Gesetzgebung

Bauordnungsnovelle durch das Erste und Zweite Modernisierungsgesetz Bayern

Martina Berg - stock.adobe.com

In der Regierungserklärung vom 13. Juni 20241 hat der Ministerpräsident das Modernisierungs- und Beschleunigungsprogramm Bayern 2030 näher erläutert. Der Bayerische Landtag hat am 10. Dezember 2024 das Erste und Zweite Modernisierungsgesetz Bayern beschlossen2. Der Beitrag stellt den wesentlichen Inhalt beider Modernisierungsgesetze3 vor, soweit die Bayerische Bauordnung (BayBO) betroffen ist4.

1.Aufbau der Modernisierungsgesetze
a.Erstes Modernisierungsgesetz

Das Erste Modernisierungsgesetz5 nimmt in seinen §§ 11, 12 und 13 Änderungen der Garagen- und Stellplatzverordnung (GaStellV) und der BayBO vor. Die Aufteilung auf mehrere Änderungsparagrafen hat normtechnische Gründe: Zum einen bedarf die Änderung eines Gesetzes und einer Verordnung unterschiedlicher, das heißt auch unterschiedlich zu verortender Änderungsbefehle. Zum anderen sollen die Änderungen der BayBO6 zu unterschiedlichen Zeitpunkten in Kraft treten. Auch das ist Ursache dafür, dass die Änderungen auf verschiedene Paragrafen aufgeteilt werden müssen. Die in § 12 vorgesehenen Änderungen sind am 1. Januar 2025 in Kraft getreten. Die Änderungen in den §§ 11 und 13 treten am 1. Oktober 2025 in Kraft.

b.Zweites Modernisierungsgesetz

Das Zweite Modernisierungsgesetz7 enthält in § 4 Änderungen der BayBO, in § 5 eine Änderung der GaStellV und in § 6 eine Änderung des Bayerischen Abgrabungsgesetzes und der Bauvorlagenverordnung. Die Änderungen sind am 1. Januar 2025 in Kraft getreten.

Die Darstellung fasst die Änderungen durch beide Modernisierungsgesetze zusammen und folgt aus Gründen der Übersichtlichkeit und Verständlichkeit schlicht der Artikelfolge der BayBO.

2.Änderungen im Einzelnen
a.Gebäudeklassen, Art 2 Abs. 3

Die Änderung in Art. 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 48 ist eine von mehreren Änderungen, die das Ziel „Vereinfachung durch Anheben von Grenzwerten” verfolgt. Die Gebäudeklasse 4 wird auf Gebäude mit größeren Nutzungseinheiten erweitert, wenn diese in feuerwiderstandsfähig abgetrennte Bereiche von nicht mehr als 400 m2 unterteilt sind. Grundgedanke der Gebäudeklasse 4 ist, dass für Gebäude mit feuerwiderstandsfähig abgetrennten „Zellen”, die auf eine von der Feuerwehr beherrschbare Größe begrenzt sind, eine verminderte Feuerwiderstandsanforderung an das Tragwerk vertretbar ist („hochfeuerhemmend” anstatt „feuerbeständig” wie in der Gebäudeklasse 5). Diese sogenannten Zellen müssen nicht zwingend betrieblich selbstständige Nutzungseinheiten sein. Das belegt Art. 31 Abs. 1 Satz 1. Eine brandschutztechnisch wirksame Zellenstruktur kann auch in größeren Nutzungseinheiten geschaffen werden. Die Neuregelung orientiert sich an Art. 34 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Halbsatz 2, der unter identischen Voraussetzungen einen Verzicht auf die Ausbildung notwendiger Flure ermöglicht.

b.Sonderbauten, Art. 2 Abs. 4

Auch die im Recht der Sonderbauten vorgenommenen Änderungen in Art. 2 Abs. 4 verschieben Schwellenwerte, ab deren Überschreitung bestimmte Gebäude Sonderbauten sind, dort nach oben, wo dies sinnvoll und aus Sicherheitsgründen vertretbar ist9. Folgende Sonderbautatbestände sind betroffen:

– Art. 2 Abs. 4 Nr. 410 – Verkaufsstätten

Verkaufsstätten sind aktuell ab 800 m2 maßgeblicher Fläche11 Sonderbauten. Dieser Wert wird für erdgeschossige Verkaufsstätten auf 2000 m2 angehoben. Für diese Anlagen wird Gleichklang mit den Regelungen der Bayerrischen Verkaufsstättenverordnung (BayVkV) hergestellt. § 1 BayVkV bestimmt deren Anwendbarkeit ab 2000 m2. Mehrgeschossige Verkaufsstätten sind schon aufgrund der Nutzerzahl und der deshalb schwierigen Situierung von Flucht- und Rettungswegen potenziell gefährlicher als erdgeschossige Verkaufsstätten. Deshalb gilt für sie unverändert die niedrigere Schwelle von 800 m2 für die Sonderbaueigenschaft. Typisierte Verkaufsmärkte sind damit bis zur bauplanungsrechtlichen Grenze der Großflächigkeit, die sich aus § 11 Abs. 3 Nr. 2 Baunutzungsverordnung (BauNVO) ergibt, keine Sonderbauten.

– Art. 2 Abs. 4 Nr. 812 – Gaststätten
Im bisherigen Art. 2 Abs. 4 Nr. 8 war die Sonderbaueigenschaft von Gaststätten, Beherbergungsstätten und Spielhallen gemeinsam geregelt. Mit der Änderung wird für jede Anlage die Sonderbaueigenschaft in einer jeweils eigenständigen Ziffer geregelt.
Der Sonderbautatbestand für Gaststätten in Nummer 8 wird neu strukturiert und inhaltlich geändert. Bis zur Änderung waren solche Gaststätten Sonderbauten, die mehr als 40 Gastplätze in Gebäuden oder 1000 Gastplätze im Freien hatten. Mit der Änderung werden mehrere Schwellenwerte eingeführt: 60 Gastplätze in Gebäuden, soweit die Gastplätze nicht ausschließlich erdgeschossig untergebracht sind, 100 Gastplätze in Gebäuden, soweit sie erdgeschossig sind, und 1000 Gastplätze im Freien. Kernargument für die Änderung ist, dass bei Gaststätten in dieser Größenordnung eine Prüfung, ob gegen eine Personenrettung über Geräte der Feuerwehr Bedenken bestehen (Art. 31 Abs. 3 Satz 2), nicht erforderlich ist.
– Art. 2 Abs. 4 Nr. 913 – Beherbergungsstätten
Die neue Nummer 9 regelt nun die Beherbergungsstätten. Für sie gilt eine Grenze von mehr als 30 Betten – bisher mehr als zwölf Betten. Damit gilt die Einstiegsschwelle des § 1 Abs. 1 Beherbergungsstättenverordnung (BStättV)14 auch als Schwellenwert für den Sonderbau. Mit der Anhebung der Sonderbauschwelle verbunden ist eine Ausweitung der gesetzlichen Rauchwarnmelderpflicht im neuen Art. 45 Abs. 415. Er schreibt Rauchwarnmelder für Beherbergungsstätten vor, die keine Sonderbauten sind.
– Art. 2 Abs. 4 Nr. 1016 – Spielhallen
Unverändert, allerdings in einer neuen Nummer 10 geregelt, bleibt der Schwellenwert für Spielhallen bei 150 m2.
– Bisheriger Art. 2 Abs. 4 Nr. 1517 – Campingplätze
Der Sonderbautatbestand im bisherigen Art. 2 Abs. 4 Nr. 15 wird gestrichen. Campingplätze bedürfen im Regelfall keiner bauordnungsrechtlichen Einzelfallbehandlung. Gassen und Wege zur Brandbekämpfung werden üblicherweise in den zugrunde liegenden Bebauungsplänen, an deren Aufstellung beziehungsweise Änderung auch die Feuerwehren beteiligt sind, festgelegt.
c.Abstandsflächenrecht, Art. 6

Das Zweite Modernisierungsgesetz nimmt Änderungen im Abstandsflächenrecht vor:

Die erste Änderung betrifft Anlagen mit gebäudegleicher Wirkung. In Art. 6 Abs. 1 Satz 2 ist geregelt, dass die für die Außenwände von Gebäuden geltende Abstandsflächenpflicht auch für andere Anlagen gilt, von denen Wirkungen wie von einem Gebäude ausgehen. Das Änderungsgesetz fügt hier einen neuen Satz 3 ein, der anhand von Regelbeispielen Anlagen aufzählt, die nach dem Willen des Gesetzgebers keine Anlagen mit gebäudegleicher Wirkung sind18. Es handelt sich um Antennen und Antennen tragende Masten für den Mobilfunk und den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben, sofern sie im Außenbereich liegen (Nr. 1); um Windenergieanlagen im Außenbereich (Nr. 2); um ebenerdige Terrassen (Nr. 3) und um Wärmepumpen und zugehörige Einhausungen mit einer Höhe bis zu 2 m über der Geländeoberfläche (Nr. 4). Die Regelung im neuen Art. 6 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 entspricht vollinhaltlich der Regelung im bisherigen Art. 6 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4, die gestrichen wird. Die Regelung im neuen Art. 6 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2, wonach Windenergieanlagen im Außenbereich keine Anlagen mit gebäudegleicher Wirkung sind, hat ihren Grund darin, dass für diese Anlagen bereits erheblich größere Abstände nach immissionsschutzrechtlichen Vorgaben beziehungsweise dem bauplanungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme gelten. Abgesehen davon, dass im unbebauten Außenbereich ohnehin bereits fraglich ist, ob der Schutzzweck von Art. 6 durch eine Windenergieanlage überhaupt betroffen sein kann, hat die Regelung lediglich zur Folge, dass die bisher in Einzelfällen erforderliche Abstandsflächenübernahme oder Abweichung künftig entfällt19. Für die ebenfalls von der Änderung erfassten Wärmepumpen (Nr. 4) gilt, dass die gesetzliche Neuregelung in aller erster Linie klarstellende Funktion hat. Sie fixiert die Rechtslage, die bereits bis zum Inkrafttreten der Regelung gegolten hat: Wärmepumpen sind weder Gebäude noch Anlagen mit gebäudegleicher Wirkung, weil es dazu im Regelfall an der notwendigen Größe fehlt20.

Die zweite Änderung betrifft die abstandsflächenrechtliche Sonderregelung für große Städte in Art. 6 Abs. 5a. Sie wurde durch einen Änderungsantrag der Regierungsfraktionen im Gesetzgebungsverfahren eingebracht21. Die größere Abstandsfläche von 1,0 H gilt künftig nur noch in Gebieten, in denen die nähere Umgebung überwiegend durch Gebäude der Gebäudeklassen 1, 2 oder 3 geprägt ist. Begründet wird dies damit, dass in den großen Ballungsräumen Bayerns der Bedarf an Wohnungsneubau besonders hoch ist. Mit der Neuregelung soll die größere Abstandsfläche von 1 H auf klassische Gartenstadtquartiere beschränkt werden. Die Berechnung des Maßes H richtet sich unverändert nach Art. 6 Abs. 5a.

d.Begrünung und Freiflächengestaltung, Art. 7 und 81

Das Thema Begrünung und damit das Thema Freiflächengestaltung22 handelte die BayBO bislang sowohl in Art. 7 Abs. 1 über ein Gebot23 als auch in Art. 81 Abs. 1 Nr. 5 und 7 über Satzungsermächtigungen ab. Das Erste Modernisierungsgesetz modifiziert die Satzungsermächtigung in Art. 81 Abs. 1 Nr. 524 und streicht die Satzungsermächtigung in Art. 81 Abs. 1 Nr. 7 ersatzlos25. Der neue Art. 81 Abs. 1 Nr. 5 enthält auf nachdrücklichen Wunsch der Gemeinden eine Ermächtigung für Satzungen, die ein „Verbot von Bodenversiegelung, nicht begrünten Steingärten sowie ähnlich eintönigen Flächennutzungen mit hoher thermischer oder hydrologischer Last oder erheblich unterdurchschnittlichem ökologischen oder wohnklimatischem Wert”26 anordnen. Die Umgestaltung der Vorschrift führt dazu, dass die Gemeinden künftig keine detaillierten Vorgaben mehr zur Gestaltung und Bepflanzung freier Flächen treffen können. Sie können nur noch negativ regeln, wie freie Flächen nicht gestaltet werden dürfen. Das ist auf den ersten Blick vom bisher geltenden Recht nicht so weit entfernt. Tatsächlich besteht aber ein deutlicher qualitativer Unterschied, denn der Begründungsaufwand für ein Verbot ist höher. Detaillierte Vorgaben zur Bepflanzung sind jedenfalls nicht mehr möglich. Der Gesetzgeber macht mit der Änderung deutlich, dass er das Eigentumsrecht des Bauherrn durch mehr Gestaltungsmöglichkeiten stärken will. Die Ermächtigung zum Erlass der dargestellten Verbote ist als Ergebnis der Verbandsanhörung in den Gesetzentwurf des Ersten Modernisierungsgesetzes aufgenommen worden27. Mit der inhaltlichen Neuregelung korrespondiert eine im Wesentlichen feststellende Übergangsregelung im neuen Art. 83 Abs. 528. Nach der Rechtsprechung29 gilt für bestehende Satzungen ohnehin, dass sie dann außer Kraft treten, wenn der Gesetzgeber ihre Ermächtigungsgrundlage so verändert, dass ein Systemwechsel stattfindet. Das ist hier der Fall. Um den Gemeinden ausreichend Zeit für die Umstellung des gemeindlichen Rechts zu geben, wurde die im Gesetzentwurf ursprünglich vorgesehene Übergangsfrist von drei Monaten mit Änderungsanträgen im Gesetzgebungsverfahren zunächst auf sechs und schlussendlich auf neun Monate angehoben30. Die Übergangsfrist ist damit mehr als ausreichend bemessen.

Bereits zum 1. Januar 2025 wurde in Art. 7 Abs. 1 folgender neuer Satz 2 eingefügt: „Soweit die Flächen nach Satz 1 zulässigerweise anders verwendet werden, ist eine Bodenversiegelung zu vermeiden”31. Damit wird eine Rechtsgrundlage geschaffen, die, neben der Möglichkeit der Regelung eines Verbots in einer entsprechenden gemeindlichen Satzung, ein bauaufsichtliches Einschreiten gegen unzulässige Bodenversiegelung ermöglicht.

e.Brandwände, Art 28

Eine redaktionelle Klarstellung nimmt das Erste Modernisierungsgesetz in Art. 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 vor. Zum 1. August 2023 ist das Erfordernis der Gebäudeabschlusswand in den Gebäudeklassen 1 und 2 entfallen. Deshalb können diese beiden Gebäudeklassen nun auch in Art. 28 Abs. 3 Satz 2 entfallen.

Das Zweite Modernisierungsgesetz ändert Art. 28 Abs. 2 und Abs. 1032. In Absatz 2 wird der alternativ zur Errichtung einer Brandwand zulässige Abstand aus Absatz 2 Satz 1 übernommen und klargestellt, dass es auch der Anforderung nach einer Gebäudeabschlusswand in Trennwandqualität bei Gebäuden der Gebäudeklassen 1 und 2 nicht bedarf, wenn ein ausreichender Brandschutzabstand zu bestehenden oder künftig zulässigen Gebäuden gesichert ist. Die Neufassung von Absatz 10 eröffnet die Ausnahme von der Brandwandanforderung des Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 für seitliche Wände von Vorbauten nun auch für Vorbauten an Gebäuden der Gebäudeklassen 1 und 2. Da für sie die Anforderungen des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 nach „Brandwänden” oder „Wänden, die anstelle von Brandwänden zulässig sind” durch die BayBO Änderung 2023 nicht mehr greift, würden sie auch nicht mehr unter die Erleichterung des Absatz 10 von eben dieser Anforderung fallen. Diese Unschärfe wird durch die Neufassung beseitigt.

f.Dachflächenphotovoltaik, Art. 30

In Art. 30 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b) entfallen die Worte „nicht dachparallel installierte Solaranlagen”; in Nummer 2 werden die Worte „dachparallele Solaranlagen” gestrichen33. In der Konsequenz werden künftig dachparallele und nicht dachparallele Solaranlagen einheitlich behandelt. Diese Änderung trägt zur weiteren Erleichterung des Ausbaus erneuerbarer Energien bei.

g.Photovoltaikpflicht, Art. 44a

In Art. 44a Abs. 6 erfolgt eine Änderung, die die Vorschrift an das novellierte Gebäudeenergiegesetz anpasst. Eine inhaltliche Änderung ist damit nicht verbunden.

h.Aufstockung

Der neue eingefügte Art. 46 Abs. 634 soll die Aufstockung von Bestandsgebäuden zur Schaffung von Wohnraum erleichtern. In der Praxis bereitet immer wieder der durch ein Aufstocken verursachte Sprung der Gebäudeklasse Probleme: Stockt man ein Gebäude mit einer maximalen Höhe35 von 7 m um ein Geschoss auf, ist statt der bisherigen Gebäudeklasse 3 die Gebäudeklasse 4 maßgeblich36. Die Folge sind entsprechend erhöhte Anforderungen, insbesondere beim Brandschutz. Der neue Art. 46 Abs. 6 Satz 1 legt für diesen Fall fest, dass die Art. 25 bis 29, und 32 bis 34 nicht anwendbar sind. Art. 46 Abs. 6 Satz 2 regelt zudem, dass auch im Bereich der Aufstockung die Anforderungen an die bisherige Gebäudeklasse gelten37. Gerade die Vermeidung des Sprungs in der Gebäudeklasse bei der Aufstockung ist ein wesentlicher Punkt, der den Wohnungsbau erheblich erleichtert.

i.Stellplatzrecht

Auch im Stellplatzrecht vollzieht der Gesetzgeber mit dem Ersten Modernisierungsgesetz einen Systemwechsel38. Bis zum Inkrafttreten der Regelung zum 1. Oktober 2025 gilt im gesamten Freistaat die Pflicht, bei der Errichtung von Anlagen Stellplätze in ausreichender Zahl und Größe und in geeigneter Beschaffenheit herzustellen. Für Änderungen und Nutzungsänderungen gilt das Gleiche in Bezug auf den durch sie verursachten Mehrbedarf. Die Zahl der nachzuweisenden Stellplätze bestimmt sich nach der Anlage zur GaStellV, es sei denn, die Gemeinde hat durch Satzung auf der Grundlage von Art. 81 Abs. 1 Nr. 4 eine abweichende Stellplatzzahl festgelegt, Art. 47 Abs. 2 Satz 2.

Die Änderung im Stellplatzrecht durch § 13 des Ersten Modernisierungsgesetzes erfolgt, weil die aktuelle Diskussion über die Baukosten belegt, dass die Kosten für die herzustellenden Stellplätze einen wesentlichen Anteil der Baukosten ausmachen. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass viele Gemeinden, die über eine Stellplatzsatzung verfügen, hinsichtlich der Zahl der Stellplätze Abweichungen nach oben im Sinne eines Mehr an Stellplätzen anordnen.

Der neue Art. 4739 kommunalisiert die Pflicht des Stellplatznachweises. Eine Stellplatzpflicht besteht nur noch, wenn die Gemeinde dies in einer Stellplatzsatzung nach Art. 81 Abs. 1 Nr. 4 n. F. anordnet. Die Entscheidung, ob die Pflicht des Stellplatznachweises besteht, obliegt damit der Gemeinde und ist nicht mehr im staatlichen Recht geregelt. Erlässt eine Gemeinde eine Stellplatzsatzung, schreibt das staatliche Recht eine Obergrenze der Zahl notwendiger Stellplätze fest. Diese Obergrenze ist in der überarbeiteten Anlage zur GaStellV enthalten40. Die Gemeinden haben nur noch die Möglichkeit, die im staatlichen Recht festgeschriebenen Obergrenzen zu unterschreiten. Die bisher bestehende Möglichkeit, über die in der Anlage zur GaStellV genannten Zahlen hinauszugehen, wird gestrichen. In Art. 47 gestrichen wird auch die Regelung über die Art des Stellplatznachweises41. Die Gemeinden haben aber die gegenüber der bisherigen Regelung erweiterte Möglichkeit, die Art und Weise des Stellplatznachweises durch Satzung zu regeln, Art. 81 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c) n.F42. Enthält die künftige Stellplatzsatzung diesbezüglich keine Regelungen, bleibt es beim Stellplatznachweis auf dem Baugrundstück. Die Errichtung des Stellplatzes auf einem in der Nähe gelegenen Grundstück ist ebenso wie die Stellplatzablöse nur möglich, wenn dies durch Satzung bestimmt ist. Auch eine Stellplatzpflicht für den Fall der Änderung oder Nutzungsänderung von Anlagen besteht nur, wenn die Gemeinde dies durch Satzung angeordnet hat, Art. 81 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) n. F. Für Nutzungsänderungen oder Dachgeschossausbauten, die zu Wohnzwecken erfolgen, und die Aufstockung von Wohngebäuden, kann eine Stellplatzpflicht allerdings nicht angeordnet werden, Art. 81 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) Halbsatz 2 n. F.

Die Systemumstellung hat zur Folge, dass für bestehende Stellplatzsatzungen dem Grunde nach dasselbe gilt wie für bestehende Freiflächengestaltungssatzungen43. Eine Ausnahme sieht Art. 83 Abs. 5 Satz 2 jedoch für solche Stellplatzsatzungen vor, die gemäß Art. 81 Abs. 2 Satz 1 durch Bebauungsplan oder durch eine andere Satzung nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen wurden44. Sie gelten unabhängig von der festgelegten Zahl der Stellplätze fort, weil sie, anders als eigenständige Satzungen nach Art. 81 Abs. 1, Teil eines Gesamtkonzepts und das Ergebnis eines umfassenden Abwägungsprozesses sind. Diese Satzungen gelten allerdings nur so lange fort, bis eine Änderung des Bebauungsplanes oder der anderen Satzungen nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erfolgt, die ihren Regelungsinhalt berührt. Eine weitere Ausnahme sieht Art. 83 Abs. 5 Satz 2 für bestehende eigenständige Stellplatzsatzungen vor. Diese treten dann nicht außer Kraft, wenn sie die in der Anlage zur GaStellV festgelegte Höchstzahl nicht überschreiten. Dies ermöglicht es den Gemeinden, ihre bestehenden Satzungen innerhalb der Übergangsfrist so anzupassen, dass sie der neuen Ermächtigungsgrundlage entsprechen und somit fortgelten können.

Alternativ und sicher auch den Bauherrn gegenüber vorzugswürdig ist es aber, die Neuregelung zum Anlass zu nehmen, das jeweilige gemeindliche Stellplatzrecht auf neue Füße zu stellen. Erforderlich ist am Ende des Tages eine Satzung mit dem Inhalt: „In der Gemeinde X gilt eine Stellplatzpflicht nach Art. 47, 81 Abs. 1 Nr. 4 BayBO”. Auch für die Änderungen im Stellplatzrecht ist die großzügige Übergangsfrist von neun Monaten vorgesehen. Selbst wenn die Gemeinde ergänzende, das heißt von den staatlichen Vorgaben nach unten abweichende Stellplatzzahlen festlegt, sollte dieser Zeitraum ausreichen, um eine entsprechende, inhaltlich sinnvolle Regelung zu schaffen.

[…]
3.Fazit

In der Summe greifen die beiden Änderungsgesetze, soweit die BayBO betroffen ist, den Grundgedanken des Bürokratieabbaus auf. Dieses Anliegen wird sich aber nur wirklich umsetzen lassen, wenn die Gemeinden auch die durch die Änderungsgesetze nicht betroffenen Teile ihres Rechts darauf hin überprüfen, ob sie aktuell und tatsächlich notwendig sind. Jede Regelung, die inhaltliche Vorgaben macht, verursacht am Ende Vollzugsaufwand.

Den vollständigen Beitrag lesen Sie hier.