zuließ, machten die Antragsteller ein Beschlussverfahren beim Verwaltungsgericht (VG) anhängig, in dem sie zuletzt insbesondere die Ungültigerklärung der Personalratswahl am 22.6.2021 begehrten. Diesem Begehren gab das VG statt. Die hiergegen von den Beteiligten zu 1 (Dienststellenleiter) und 2 (örtlicher Personalrat) erhobene Beschwerde hatte Erfolg. Dem Beschluss des VGH entnehmen wir:

1. Fehlende Antragstellung durch drei Wahlberechtigte

„Der Wahlanfechtungsantrag der Antragsteller ist unzulässig, weil er nicht von ,drei Wahlberechtigten‘ i.S.d. Art. 25 Abs. 1 BayPVG beim Verwaltungsgericht gestellt worden ist, weshalb es an der erforderlichen Anfechtungsberechtigung fehlt.“

2. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Anfechtungsberechtigung

„Diese Anfechtungsberechtigung bzw. aktive Wahlberechtigung muss zum Zeitpunkt der Wahl gegeben sein (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.4.1983 – 6 P 17.81 – BVerwGE 67, 145/148). Sie setzt nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 BayPVG die Beschäftigteneigenschaft i.S.d. Art. 4 BayPVG voraus.“

3. Gekündigte Arbeitnehmer: Differenzierung zwischen aktiver Wahlberechtigung und Wählbarkeit

„Bei gekündigten Arbeitnehmern kommt es für die Beschäftigteneigenschaft und die aktive Wahlberechtigung i.S.v. Art. 25 Abs. 1 BayPVG maßgeblich darauf an, ob sie in Erfüllung eines bestehenden Weiterbeschäftigungsanspruchs am Wahltag tatsächlich weiterbeschäftigt wurden (vgl. BAG, Urteil vom 15.1.1991 – 1 AZR 105/90 – BAGE 67, 35 Rn. 27 zum BetrVG bzw. BPersVG). Die aktive Wahlberechtigung i.S.v. Art. 25 Abs. 1 BayPVG muss im Zeitpunkt der Wahl feststehen, weil die Wahlbeteiligung nicht wahlberechtigter Arbeitnehmer nicht mehr korrigiert werden kann. Auch kann die Stimmabgabe eines gekündigten Arbeitnehmers nicht nachgeholt werden, sobald rechtskräftig die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung festgestellt worden ist (vgl. BAG, Beschluss vom 10.11.2004 – 7 ABR 12/04 – BAGE 112, 305 Rn. 18).

Dagegen kann die Wählbarkeit eines gekündigten Arbeitnehmers in der Schwebe bleiben, weil der Ungewissheit über den Ausgang seines Kündigungsschutzverfahrens dadurch Rechnung getragen wird, dass dieser im Falle seiner Wahl zur Personalvertretung bis zum rechtskräftigen Abschluss seines Kündigungsschutzverfahrens an der Ausübung seines Amts verhindert ist und in diesem Fall das Ersatzmitglied nach Art. 31 Abs. 1 Satz 2 BayPVG zeitweilig in das Amt eintritt (vgl. BAG, Beschluss vom 10.11.2004 a.a.O.).“

4. Fallbezogene Konsequenzen

„Davon ausgehend war der Antragsteller zu 1 am 22.6.2021, dem Zeitpunkt der Wahl des örtlichen Personalrats des Bezirkskrankenhauses, kein Beschäftigter i.S.d. Art. 4 BayPVG und es fehlte ihm daher die aktive Wahlberechtigung zu diesem maßgeblichen Wahlzeitpunkt. Denn der Antragsteller zu 1 wurde unstreitig nicht tatsächlich weiterbeschäftigt, nachdem ihm am 25.5.2021 außerordentlich gekündigt worden war. Daran ändert es nichts, dass die gegen diese außerordentliche Kündigung erhobene Klage des Antragstellers zu 1 im Gefolge vollumfänglich Erfolg hatte; denn entscheidend ist, dass keine Weiterbeschäftigung erstritten war. Somit ist der Wahlanfechtungsantrag der Antragsteller unzulässig, weil er nicht von ,drei Wahlberechtigten‘ i.S.d. Art. 25 Abs. 1 BayPVG beim VG gestellt worden ist und es somit an der erforderlichen Anfechtungsberechtigung fehlt.“

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 15.11.2022 – 17 P 22.1570.

Entnommen aus der Fundstelle Bayern Heft 7/2024, Rn. 74.