Aktuelles

Pandemiebekämpfung und Datenschutz in Bayern

© peterschreiber.media - stock.adobe.com

Die Pandemiebekämpfung in den Jahren 2020 und 2021 war vielfach auch mit datenschutzrelevanten Maßnahmen verbunden. Anhand von Beispielen zeigt der Beitrag auf, dass die in der Datenschutz-Grundverordnung (Verordnung EU 2016/679 – DSGVO) verankerten zentralen Grundsätze der Verarbeitung personenbezogener Daten letztlich wichtige rechtsstaatliche Grundsätze konkretisieren und zugleich einen wichtigen Akzeptanzfaktor staatlicher Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung darstellen können.

I. Einleitung

Am 27. Januar 2020 wurde in Deutschland die erste Infektion mit SARS-CoV-2 nachgewiesen1. Innerhalb weniger Wochen breitete sich COVID-19 in Deutschland aus2. Anfang April 2022 hatten sich dort insgesamt rund 21 850 000 Menschen infiziert, rund 4,3 Millionen Menschen waren aktuell erkrankt3.

Auf die Ausbreitung des Virus reagierten der Bundesgesetzgeber und der bayerische Verordnungsgeber mit zahlreichen Änderungen des Infektionsschutzrechts. Da man seinerzeit noch von einer Variante des Middle-East-Respiratory-Syndrome-Coronavirus (MERS-CoV) ausging, wurde zunächst dieser Virus im Katalog der meldepflichtigen Krankheitserreger gelistet4. Erst einige Monate später wurden die beiden Virusvarianten SARS-CoV und SARS-CoV-2 aufgenommen5. Am 11. März 2020 erklärte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die bisherige Epidemie offiziell zu einer weltweiten Pandemie6 und auch in Deutschland traten erste Todesfälle auf7. Die legislativ getroffenen Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung griffen teilweise erheblich in die Grundrechte ein – insbesondere auch in das Datenschutzgrundrecht.

Im Wesentlichen bestätigte die Rechtsprechung in Bayern die rechtlichen Grundlagen und korrigierte nur einige der Vorgaben, vornehmlich im Bereich der Betriebsuntersagungen8. Auch die Datenschutzaufsichtsbehörden und andere Kontrollorgane wirkten anlassbezogen auf Änderungen der Rechtslage hin; der Bundesgesetzgeber wie auch der bayerische Verordnungsgeber griffen diese Empfehlungen teilweise auf.

In einer Pandemie historischen Ausmaßes sind Entscheidungen unter Unsicherheit zu treffen. Solche Entscheidungen können sich im Nachhinein als optimierbar herausstellen. Um einer Pandemie zukünftig noch effektiver und nachhaltiger begegnen zu können, ist es sinnvoll, Bedarfe an Optimierung klar zu identifizieren.

Dieser Beitrag versucht auf der Grundlage der zentralen Datenschutzgrundsätze einen ersten Diskussionsbeitrag zu leisten. Dazu zeichnet er die Entwicklung der Maßnahmen zur Kontaktnachverfolgung, zur Maskenpflicht und zum Testmanagement nach. Ab Dezember 2020 bedeutsam wurde auch das Impfmanagement, das in Bayern mit großer datenschutzrechtlicher Sensibilität vorbereitet wurde. Das insoweit federführende Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege legte von vornherein großen Wert auf die Transparenz der Datenverarbeitung und auf eine Begrenzung der personenbezogenen Datenspeicherung im zentralen Impfportal BayIMCO9. Hierauf geht der Beitrag nicht zuletzt vor dem Hintergrund der gegenwärtig ungeklärten Frage zur Impflicht nicht näher ein.

II. Rechtsentwicklung einzelner Maßnahmen

Die Regelungen zur Pandemiebekämpfung in ihrer Gesamtheit waren (und sind) komplex, überdies wurden sie in den letzten beiden Jahren häufig geändert. Abgesehen von zahlreichen Spezialregelungen bildeten das Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG)10 und speziell in Bayern die Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnungen (BayIfSMV) den rechtlichen Rahmen. Sie bestimmten damit maßgeblich auch über die Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten im Zusammenhang mit der Bekämpfung der COVID-19- Pandemie.

Das grundsätzliche Zusammenspiel von bundes- und landesrechtlichen Bestimmungen kann seit November 202011 an § 28a IfSG veranschaulicht werden, der einen Katalog besonderer Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 vorsieht. Die meisten dieser Schutzmaßnahmen setzten nicht zuletzt wegen ihrer Eingriffsintensität grundsätzlich voraus, dass der Deutsche Bundestag zuvor eine „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG festgestellt hat. Zuletzt mit Beschluss vom 25. August 2021 hat der Deutsche Bundestag eine solche Feststellung getroffen12. Für die Dauer der epidemischen Lage von nationaler Tragweite können die Länder nach § 32 i. V. m. § 28 Abs. 1 und § 28a Abs. 1 IfSG Rechtsverordnungen erlassen, die besondere Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 anordnen. Hiervon hat die Staatsregierung mit ihren Bayerischen Verordnungen über Infektionsschutzmaßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie (Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnungen – BayIfSMV) Gebrauch gemacht.

Ohne einen entsprechenden Bundestagsbeschluss können die Länder lediglich die in § 28a Abs. 7 – 10 IfSG abschließend aufgeführten Schutzmaßnahmen vorsehen. Zu diesen Maßnahmen zählen insbesondere Masken- und Testpflicht. Sie können von den Ländern angeordnet werden, soweit sie zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich sind.

 

Lesen Sie den kompletten Beitrag im BayVBl 14/2022.

 

1 Spiegel, Die unglückliche Reise von Patientin Null, vom 16.05.2020, abrufbar unter www.spiegel.de. Alle Online-Zitate wurden zuletzt am 05.04.2022 abgerufen. Am 13.02.2020 waren in Deutschland insgesamt 16 Fälle bekannt, vgl. RKI-Bulletin 7/2020 vom 13.02.2020, S. 3.

2 Ende Februar 2020 schätzte das Robert Koch-Institut die Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland bereits „als gering bis mäßig“ ein, vgl. RKI-Bulletin 9/2020 vom 27.02.2020, S. 14.

3 Siehe Robert Koch-Institut, Täglicher Lagebericht zur Coronavirus-Krankheit- 2019 vom 05.04.2022, abrufbar unter www.rki.de.

4 Siehe § 7 Abs. 1 Nr. 31a IfSG ab der Änderung durch Gesetz vom 10.02.2020.

5 Siehe § 7 Abs. 1 Nr. 44a IfSG ab der Änderung durch Gesetz vom 19.05.2020.

6 Vgl. WHO Director-General’s opening remarks at the media briefing on COVID-19, vom 11.03.2020; abrufbar unter www.who.int.

7 Vgl. Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg, Erster Todesfall mit Corona im Land bestätigt, vom 12.03.2020 (abrufbar unter https://sozialministerium.baden-wuerttemberg.de unter Pressemitteilungen).

8 Vgl. z. B. BayVGH, B.v. 23.07.2021 – 25 NE 21.1832 zum Schankverbot, BayVGH, B.v. 22.06.2021 – 25 NE 21.1608 zur Betriebsuntersagung von Prostitutionsstätten. In anderem Zusammenhang vgl. etwa BayVGH, B.v. 03.03.2022 – 20 CE 22.536 zur Verkürzung des Genesenenstatus. Auch datenschutzrechtlich relevant sind BayVGH, B.v. 02.03.2021 – 20 NE 21.353 (Beobachtungs- und Testpflicht von geimpften Beschäftigten in Pflegeeinrichtungen) sowie BayVGH, B.v. 24.11.2020 – 20 NE 20.2605 zur wöchentlichen Testpflicht von Grenzgängern.

9 Einzelheiten bei BayLfD, 31. TB. 2021, 1.1.7 und 10.2.

10 Gesetz vom 20.07.2000, BGBl. I S. 1045.

11 Zur Rechtslage davor vgl. exemplarisch die Ausführungen 2.2.

12 Vgl. Bekanntmachung des Beschlusses des Deutschen Bundestags über die Feststellung des Fortbestehens der epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 31.08.2021, BGBl. I S. 4072.