Maly zur Aufnahme und Integration von Flüchtlingen und Asylbewerbern: Bayerns Kommunen können Integration, aber das funktioniert nicht zum Nulltarif
Ohne den kommunalen Pragmatismus wären die Herausforderungen der letzten Monate bei der Aufnahme von Menschen nicht so gut gemeistert worden. Ohne die Fähigkeit zur Improvisation der Mitarbeiter von Kommunalverwaltungen und Ehrenamtlichen hätten Flüchtlinge und Asylbewerber nicht so schnell Schutz und Hilfe bekommen. Die Kommunen waren stets konstruktive und verlässliche Partner, um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu schultern. Das funktioniert nur, wenn Kommunen für ihre Aufgaben ausreichende Mittel zur Verfügung bekommen – da stehen Bund und Freistaat in der Pflicht“, sagt der Vorsitzende des Bayerischen Städtetags, Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly, Nürnberg:
„Die bayerische Staatsregierung verfolgt mit ihrem Sonderprogramm die richtigen Ansätze, jedoch stehen und fallen solche Konzepte mit der Finanzierung.“
Der Bund hat Leistungen versprochen, nun muss Bayern einen Teil der Bundesmittel aufgabenbezogen an die Kommunen weiterleiten. Der Ministerrat hat mit dem Sonderprogramm, das mehr Personal für Polizei, Justiz, Behörden und Schulen vorsieht, ein positives Signal gesetzt – allerdings werden keine zusätzlichen Mittel für Kommunen bereitgestellt, hier muss der Freistaat nachbessern.
Maly: „Die Kommunen stehen zu ihrer Verantwortung, sie sind finanziell in Vorleistung gegangen. Die Kommunen handeln, um das gesamtgesellschaftliche Problem der Zuwanderung von Asylbewerbern und Flüchtlingen zu schultern. Das klappt nur, wenn Bund und Land zu ihrer finanziellen Verantwortung stehen. Der Dialog des bayerischen Ministerpräsidenten mit den Kommunalpolitikern ist hierfür hilfreich.“
EU, Bund und Land müssen Perspektiven zur Reduzierung der Zuwanderung aufzeigen. Die Möglichkeiten der Kommunen sind begrenzt, sie sind an vielen Orten in Bayern bereits überschritten, besonders in den Grenzgebieten.
Maly: „Neben diesen akuten Problemen bei der Erstaufnahme müssen wir die langfristige Integration in den Blick nehmen, denn das entscheidet über das Zusammenleben in unseren Städten. Wir müssen die aufnehmende Bürgerschaft mit der gleichen Aufmerksamkeit und Zuneigung behandeln wie die Flüchtlinge. Bei allen Schritten zur Integration – von Kinderbetreuung und Schule bis zu Berufsbildung und Wohnen – dürfen keine Konkurrenzen zwischen Einheimischen und Flüchtlingen wachsen.“
Die Krise bei der Aufnahme von Flüchtlingen ist derzeit akut in grenznahen Regionen, etwa in Passau, Freilassing, Traunstein oder Rosenheim.
Maly: „Im aktuellen Krisenmodus wegen der Erstunterbringung darf auf keinen Fall eine dauerhafte Herausforderung aus dem Blick geraten: Integration ist ein langer Prozess, der Kommunen, aufnehmende Gesellschaft und Einwanderer fordert. Bayerns Kommunen können Integration, aber das funktioniert nicht zum Nulltarif. Gerade befassen sich Städte und Gemeinden mit der Aufstellung der Haushalte für 2016: Sie müssen zusätzliche Personalstellen planen, um die soziale Betreuung sicherzustellen und die ordnungsgemäße Verwaltung zu gewährleisten.“
Kommunen erbringen vielfältige Integrationsleistungen, die sich langfristig in kommunalen Haushalten niederschlagen. Die Kommunen dürfen nicht mit den Kosten allein gelassen werden: Aus den Mitteln für die Familienpolitik müssen die Kommunen zur Schaffung von zusätzlichen Kindertagesplätzen Geld erhalten; bei den Schulen ist der Freistaat zusammen mit den Kommunen gefordert.
Maly: „Für Kinder und Jugendliche sind Kitas und Schulen die erste Integrationsinstanz.“
Darüber hinaus entstehen Kosten für Jugendsozialarbeit, Schulsozialarbeit, Sprachkurse, Integrationsangebote und Berufsbildung – alles das kostet Geld für die Kommunen und bedeutet einen zusätzlichen Personalaufwand in Kindertagesstätten, Schulen, Jugendämtern und Sozialämtern.
Maly: „Personalkosten für Jobcenter, Kosten der Unterkunft und Hartz IV-Leistungen für anerkannte Flüchtlinge und Asylbewerber werden auf die kommunalen Kassen durchschlagen. Der Bund ist sich noch nicht über Geschwindigkeit und Umfang der Folgekosten im Klaren, die auf uns zukommen. Die Kommunen müssen entlastet werden, sonst drohen langfristige Risiken für kommunale Haushalte.“
Maly: „Bei der Betreuung von unbegleiteten jungen Flüchtlingen dürfen kreisfreie Städte und Landkreise nicht auf den Kosten sitzen bleiben.“
Der Freistaat ist bislang nicht bereit, die Kosten für (inzwischen) junge Volljährige zu übernehmen, die ursprünglich als unbegleitete minderjährige Flüchtlinge nach Bayern gekommen sind. Der Freistaat ist bislang auch nicht bereit, die gesamten Verwaltungskosten entsprechend der Belastungen zu erstatten.
Ein weiteres Beispiel ist die Koordination von Ehrenamtlichen.
Maly: „Ohne das ehrenamtliche Engagement hätte das Land die Herausforderungen nicht bewältigt. Ehrenamtliches Engagement benötigt Anleitung und Koordination, hier sind die Kommunen in Vorleistung getreten: Nun ist die Unterstützung der Kommunen durch den Freistaat und die Weiterleitung von Bundesmitteln nötig, um die Angebote aufrecht zu erhalten.“
Bayerischer Städtetag, Pressemitteilung v. 23.11.2015