Recht Deutschland & Europa

An einer „unkritischen“ Beamtenschaft können Staat und Gesellschaft kein Interesse haben

nmann77 - stock.adobe.com

Treue- sowie Mäßigungspflicht, Grundlagen und ausgewählte Rechtsprechung

In den letzten Jahren ist die beamtenrechtliche Neutralitätspflicht wieder stärker in den Fokus gerückt. Sei es ein Richter, der auf aufgrund seiner Vergangenheit oder aufgrund von Facebook-Posts Fragen zu seiner Eignung provoziert – sei es ein Lehrer, der aufgrund politischen Agitierens in den Fokus rückt. Wahlerfolge vom Verfassungsschutz beobachteter beziehungsweise als gesichert rechtsextrem eingestufter sowie auch neuer Parteien des linken und rechten Spektrums werfen die Frage auf, inwieweit beamtenrechtliche Treuepflicht sowie beamtenrechtliche Mäßigungspflicht gelten und Beamte binden. Im Folgenden soll neben verschiedenen Grundlagen auch auf jüngst ergangene Rechtsprechung eingegangen werden und es sollen Überlegungen für Reformvorschläge geäußert werden.

I. Kompetenz

Die Kompetenz für das Beamtenrecht ist zwischen Bund und Ländern verteilt, was einerseits zu einer gewissen Unübersichtlichkeit der Rechtsquellen1, andererseits zu möglichen regionalen Abweichungen führen kann.

Der Bund hat nach Art. 73 Nr. 8 GG für die Bundesbeamten die ausschließliche und umfassende Gesetzgebungskompetenz2. Für Beamte der Länder, Gemeinden und anderer Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern hat der Bund gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 GG die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für die Statusrechte und -pflichten mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung, für die die ausschließliche Gesetzgebungszuständigkeit der Länder besteht3.

II. Verfassungsrechtliche Vorgaben

Grundlegende Regelungen für Beamte finden sich zunächst im Grundgesetz und in den Landesverfassungen, wobei durchaus Unterschiede bestehen können.

1. Grundgesetz

Als Basisnorm4 und „Beamtenartikel“5 regelt Art. 33 GG den Zugang zu öffentlichen Ämtern zum öffentlichen Dienst in Bund und Ländern. Dort heißt es:

„(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln“.

Es werden also die Eignung, Befähigung und fachliche Leistung in den Fokus der Stellenbesetzung gerückt (Art. 33 Abs. 2 GG). Weitere Kriterien, denen ein entsprechender Rang zukäme, kennt das Grundgesetz hingegen nicht; was unter diese Begriffe fällt, ist nicht abschließend und umfassend geklärt6.

Art. 33 Abs. 4 GG normiert, dass die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen ist, die in einem öffentlich- rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen. Art. 33 Abs. 5 GG verweist schließlich darauf, dass das Recht des öffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln ist. Die verfassungsrechtliche Norm des Art. 33 GG hat dabei auch in Landesverfassungen entsprechende Normierung gefunden, ohne dass diese wie auch Art. 33 GG nähere Einzelheiten enthalten.

Durch die in Art. 33 Abs. 2 GG enthaltenen Trias an Kriterien7 sind alle öffentlichen Verwaltungen von Bund und Ländern gehalten, Stellen im Rahmen des Anwendungsbereichs der Norm „nach Maßgabe des Bestenauslesegrundsatzes zu besetzen“ 8: Nach ständiger Rechtsprechung erfasst der Begriff der Befähigung die allgemein für die dienstliche Verwendung bedeutsamen Eigenschaften wie Begabung, Allgemeinwissen, Lebenserfahrung und allgemeine Ausbildung; fachliche Leistung zielt auf die Arbeitsergebnisse des Beamten bei Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben, auf Fachwissen und Fachkönnen ab; Eignung im engeren Sinne erfasst schließlich Persönlichkeit und charakterliche Eigenschaften und auch gesundheitliche Eignung9.

Unzweifelhaft bedarf es über die körperliche und intellektuelle Eignung hinaus noch weiterer persönlicher Eignung des Bewerbers, die auch in der Eignung gerade für ein bestimmtes Amt (bspw. mit Publikumsverkehr) bestehen kann10. Darüber hinaus beinhaltet Eignung daher im weiteren Sinne, die Fähigkeit und die innere Bereitschaft, die dienstlichen Aufgaben nach den Grundsätzen der Verfassung wahrzunehmen, insbesondere die Freiheitsrechte der Bürger zu wahren und rechtsstaatliche Regeln einzuhalten“11. Keine anerkannt relevanten oder berücksichtigbaren Kriterien sind politische Überzeugungen oder die Zugehörigkeit zu politischen Organisationen – ihnen steht im Auswahlprozess vielmehr grundsätzlich das Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG entgegen12.

Aus Art. 33 Abs. 4 GG lässt sich folgern, dass das Beamtenverhältnis mehr ist als ein zivilrechtlicher Arbeitsvertrag zwischen Arbeitgeber und Angestellten, da explizit auf den öffentlich- rechtlichen Charakter verwiesen wird13. Der besondere öffentlich- rechtliche Charakter des Beamtenverhältnisses erklärt sich aus der Organstellung des Beamten als Amtswalter. Prägend für das öffentlich-rechtliche Dienst- und Treueverhältnis ist seine Ausrichtung auf ein verantwortliches, verfassungs- und gesetzeskonformes sowie neutrales Verwaltungshandeln, worin die statusrechtliche Absicherung des Beamten ihre sachliche Rechtfertigung findet. Konstitutiv ist insbesondere die beiderseitige Treue als Hauptpflicht14.

Der Inhalt der durch Art. 33 Abs. 5 GG hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums kann unterschiedlich ausfallen – je nach konkreter Tätigkeit und Dienstherr; auch existiert kein feststehender, abschließender Katalog der so definierten Grundsätze des Berufsbeamtentums15. Das BVerfG hat die hergebrachten Grundsätze als Kernbestand von Strukturprinzipien definiert, die allgemein oder doch ganz überwiegend und während eines längeren, Tradition bildenden Zeitraums, mindestens unter der Reichsverfassung von Weimar, als verbindlich anerkannt und gewahrt worden sind16. Erfasst sind allerdings nur diejenigen Grundsätze, die nicht hinweggedacht werden können, ohne dass damit zugleich die Einrichtung selbst in ihrem Charakter grundlegend verändert würde17.

Zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gehört nach allgemeiner Ansicht auch die Regelung des Beamtenverhältnisses durch Gesetz18, wobei dem Gesetzgeber ein erheblicher Gestaltungsspielraum eingeräumt wird und die Meinungen darüber, was im Einzelnen ein hergebrachter Grundsatz ist, recht unterschiedlich ausfallen19.

Zur Beendigung eines öffentlichen Amts wird hingegen im Grundgesetz keine Aussage getroffen. Sie soll aber als actus contrarius von Art. 33 Abs. 2 GG erfasst werden20, mithin Eignung, Befähigung und fachliche Leistung, wobei diese keinen Entlassungsgrund bilden, wenn sie unterhalb der Schwelle der Dienstunfähigkeit bleiben21. In Betracht kommt dabei insbesondere die mangelnde Eignung – gesundheitlicher, aber auch persönlicher Natur –, die die Möglichkeit zum Entzug der Beamtenrechte bietet. Jedoch wird Näheres dazu durch die Grundsätze des Berufsbeamtentums und den Gesetzgeber geregelt.

2. Eine kurze Entstehungsgeschichte der beamtenrechtlichen Regelungen im Grundgesetz

Das Berufsbeamtentum und die darauf abzielenden Regelungen entwickelten sich erst im 18. Jahrhundert. So beinhaltete der zweite Teil des Allgemeinen Landrechts für die preußischen Staaten von 1794 insbesondere ab § 68 des zehnten Titels (Von den Rechten und Pflichten der Diener des Staats) Regelungen zu den Civilbeamten – insbesondere werden die Eignung, Ernennung und Entlassung derselben sowie ihre Rechte und Pflichten geregelt. § 104 lautet beispielsweise:

„Civilbediente [= Alle Beamte des Staates, welche zum Militairstande nicht gehören, § 68] werden in ihren Privatangelegenheiten nach eben den Gesetzen und Rechten, wie andre Bürger des Staats, beurtheilt“.

Nach § 337 des zwanzigsten Titels (Von den Verbrechen und deren Strafen) enthalt weiterhin Regelungen, wann Verbrechen, die mit dem übertragenen Amt nicht in Beziehung stehen, zu einer Entfernung aus dem Dienst fuhren.

Das Gesetz, betreffend die Verfassung des Deutschen Reichs22 vom 16. April 1871, enthielt zu den Reichsbeamten im Wesentlichen folgende Regelung in Art. 18:

„Der Kaiser ernennt die Reichsbeamten, läßt dieselben für das Reich vereidigen und verfügt erforderlichen Falles deren Entlassung.

Den zu einem Reichsamte berufenen Beamten eines Bundesstaates stehen, sofern nicht vor ihrem Eintritt in den Reichsdienst im Wege der Reichsgesetzgebung etwas Anderes bestimmt ist, dem Reiche gegenüber diejenigen Rechte zu, welche ihnen in ihrem Heimathslande aus ihrer dienstlichen Stellung zugestanden hatten“.

Das anschließend erlassene Reichsbeamtengesetz vom 31. Marz 187323 galt nur für die relativ wenigen Reichsbeamten und nicht fur die Landesbeamten. Beamtenrechtliche Regelungen der Lander blieben von seinem Inkrafttreten unberuhrt24.

In § 2 Reichsbeamtengesetz wurde das Lebenszeitprinzip der Beamten geregelt, und § 10 enthielt die Verpflichtung des Reichsbeamten, „das ihm übertragene Amt der Verfassung und den Gesetzen entsprechend gewissenhaft wahrzunehmen und durch sein Verhalten in und außer dem Amte der Achtung, die sein Beruf erfordert, sich würdig zu zeigen“. § 72 Reichsbeamtengesetz normierte schließlich, dass ein Reichsbeamter, welcher die ihm obliegenden Pflichten (§ 10) verletzt, ein Dienstvergehen begehe und aus dem Dienst entfernt werden könne.

Die Weimarer Reichsverfassung (WRV) hatte dann ab Art. 128 ausführliche Regelungen zu den Beamten getroffen. So lautete Art. 128 WRV:

„Alle Staatsbürger ohne Unterschied sind nach Maßgabe der Gesetze und entsprechend ihrer Befähigung und ihren Leistungen zu den öffentlichen Ämtern zu zulassen. Alle Ausnahmebestimmungen gegen weibliche Beamte werden beseitigt. Die Grundlagen des Beamtenverhältnisses sind durch Reichsgesetze zu regeln“.

Weiterhin enthielt – im Hinblick auf den vorliegenden Untersuchungsgegenstand – Art. 130 WRV folgende Regelung:

„Allen Beamten wird die Freiheit ihrer politischen Gesinnung und die Vereinigungsfreiheit gewährleistet“.

Die einschlägige Kommentarliteratur begründete diese ausdrückliche Freiheitsbekundung wie folgt25:

„Die Beamten sind Diener des Staates, der Gesamtheit, nicht Diener einer Partei oder der herrschenden Partei. Daher wird ihnen die Freiheit ihrer politischen Gesinnung und die Vereinigungsfreiheit gewährleistet (Art. 130)“.

Es wurde in Bezug auf die politische Mäßigung folgende aus dem Treuegebot hergeleitete Vorgabe gemacht26:

„In dieser Treueverpflichtung liegt bei voller Wahrung der Freiheit der politischen Gesinnung und der Vereinigungsfreiheit, welche die Verfassung den Beamten zusichert, die Pflicht zur Unterlassung aller politischen Betätigungen, die der Verfassung und den Reichsgesetzen zuwiderlaufen, jedoch nur innerhalb der amtlichen Tätigkeit“.

Die Weimarer Reichsverfassung unterschied danach bezüglich der Verfassungstreuepflicht klar zwischen dem Beamten als Amtsträger einerseits und dem Beamten als Privatperson andererseits. Dennoch beschloss das Preußische Staatsministerium der Justiz 1930, dass nach der Entwicklung, die die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei und die Kommunistische Partei Deutschlands genommen hatten, beide Parteien als Organisationen anzusehen seien, deren Ziel der gewaltsame Umsturz der bestehenden Staatsordnung ist. Ein Beamter, der an einer solchen Organisation teilnehme, sich für sie betätige oder sie sonst unterstutze, verletze dadurch die aus seinem Beamtenverhältnis sich ergebende besondere Treuverpflichtung gegenüber dem Staate und mache sich eines Dienstvergehens schuldig. Allen Beamten sei demnach die Teilnahme an diesen Organisationen, die Betätigung für sie oder ihre sonstige Unterstützung verboten27. Diese Verfugung wurde jedoch zwei Jahre später wieder aufgehoben – jedenfalls die NSDAP betreffend28.

In der Zeit des Nationalsozialismus wurde schließlich einfachgesetzlich die Treueverpflichtung explizit auf Adolf Hitler erstreckt29. Mit § 1a Gesetz zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet des allgemeinen Beamten-, des Besoldungs- und Versorgungsrechts vom 30. Juni 1933 (RGBl. I, S. 433) wurde das Weimarer Verständnis des Beamtentums wesentlich geändert.

So lautet § 1a Abs. 1:

„Als Reichsbeamter darf nur berufen werden, wer die für seine Laufbahn vorgeschriebene oder übliche Vorbildung oder sonstige besondere Eignung für das ihm zu übertragende Amt besitzt und die Gewähr dafür bietet, daß er jederzeit ruckhaltlos für den nationalen Staat eintritt“.

[…]
V. Fazit

Die Verfassungstreuepflicht von Beamten ist ein historisch gewachsener, anerkannter Grundsatz des hergebrachten Berufsbeamtentums, der stets einem Wandel unterlag. Hierin wird nicht zuletzt auch die unterschiedliche Stellung des Beamten im Staatsapparat und das gewandelte Verständnis der Staatlichkeit deutlich. So sind die aktuell geltenden rechtlichen Vorgaben nur vor dem Hintergrund der Erfahrungen aus der nationalsozialistischen Terrorherrschaft zu verstehen.

Die Mitgliedschaft eines Beamten in einer Partei, die nach ihren Zielen und dem Verhalten ihrer Anhänger die Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung anstrebt und stattdessen auf eine Ersetzung der bestehenden Verfassungsordnung durch einen an der ethnischen „Volksgemeinschaft“ ausgerichteten autoritären „Nationalstaat“ zielt, ist ausreichend für eine Entlassung des Beamten und auch zulässiger Grund gegen die Verbeamtung eines Anwärters.

Hingegen durfte allein die bloße Mitgliedschaft in einer vom Verfassungsschutz beobachteten Parteien alleine nicht ausreichend für den Entzug der Beamtenrechte sein – sofern keine weiteren Umstände hinzukommen. Erforderlich wäre dafür ein Ag(it)ieren gegen den Staat oder Äußerungen des Beamten, die sich als Distanzierung zum Staat selbst verstehen lassen. Bei Beamtenbewerbern hingegen durfte diese bloße Mitgliedschaft ausreichender Grund gegen eine Ernennung sein, sofern keine klare Differenzierung zur Partei erfolgt, wobei stets die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind.

Dabei ist jedoch stets auch zu beachten, dass das dem Verhaltnismäßigkeitsprinzip immanente Postulat der Erforderlichkeit eine Differenzierung innerhalb des beamtenrechtlichen Dienstverhältnisses nach dem jeweils zu besetzenden Amt und dem konkret zu erfüllenden Aufgabenbereich verlangt (funktionsbezogene Verfassungstreuepflicht). So sollen an Beamte des höheren Dienstes objektiv höhere Anforderungen an die Verfassungstreue zu stellen sein als an Beamte des mittleren, gehobenen oder einfachen Dienstes und kann innerhalb dieser Dienstgruppen nach dem konkreten Amt und dem jeweiligen Aufgabenkreis weiter zu differenzieren sein.

Nur soweit das jeweilige Amt und die konkret betroffene Funktion auf einen loyalen, pflichttreuen, dem Staat und seiner verfassungsmäßigen Ordnung innerlich verbundenen Beschäftigten objektiv angewiesen ist, ist der damit verbundene Eingriff in die Grundrechte des Bewerbers beziehungsweise die darin liegende Benachteiligung im Sinne des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG verfassungsrechtlich gerechtfertigt.

Effektiv bedeutet die aktuelle Rechtslage im Zusammenhang mit der charakterlichen Eignung von Beamten, dass diesen – wie auch schon in der Weimarer Republik – im Privaten die gleichen grundrechtlichen Freiheiten zukommen wie jedem anderen Bundesburger. Wenn ein Beamter diese jedoch nutzt, kann es zu dienstlichen Folgewirkungen kommen – soweit die Ausübung der Grundrechte Ruckschlusse auf seine charakterliche Eignung zulassen. Hier bieten sich verschiedene Leitlinien fur die Beurteilung der charakterlichen Eignung an.

1. Differenzierung nach Qualifikationsebene des Beamten

Eine erste Differenzierung konnte die Qualifikationsebene sein, sodass beispielsweise an Beamte des höheren Dienstes objektiv höhere Anforderungen an die Verfassungstreue und Mäßigungspflicht zu stellen sind als an Beamte des mittleren, gehobenen oder einfachen Dienstes.

2. Differenzierung nach öffentlicher Sichtbarkeit des Beamten

Zudem konnte auch nach entsprechender Differenzierung der Qualifikationsebene innerhalb dieser Dienstgruppen nach dem konkreten Amt und dem jeweiligen Aufgabenkreis zu differenzieren sein, wobei es auch auf die öffentliche Sichtbarkeit des Amtsträgers ankommen kann. Beispielsweise wird ein kommunaler Beamter, der als Ansprechpartner für Burgerinnen und Burger vor Ort zur Verfügung steht, anders zu betrachten sein als ein „im stillen Kammerlein“ tätiger Steuerbeamter.

3. Differenzierung nach dem Verhalten des Beamten

Zuletzt muss nach dem Verhalten des Beamten differenziert werden, das den Anknüpfungspunkt für die Bewertung der charakterlichen Eignung darstellt: Unproblematisch lasst aktives, gegen die Grundwerte des Grundgesetzes gerichtetes Verhalten des Beamten im Dienst, aber auch im Privaten einen Ruckschluss auf die charakterliche Eignung zu. Bei der bloßen Zugehörigkeit zu einer Gruppierung, die den Grundwerten des Grundgesetzes feindselig gegenübersteht, ist weiter zu unterscheiden: Ist die Gruppierung vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrige Partei eingestuft? Welche Rolle nimmt der Beamte in der Organisation ein? Wirkt sich die Zugehörigkeit auf die Ausübung seiner Tätigkeit aus?

 

1 Vgl. Reich in Reich (Hrsg.), BeamtStG, 3. Aufl. 2018, Einführung Rn. 7.

2 Für Soldaten greift hingegen vorrangig Art. 73 Abs. 1 Nr. 1 Var. 2 GG, für Bundesrichter geht Art. 98 Abs. 1 GG vor, vgl. Seiler in Epping/Hillgruber (Hrsg.), BeckOK Grundgesetz, Art. 73 (Stand: 15.01.2024) Rn. 37.

3 Vgl. Holzner in PdK Bayern, Verfassung des Freistaates Bayern, 4. Aufl. 2017, Art. 94 Rn. 3; Wittreck in Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 3. Aufl. 2015, Art. 73 Rn. 133 spricht von einer „Kernkompentenz“ des Bundes.

4 Vgl. Lecheler in Isensee/Kirchhof Handbuch des Staatsrechts, Band V, 3. Aufl. 2007, § 110 Rn. 6; BT, Wissenschaftliche Dienste, Stellenbesetzung im öffentlichen Dienst, WD 6 – 3000 – 062/23 v. 24.07.2023.

5 Vgl. Badura in Dürig/Herzog/Scholz (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 33 (Stand: August 2019) Rn. 1.

6 Vgl. Leisner in Sodan (Hrsg.), Beck’sche Kompakt-Kommentare. Grundgesetz, Art. 33 Rn. 8.

7 Vgl. weitergehend dazu etwa Hense in Epping/Hillgruber (Hrsg.) BeckOK Grundgesetz, Art. 33 (Stand: 15.01.2024) Rn. 15.

8 BVerfG, B.v. 07.03.2013 – 2 BvR 2582/12 – NVwZ 2013, 1603/1604 Rn. 15. Vgl. auch BVerwG, B.v. 15.02.1990 – 1 WB 36/88 – NVwZ 1990, 489.

9 Vgl. BVerwG, U.v. 26.09.2012 – 2 C 74/10 – NVwZ 2013, 80/82 Rn. 20; Battis in Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, 9. Aufl. 2021, Art. 33 Rn. 29.

10 Vgl. BVerwG, U.v. 06.02.1975 – II C 68/73 – NJW 1975, 1135/1137.

11 Vgl. BVerfG, U.v. 08.07.1997 – 1 BvR 1243/95, 1 BvR 1247/95, 1 BvR 744/96 – NJW 1997, 2312.

12 Vgl. Brosius-Gersdorf in Dreier, (Hrsg.), Grundgesetzkommentar, 3. Aufl. 2015, GG Art. 33 Rn. 102 m. w. N.

13 Vgl. Hofmann in Görres-Gesellschaft (Hrsg.), Staatslexikon, Band 4, 8. Aufl. 2020, Stichwort: Öffentlicher Dienst; so bereits zur Rechtslage der Weimarer Reichsverfassung A. Köttgen, Das deutsche Berufsbeamtentum und die parlamentarische Demokratie, 1928, S. 140.

14 Vgl. C. Heyland, Das Berufsbeamtentum im neuen demokratischen deutschen Staat, 1949, S. 25 ff., der vom Beamten als „Repräsentant der Staatsidee“ spricht; Herrmann in Herrmann/Sandkuhl, Beamtendisziplinarrecht, Beamtenstrafrecht, 2. Aufl. 2021, Rn. 920; Kaiser in Huber/Voßkuhle (Hrsg.), Grundgesetz, 8. Aufl. 2024, Art. 33 Rn. 30. Vgl. auch. R. Balzer, Republikprinzip und Berufsbeamtentum, 2009, vertritt sogar die Auffassung, das Berufsbeamtentum sei als wesentlicher Bestandteil des Republikprinzips anzusehen und daher sogar dem Zugriff des verfassungsändernden Gesetzgebers entzogen. Badura in Dürig/Herzog/Scholz (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Art. 33 (Stand: August 2019) Rn. 50, sieht Art. 33 Abs. 5 GG als Institutsgarantie des Berufsbeamtentums.

15 Vgl. Battis in Battis (Hrsg.), Bundesbeamtengesetz, 6. Aufl. 2022, § 4 Rn. 13; Brosius-Gersdorf in Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 3. Aufl. 2015, Art. 33 Rn. 178.

16 Vgl. BVerfG, B.v. 02.12.1958 – 1 BvL 27/55 – NVwZ 1959, 189.

17 Vgl. Domgörgen in Hömig/Wolff (Hrsg.), Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 13. Aufl. 2022, Art. 33 Rn. 18.

18 Vgl. Brosius-Gersdorf in Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 3. Aufl. 2015, Art. 33 Rn. 179.

19 Vgl. Battis in Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, 9. Aufl. 2021, Art. 33 Rn. 70; Battis, Rn. 73 m. w. N. sowie Battis in Battis (Hrsg.), Bundesbeamtengesetz, 6. Aufl. 2022, § 4 Rn. 15 verweist für einen Grundkatalog auch auf entsprechende Entscheidungen des BVerfG: das Beamtenverhältnis als besonderen Status, die Einstellung grundsätzlich auf Lebenszeit, die die Vergabe von Ämtern in leitender Funktion im Beamtenverhältnis auf Zeit ausschließt, sowie die hauptberufliche Bindung, das Leistungsprinzip, das Alimentationsprinzip, das Abstandsgebot zwischen den Besoldungsgruppen, das Laufbahnprinzip, das Streikverbot, das Recht auf amtsangemessene Amtsbezeichnung, das Verbot, unfreiwillig ständig mit unterwertigen Aufgaben betraut zu werden, die parteipolitische Neutralität des Beamten, die Verfassungstreuepflicht des aktiven wie des Ruhestandsbeamten, die Verknüpfung von Status und Funktion, die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit, das Haftungsprivileg des Beamten, die Berücksichtigung des durch Beförderung erworbenen Status bei einer Neuregelung der Besoldung, einschließlich des Abstandsgebotes gegenüber sozialen Transferleistungen den Anspruch auf amtsangemessene Besoldung und Versorgung, dass in der Lebenswirklichkeit die Beamten sich für ihre Familie, ohne Rücksicht auf deren Größe, „annähernd das Gleiche leisten“ können, den Grundsatz der Gesetzesbindung der Besoldung und Versorgung, die Berechnung der Versorgungsbezüge des Beamten auf der Grundlage der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge seines letzten Amtes, die Regelung jeder Beendigung des Beamtenverhältnisses unmittelbar durch Gesetz, die Fürsorgepflicht des Dienstherrn, die grundsätzliche Alleinentscheidungsbefugnis der vorgesetzten Dienstbehörde in Personalangelegenheiten.

20 Vgl. Jarass in Jarass/Pieroth (Hrsg.), Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 18. Aufl. 2024, Art. 33 Rn. 14.

21 Schick, Zwischenbilanz in Sachen „Verfassungstreue” der Beamten, NVwZ 1982, 161/165 konnotiert: „Einen Trottelparagraphen kennt das geltende Recht nicht, auch nicht einen politischen Trottelparagraphen“.

22 Vgl. Deutsches Reichsgesetzblatt, Band 1871, Nr. 16, S. 63 ff.

23 Vgl. Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1873, Nr. 10, Seite S. 61 ff.

24 Vgl. Voitl in Brinktrine/Voitl (Hrsg.), BeckOK Beamtenrecht Bayern, Rn. 17 (Stand: 01.04.2024).

25 O. Meißner, Das Staatsrecht des Reichs und seiner Länder, 1923, S. 281.

26 O. Meißner, Das Staatsrecht des Reichs und seiner Länder, S. 283.

27 Vgl. Allgemeinverfügung des Preußischen Justizministers v. 25.06.1930 – I 10237, Justizministerialblatt 1930, 220.

28 Vgl. Damkowski/Lothar, Verfassungstreue, Staatstreue, Regierungstreue, APuZ 16/1985, 18 (25), einen B.v. 27.07.1932 zitierend: „Der Beschluß des Staatsministeriums vom 25. Juni 1930 über die Teilnahme von Beamten an der nationalsozialistischen deutschen Arbeiterpartei und der kommunistischen Partei Deutschlands (…) wird, soweit er sich auf die nationalsozialistische deutsche Arbeiterpartei bezieht, hierdurch aufgehoben“.

29 Vgl. § 2 Gesetz über die Vereidigung der Beamten und der Soldaten der Wehrmacht vom 20.08.1934, RGBl. 1934 I, 785: „1. Der Diensteid der öffentlichen Beamten lautet: „Ich schwöre: Ich werde dem Führer des Deutschen Reiches und Volkes Adolf Hitler treu und gehorsam sein, die Gesetze beachten und meine Amtspflichten gewissenhaft erfüllen, so wahr mir Gott helfe.“; § 1 Abs. 1 Deutsches Beamtengesetz v. 26.01.1937: „Der deutsche Beamte steht zum Führer und zum Reich in einem öffentlichrechtlichen Dienst- und Treueverhältnis (Beamtenverhältnis)“.

[…]

Den vollständigen Beitrag lesen Sie hier.