Gesetzgebung

Bayerischer Städtetag: Die vielen Beteiligten am Großprojekt Energiewende brauchen Klarheit

©pixelkorn - stock.adobe.com

„In Deutschland gibt es derzeit nicht nur eine, sondern 17 Energiewenden – eine auf Bundesebene und 16 auf Länderebene. Dies führt zu einem politischen Gezerre, das sich bislang noch nicht mit hochkarätigen Gipfeltreffen beheben ließ„, sagt der zweite stellvertretende Vorsitzende des Bayerischen Städtetags, Ismanings Bürgermeister Michael Sedlmair.

Sedlmair weiter: „Die vielen Beteiligten am Großprojekt brauchen Klarheit: Der Bund muss zusammen mit Ländern, Kommunen, Stadtwerken und Energieversorgern ein Gesamtkonzept für die Energiewende erarbeiten.“

Die Energiewende benötigt ein integriertes Energiemarktdesign, das einen Ausgleich zwischen wirtschaftlichen und ökologischen Belangen schafft, die Versorgung sichert und den Strom bezahlbar hält.

Sedlmair: „Die Energiewende stellt drei Herkulesaufgaben: Erstens der Ausstieg aus der Atomkraft und der Ausbau von regenerativen Energieformen. Zweitens ein strukturelles Umsteuern von einer zentralen Versorgung mit Atomkraftwerken zur dezentralen Versorgungsstruktur mit Kraftwerken, die Sonne, Wind, Wasser, Biogas, Biomasse oder Geothermie nutzen.“

Bislang lieferten einige zentrale Kraftwerke die Grundlast über ein Einbahnnetz für das ganze Land, nun muss das Stromnetz mehrspurig in ein fein differenziertes Nervensystem erweitert werden, das viele dezentrale Versorger flexibel einbindet. Dies ist eine Herausforderung für das Stromnetz und die Netzsteuerung.

Sedlmair: „Drittens bringt die Dezentralität eine Herausforderung für die Raumordnung: Neue Strukturen für Kraftwerke und Netze müssen geplant sein, wir brauchen neue Speicherkapazitäten, Netzausbau und Netzumbau. Landesplanung und Regionalplanung müssen auf eine sinnvolle und effiziente Bündelung von Windkraftanlagen, großflächige Photovoltaik oder den Bau von Pumpspeicherkraftwerken achten. Diese Lastenteilung ist eine enorme Herausforderung.“

Die Eckpunkte zur Raumordnung müssen sich in das Landesentwicklungsprogramm fügen.

Sedlmair: „Die Energiewende darf nicht allein den Marktkräften überlassen werden. Energiewirtschaft in Deutschland war nie dem reinen Wettbewerb überlassen. Ohne Planung geht es nicht. Das Energiemarktdesign wird eine Mischung aus Markt und Staat sein, eine Mischung aus Marktinstrumenten, fördernden Anreizen und regulierenden Gesetzen.“

Zur Umsetzung der Energiewende ist auch der Freistaat Bayern gefordert.

Sedlmair: „Ein Masterplan muss für die künftige Energieversorgung Bayerns verlässliche Rahmenbedingungen schaffen. Ziele müssen definiert, Meilensteine und Verantwortliche müssen bestimmt werden.“

Bund und Länder müssen zusammenwirken, um einen Kapazitätsmarkt zu schaffen, der Marktanreize für flexible Kapazitäten schafft: Aus Sonne und Wind fließen zu Spitzenzeiten – gerade mittags – Strommengen, die keinen Verbraucher finden.

Sedlmair: „Eine Kernfrage der Energiewende: Wer springt bei Dunkelheit und Flaute mit Strom ein? Nicht speicherbare Überkapazitäten sind eine betriebswirtschaftliche und volkswirtschaftliche Gefahr. Wenn keine Sonne scheint oder kein Wind weht, brauchen wir wirtschaftliche, umweltverträgliche und grundlastfähige Kraftwerke. Wir müssen flexibel auf Strom aus Wasser, Gas, Biogas, Biomasse und Geothermie ausweichen können.“

Die Gemeindewerke Ismaning beteiligen sich über die Energieallianz Bayern an Windparkanlagen in der Oberpfalz und in Sachsen-Anhalt. Die Energieallianz Bayern besteht derzeit aus 32 mittleren kommunalen Versorgungsunternehmen: Der Zusammenschluss setzt auf regenerative Energie; aktuell ist ein Pumpspeicherwerk in der Walchenseeregion unterhalb des Jochbergs in der Diskussion. Der Ursprung der Energieallianz Bayern liegt im Jahr 2009, als ein Zusammenschluss kommunaler Energieversorger sich das ehrgeizige Ziel gesetzt hatte, dem Energiekonzern Eon Wasserkraftwerke am Inn abzukaufen – das Projekt ist damals wegen der hohen Kosten knapp gescheitert, wurde dann in anderer Form realisiert.

Sedlmair: „Wenn sich Kleine und Mittlere zusammenschließen, können sie bei der regenerativen Stromversorgung unabhängiger von den Widrigkeiten der wechselhaften Strommärkte werden. Nur im Zusammenschluss lässt sich so viel Wissen und Finanzkraft bündeln, um ein großes Vorhaben zu schultern.“

Die Gemeinde Ismaning hat sich bewusst für einen Ausbau der Gemeindewerke und für eine Übernahme von Aufgaben der Daseinsvorsorge entschieden: Im Jahr 2000 haben die Gemeindewerke die Stromversorgung und 2005 die Gasversorgung übernommen.

Sedlmair: „Die interkommunale Zusammenarbeit mehrerer Kommunen öffnet einen Weg, um einen großen Sprung zur regenerativen Energiegewinnung zu schaffen.“

Bayerischer Städtetag, PM v. 17.05.2013