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Bayerischer Städtetag: Maßnahmenbündel soll Fahrverbote verhindern – Gribl: „Luftreinhaltung in Städten muss an der Quelle ansetzen“

„Die Bemühungen um eine verbesserte Luftqualität müssen bei den Verursachern ansetzen. Die Städte hätten nicht die aktuellen Probleme mit der Luftreinhaltung, wenn die Hersteller tatsächlich die niedrigen Abgaswerte einhalten würden, die in ihren Prospekten für die Automodelle angegeben sind“, sagt der Vorsitzende des Bayerischen Städtetags, Augsburgs Oberbürgermeister Dr. Kurt Gribl:

„Eine bessere Luftqualität in den Städten lässt sich nur erreichen, wenn an der Quelle angesetzt wird, damit bei Autos, Lastern und Bussen weniger Schadstoffe aus dem Auspuff qualmen. Kommunalpolitiker sind keine Anhänger von Fahrverboten, denn Städte brauchen freie Zufahrt. Städte leben von und mit der Mobilität. Diesel-Fahrverbote wären ein letztes Mittel, um gefährliche Schadstoffemissionen zu reduzieren, falls andere Maßnahmen nicht greifen.“

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Die Städte befürworten die Ansätze für ein Maßnahmenbündel, die sich aus der Verständigung der Bayerischen Staatsregierung mit bayerischen Automobilunternehmen ergeben – dies muss nun auf Bundesebene fortgesetzt werden. Die Europäische Union setzt ehrgeizige Richtlinien zur Luftqualität mit Grenzwerten für Stickstoffdioxid oder Feinstaub. Allerdings fehlen laut Gribl die Handlungsinstrumente zur Umsetzung der Richtlinien:

„Der Schutz der Bewohner vor Schadstoffen ist ein elementares Ziel. Aber letztlich werden die Städte mit dem Problem allein gelassen. Städte sollen die Luft rein halten und damit für den Gesundheitsschutz der Bewohner sorgen. Städte haben aber keine praktikablen Instrumente, um den Schadstoffausstoß von Fahrzeugen zu reduzieren. Das ist die Aufgabe der Automobilhersteller. Sie müssen Diesel-Fahrzeuge kostenfrei für die Autobesitzer so nachrüsten, dass die versprochenen Grenzwerte bei Schadstoffen eingehalten werden. Versäumnisse der Automobilindustrie dürfen nicht zu Lasten der Kommunen und ihrer Bürger gehen.“

Der Ansatz der Staatsregierung, im Rahmen des Maßnahmenbündels für eine zügige Verbesserung der Flottenwerte zu sorgen, ist laut Gribl vernünftig:

„Vor allem muss das bewährte Rückgrat der Mobilität, der öffentliche Personennahverkehr, gestärkt werden.“

Zusätzliche staatliche Fördermittel zur Erneuerung von Busflotten mit umweltfreundlichen Antrieben sorgen mittelfristig für niedrigere Emissionswerte in Städten.

Gribl: „Nun geht es um die Details für ein Sonderprogramm zum leichteren Umstieg auf öffentlichen Nahverkehr, nicht zuletzt mit dem Ausbau von Park-and-Ride und Ride-and-Bike. Jetzt müssen konkrete Finanzzusagen folgen. Der Bayerische Städtetag mahnt seit Jahren mehr Geld für den öffentlichen Nahverkehr in Stadt und Land an, damit Busse, Schienen- Verkehr, S-Bahnen, Trambahnen und U-Bahnen besser gefördert werden. Nahverkehrsnetze und Fahrplantakte müssen enger werden.“

Darüber hinaus ist zu klären, wie die Erneuerung von Nutzfahrzeugflotten gefördert werden kann, sagt Gribl:

„Die Industrie muss emissionsarme Nutzfahrzeuge anbieten. Die Städte können ihre Fahrzeugflotten mit Bussen, Bauhof-Fahrzeugen, Müllautos und Kehrmaschinen nur elektrifizieren oder auf schadstoffarmen Gasantrieb umstellen, wenn funktionierende und bezahlbare Technologien angeboten werden. Bund und Land müssen die Anschaffungskosten besser fördern.“

Für Großstädte wie Nürnberg, Augsburg, Regensburg, Würzburg und Ingolstadt könnten die von der Bayerischen Staatsregierung angedachten Maßnahmen genügen, um die EU-Grenzwerte einzuhalten. Allerdings ist bei Überschreitungen des Grenzwerts München auf rund 25% der Hauptverkehrsstraßen erheblich stärker betroffen als z.B. Augsburg auf rund 3% der Hauptverkehrsstraßen. Falls sich die bisherige Rechtsprechung zur Luftreinhaltung [red. Hinweis: vgl. etwa hier und hier] weiter bestätigen sollte, wären stark betroffene Städte darauf angewiesen, mit einer blauen Umweltplakette ein Handlungsinstrument zur Differenzierung von Zufahrtverboten für luftverschmutzende Fahrzeuge zu erhalten. Nur wenn emissionsarme Fahrzeuge klar gekennzeichnet sind, lassen sich Emissionen über Fahrverbote stadtverträglich, rechtssicher und kontrollierbar reduzieren. Hierfür müsste der Bund eine Rechtsgrundlage schaffen.

Gribl: „Die angestrebten Maßnahmenbündel der Staatsregierung bieten gute Ansätze, die auf Bundesebene fortgeführt werden müssen. Dies muss im Detail konkretisiert und finanziell unterfüttert werden, um praxisgerecht zu wirken. So stellt sich die Frage, ob die Verständigung mit den Automobilfirmen reicht, um den Vorgaben der Rechtsprechung zur Einhaltung der EU-Luftgrenzwerte schnell nachzukommen. Ansonsten ist nicht auszuschließen, dass Gerichte Fahrverbote als letztes Mittel gegen Luftverschmutzung verordnen. Die blaue Plakette wäre dann letztlich ein praktikableres Notfallinstrument als ein sonst drohendes generelles Diesel-Fahrverbot.“

Bayerischer Städtetag, Pressemitteilung v. 01.08.2017

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