Gesetzgebung

GVBl. (15/2019): Bekanntmachung der Entscheidung des BayVerfGH zum Antrag auf Zulassung eines Volksbegehrens „Stoppt den Pflegenotstand an Bayerns Krankenhäusern“ [mit Leitsätzen]

Die Entscheidung v. 19. Juli 2019 (Vf. 41-IX-19) wurde am 06.08.2019 bekannt gemacht (GVBl. S. 518). Die Entscheidung betrifft den Antrag auf Zulassung eines Volksbegehrens „Stoppt den Pflegenotstand an Bayerns Krankenhäusern“.

Entscheidungsformel:

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung des Volksbegehrens „Stoppt den Pflegenotstand an Bayerns Krankenhäusern“ sind nicht gegeben.

Leitsätze:

1. Zur Frage der Zulassung eines Volksbegehrens zur Einführung von Vorgaben für die Pflege in Krankenhäusern.

2. Der dem Volksbegehren zugrunde liegende Gesetzentwurf ist mit Bundesrecht unvereinbar, da dem Landesgesetzgeber nach Art. 72 Abs. 1 GG die Gesetzgebungskompetenz fehlt.

a) Die auf der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG beruhenden bundesgesetzlichen Normierungen zur Bemessung und Finanzierung des Pflegepersonalbedarfs in Krankenhäusern und zu Personaluntergrenzen insbesondere in § 136 a Abs. 2, §§ 137 i und 137 j SGB V versperren die Möglichkeit einer landesrechtlichen Regelung derselben Materie.

b) Es sind keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass der Bundesgesetzgeber durch die erschöpfende Regelung der Pflegepersonalausstattung in Krankenhäusern die ihm nach dem Grundgesetz zustehenden Gesetzgebungszuständigkeiten überschritten hätte.

c) Die im Bundesrecht enthaltenen Öffnungsklauseln (§ 136 b Abs. 2 Satz 4 SGB V, § 6 Abs. 1 a Satz 2 KHG) erlauben keine Regelungen der Länder zur Ausstattung der Krankenhäuser mit Pflegepersonal.

3. Die Staatsregierung hat grundsätzlich selbst darüber zu befinden, ob und in welcher Weise sie von dem ihr in Art. 71 BV eingeräumten Gesetzesinitiativrecht Gebrauch machen will. Der Volksgesetzgeber darf die Staatsregierung nicht zur Vorlage eines Gesetzentwurfs verpflichten.

4. Die sich aus Art. 74 Abs. 2 i. V. m. Art. 7 Abs. 2 BV ergebende Abstimmungsfreiheit ist verletzt, wenn in der Begründung des Volksbegehrens in einer für die Abstimmung relevanten Weise die geltende Rechtslage unzutreffend und unvollständig erläutert wird. Dieser Mangel kann durch das Nachschieben einer ergänzenden Begründung nicht geheilt werden. Das Risiko, dass sich die Rechtslage während des Sammelns von Unterschriften für ein Volksbegehren ändert und die Grundlage für eine Zulassung dadurch möglicherweise entfällt, geht zulasten seiner Initiatoren.

5. Ohne die für unzulässig erachteten Teile wäre das mit dem Volksbegehren verfolgte Anliegen nur noch ein Torso. Der verbleibende Inhalt des Gesetzentwurfs ist daher nicht zulassungsfähig.

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