Zu diesem Ergebnis kommt der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem unten vermerkten Beschluss vom 15.5.2024. In o.g. Randnummer wurde hingegen die Auffassung vertreten, dass wie nach rheinland-pfälzischem Landesrecht auch nach bayerischem Landesrecht der Ehrensold ehemaliger ehrenamtlicher bayerischer Bürgermeister dem Versorgungsausgleich bei Ehescheidung unterliegt. Dies sieht der BGH nun ausdrücklich anders. Seiner Entscheidung entnehmen wir auszugsweise zum Vorliegen der Voraussetzungen des Versorgungsausgleichsgesetzes (VersAusglG):
- Anspruch des Ehegatten auf Pflichtehrensold wurde durch Arbeit geschaffen (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG)
Dazu der BGH:
„Dieser Regelung liegt die Vorstellung zugrunde, dass auf andereWeise als durch Arbeit oder Vermögen erworbene Versorgungsanrechte nicht auf einer gemeinsamen Lebensleistung der Ehegatten beruhen und damit nach dem Prinzip des Versorgungsausgleichs den Ausgleich nicht rechtfertigen würden (vgl. Senatsbeschlüsse BGHZ 236, 205 = FamRZ 2023, 761 Rn. 10 und vom 19.9.2012 – XII ZB 649/11 – FamRZ 2013, 106 Rn. 13 m.w.N.). Darauf, ob die Höhe des Rentenanspruchs mit der Höhe erbrachter Beitragszahlungen korrespondiert, kommt es nicht an. Denn § 2 Abs. 2 VersAusglG verlangt nicht ein beitragsfinanziertes Versorgungssystem, sondern nur einen Kausalitäts- und Zurechnungszusammenhang zwischen der Arbeitsleistung des Ehegatten und seinem Rentenanspruch.
Ausgleichspflichtig ist daher auch ein Rentenanspruch, der sich allein aus Arbeitgeberbeiträgen oder aus Steuermitteln finanziert, sofern nur das Teilhaberecht des Ehegatten auf seine Arbeit als Teil der gemeinsamen Lebensleistung zurückzuführen ist (vgl. Senatsbeschlüsse BGHZ 236, 205 = FamRZ 2023, 761 Rn. 11 und vom 11.4.2018 – XII ZB 623/17 – FamRZ 2018, 904 Rn. 8). Nach Art. 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KWBG setzt der Anspruch auf einen Pflichtehrensold unter anderem voraus, dass zuvor für die Dauer von mindestens zwölf Jahren – im Falle der Dienstunfähigkeit von mindestens zehn Jahren – das Amt eines ersten Bürgermeisters in derselben Gemeinde bekleidet und die einhergehenden Aufgaben wahrgenommen wurden. Diese Bestimmung greift ausdrücklich eine frühere Amtsausübung und Tätigkeit als erster Bürgermeister auf und erhebt diese zur Anspruchsvoraussetzung. Mit der Amtsausübung sind nach der bayerischen Kommunalverfassung nicht nur Repräsentations-, sondern in erheblichem Umfange auch Verwaltungsaufgaben wahrzunehmen (vgl. BSGE 50, 231, 232 = SozR 2200 § 1229 Nr. 12). Mit Recht ist das Beschwerdegericht deshalb vom Bestehen des notwendigen Kausalitäts- und Zurechnungszusammenhangs zwischen der Arbeitsleistung des Ehrenbeamten in seinem Amt als erster Bürgermeister und der Gewährung des Pflichtehrensolds ausgegangen (vgl. bereits Senatsbeschluss vom 18.5.2011 – XII ZB 139/09 – FamRZ 2011, 1287 Rn. 21 zum Ehrensold nach rheinland-pfälzischem Landesrecht), ohne dass es insbesondere darauf ankäme, dass es sich bei dem Ehrensold um eine rein steuerfinanzierte Leistung handelt.“
- Der vom Ehegatten erworbene Anspruch auf Pflichtehrensold dient auch seiner Altersversorgung (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG)
Insoweit das Gericht:
„Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG sind nur solche Anrechte auszugleichen, deren Zweck die Versorgung wegen Alter oder Invalidität ist. Dabei genügt für die Einbeziehung in den Versorgungsausgleich nicht bereits ein Versorgungszweck im Allgemeinen, sondern dieser muss sich speziell auf die in § 2 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG bezeichneten Versorgungsfälle beziehen, während Ansprüche mit anderer Zweckbestimmung nicht auszugleichen sind. Bei der Beurteilung der Zweckbestimmung einer Versorgung können die verfolgten Ziele nur insoweit berücksichtigt werden, als sie in den gesetzlichen Bestimmungen oder in der Gestaltung der Versorgungszusage ihren Ausdruck gefunden haben. Motive und Ziele, die sich nicht in dieser Weise objektivieren lassen, müssen unberücksichtigt bleiben (vgl. Senatsbeschluss vom 13.1.1993 – XII ZB 75/89 – FamRZ 1993, 684, 685 m.w.N.). Maßgeblich ist dabei stets eine wertende Betrachtung im Einzelfall unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des Versorgungsausgleichs (vgl. Holzwarth in Johannsen/Henrich/Althammer Familienrecht 7. Aufl. VersAusglG § 2 Rn. 27).
Eine Versorgung wegen Alters liegt dabei nicht schon in jedem Fall vor, in dem die zugesagten monatlichen Rentenleistungen dem Empfänger langfristig zu einer Aufstockung seiner verfügbaren Mittel dienen sollen und bis zum Lebensende gewährt werden (vgl. Senatsbeschluss vom 14.3.2007 – XII ZB 36/05 – FamRZ 2007, 889 Rn. 13 m.w.N.). Andererseits kommt es nicht auf die Leitbilder der öffentlich-rechtlichen Leistungssysteme und damit etwa auf das Erreichen der dort vorgesehenen Altersgrenzen an (vgl. Senatsbeschluss vom 21.11.2013 – XII ZB 403/12 – FamRZ 2014, 282 Rn. 20 m.w.N.), so dass insbesondere kein Gleichlauf des Versorgungsbeginns mit der gesetzlichen Rente oder mit der Beamtenversorgung vorausgesetzt wird (vgl. Senatsbeschluss vom 14.3.2007 – XII ZB 36/05 – FamRZ 2007, 889 Rn. 13). Vielmehr kommt es für die Anknüpfung an den Versorgungsfall des Alters entscheidend darauf an, ob das betreffende Anrecht der Versorgung im Anschluss an die Beendigung des aktiven Arbeitslebens dienen soll (vgl. Senatsbeschluss vom 21.11.2013 – XII ZB 403/12 – FamRZ 2014, 282 Rn. 20 m.w.N.).
Der Senat hat allerdings nach diesen Maßstäben, die durch die Reform des Versorgungsausgleichsrechts keine grundlegende Veränderung erfahren haben, im Jahr 2011 noch unter Anwendung des bis zum 31.8.2009 geltenden Rechts entschieden, dass einem nach den Vorschriften des rheinlandpfälzischen Landesgesetzes über die Zahlung eines Ehrensoldes an frühere ehrenamtliche Bürgermeister, Beigeordnete, Kreisbeigeordnete und Ortsvorsteher vom 18.12.1972 (GVBl S. 367; zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 15.6.2015, GVBl S. 90; im Folgenden: EhrensoldG) gezahlten Ehrensold kein Versorgungscharakter zukommt und er deshalb nicht in den Versorgungsausgleich einzubeziehen ist (vgl. Senatsbeschluss vom 18.5.2011 – XII ZB 139/09 – FamRZ 2011, 1287 Rn. 13 ff.). Hierzu hat der Senat ausgeführt, dass § 1 EhrensoldG das Erreichen einer bestimmten Altersgrenze für den Zugang zum Ehrensold nicht voraussetze. Eine Altersgrenze wird lediglich in § 3 Abs. 2 Nr. 1 EhrensoldG benannt, wonach der Anspruch auf Ehrensold ruht, solange der Berechtigte das 55. Lebensjahr nicht vollendet hat.
Der Anspruch als solcher kann demgegenüber aber schon vor Erreichen dieser Altersgrenze entstehen (vgl. Senatsbeschluss vom 18.5.2011 – XII ZB 139/09 – FamRZ 2011, 1287 Rn. 16). Das rheinland-pfälzische Ehrensoldgesetz trifft damit keine ausdrückliche Zweckbestimmung dahingehend, dass der Ehrensold der Altersversorgung dienen soll. Der Ehrensold ist auch nicht als (zusätzliche) Versorgungsleistung zur Sicherung der Lebensführung des Ehrenbeamten gedacht, sondern vielmehr als eine Art Treueprämie, um Bürgermeistern mit besonders langer Amtszeit Dank und Anerkennung seitens der Gemeinde zuteilwerden zu lassen. Daneben kann ihm zwar durchaus auch der Zweck zukommen, gewisse wirtschaftliche Einbußen oder Nachteile auszugleichen, die der Bürgermeister infolge seiner Amtstätigkeit hinnehmen musste. Dies liegt aber einer Entschädigungsleistung näher als einer zusätzlichen Altersversorgung (vgl. Senatsbeschluss vom 18.5.2011 – XII ZB 139/09 – FamRZ 2011, 1287 Rn. 17 f.).
Diese Rechtsprechung des Senats stellt allerdings den rechtlichen Befund des Beschwerdegerichts, dass der hier verfahrensgegenständliche Pflichtehrensold nach dem bayerischen Kommunalwahlbeamtengesetz die Versorgung wegen Alters bezweckt, entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht in Frage (ebenso Breuers NZFam 2022, 847). Zwar enthalten auch die Vorschriften des bayerischen Landesrechts keine ausdrückliche Zweckbestimmung dahingehend, dass die Gewährung von Ehrensold der Altersversorgung dienen soll, und auch der Gesetzesbegründung lässt sich hierfür nichts entnehmen (vgl. BayLT-Drucks. 16/11983 S. 38 f.). Zwischen der Ausgestaltung des (Pflicht-)Ehrensolds nach dem bayerischen Kommunalwahlbeamtengesetz und des Ehrensolds nach dem rheinland-pfälzischen Ehrensoldgesetz bestehen aber – worauf das Beschwerdegericht rechtsfehlerfrei abgestellt hat – nicht unerhebliche Unterschiede, die jedenfalls in der Gesamtschau auch eine unterschiedliche Beurteilung des Versorgungscharakters rechtfertigen.“
[…]Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.5.2024 – XII ZB 122/22.
Den vollständigen Beitrag lesen Sie in Gemeindekasse Bayern 5/2025, Rn. 43.