Selten erinnern die Vor-Worte eines in einer juristischen Fachzeitschrift anzuzeigenden Werkes an das Vorspiel auf dem Theater. Auch der Stoff ist durchaus faust’scher Prägung, geht es doch um nichts weniger als ein Bündnis zwischen Geist (Autor) und Kapital (Verleger).
Dass ein solches Werk seinen Platz hier finden mag, liegt zum einen an den universellen Fragen im Verhältnis zwischen Autor und Verleger, die mit heiterer Ernsthaftigkeit behandelt werden und einen seltenen Einblick in das Innenleben der jeweiligen Spezies gewähren; zum anderen liegt es daran, dass es zwei Grandseigneurs der rechtswissenschaftlichen Fachliteratur sind, die diesen Einblick gewähren: Der eine, Ingo von Münch, bestens ausgewiesen als Herausgeber und Autor rechtswissenschaftlicher Standardwerke, der andere, Georg Siebeck, als Verleger eines anspruchsvollen rechtswissenschaftlichen Verlagsprogramms.
Den Vor-Worten ist eine wesentliche Motivation zur Entstehung des Werkes zu entnehmen: Der Verleger möge öffentlich Rede und Antwort stehen zu den kritischen Fragen, die einem Autor am Herzen liegen. Davon gibt es einige. Die Art und Weise, wie die Verfasser sodann mit einem „Klassiker“ das Spiel eröffnen (von Münch: Ist es sinnvoll, ein Buch in einer kleinen Auflage zu einem hohen Preis herauszubringen anstatt umgekehrt in einer höheren Auflage zu einem geringeren Preis? – Siebeck: Gegenfrage: Ist es sinnvoll, eine Untersuchung über „Das völkerrechtliche Delikt in der modernen Entwicklung der Völkerrechtsgemeinschaft“ überhaupt zu veröffentlichen?) lässt auf beste Unterhaltung hoffen. Der Leser wird nicht enttäuscht. So erfährt man unter anderem von einer besonders hinterhältigen (dabei ebenso liebenswürdigen) Art, den Autor an einen längst verstrichenen Manuskript-Abgabetermin zu erinnern, oder die Antwort des Verlegers auf die Frage, ob er sich denn als Verleger oder als Eichhörnchen sehe, das Bücher wie Nüsse für den nächsten und übernächsten Winter verstecke, anstatt sie zu verkaufen – mit den Themen „Manuskriptabgabe“ und „Werbeaufwand“ sind dabei weitere „Klassiker“ des Literaturbetriebs angesprochen.
Das Büchlein bietet jedoch weit mehr als eine unterhaltsame und geistreiche Abhandlung universeller Fragen im Verhältnis zwischen Autor und Verleger. In zwei umfänglich nahezu identischen Teilen – Teil I: Der Autor und seine Verlage (von Münch); Teil II: Der Verlag und seine Autoren (Siebeck) – schildern die Verfasser ihre Erfahrungen im Umgang mit Angehörigen der jeweils anderen Kaste. Einher gehen diese exemplarischen Schilderungen mit einem Nachdenken über die eigene Rolle wie auch über das publizistische Umfeld des (juristischen) Literaturbetriebs in jeweils sieben Kapiteln: 1. Kapitel – Der Autor: Einer von vielen (von Münch); Die Annäherung: Wie kommen Autor und Verlag zusammen? (Siebeck). 2. Kapitel – Die Auswahl des Verlages und Verlagswechsel: Kriterien (von Münch); Die Paten und die guten Geister: Herausgeber und Gutachter (Siebeck). 3. Kapitel – Der Verlagsvertrag: Formular oder Diktat? (von Münch); Das (fast) Unmögliche: Der Vertrag zwischen Geist und Kapital (Siebeck). 4. Kapitel – Die Ablieferung des Manuskripts: Postsendung oder Zeremonie? (von Münch); Die Form: Wie groß, wie fest und wie gesetzt? (Siebeck). 5. Kapitel – Die Lektoren: notwendig oder überflüssig? (von Münch); Der Preis: Ein Blick in die Rechenstube des Verlages (Siebeck). 6. Kapitel – Tribut an die Zeit: Der alternde Autor und veraltete Bücher (von Münch); Das Trommeln im Getöse: Aufmerksamkeit um (fast) jeden Preis (Siebeck). 7. Kapitel – Das Hin und Her: Briefwechsel zwischen Autor und Verlag (von Münch); Das Umfeld: Schriftenreihen und Verlagsgebiete (Siebeck).
Lesenswert ist all das nicht nur, weil beide Verfasser als Grandseigneur ihres jeweiligen Standes an einem reichhaltigen Erfahrungsschatz teilhaben lassen, sondern auch, weil es erfrischend unprätentiös und unterhaltsam geschrieben ist, ernsthaft zwar und pointiert, jedoch mit heiter reflektiertem Abstand zum eigenen Sein und Wirken.
Wollte man (reichlich kleingeistig) einen Makel finden, so könnte man allenfalls den Titel anführen: „Der Autor und sein Verleger“ erschiene angesichts der persönlichen Verbundenheit und Wertschätzung, wie sie hier zutage tritt, passender. Ein Vorhalt könnte auch daraus nicht erwachsen: Dieser Titel ward bereits geschützt.
Fazit: Das Buch ist ein großes Lesevergnügen – für all jene, die bereits Teil des Literaturbetriebes sind, wie auch für jene, die wagen wollen, es zu werden.
Ingo von Münch/Georg Siebeck, Der Autor und sein Verlag, Mohr Siebeck, Tübingen 2013, IX, 192 Seiten, ISBN 978-3-16-152790-6, € 19,00
Ass. iur. Klaus Kohnen; Logo BayVBl.: (c) Richard Boorberg Verlag
Redaktioneller Hinweis: Die Rezension ist zuerst erschienen in Heft 7 der Bayerischen Verwaltungsblätter (BayVBl. 2015, 252). Herzlichen Dank dem Richard Boorberg Verlag für die Möglichkeit, sie hier in redigierter Fassung zu veröffentlichen.
Net-Dokument BayRVR2015042701