Mit seinem unten vermerkten Beschluss vom 26.5.2023 hat sich der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) in einem Eilverfahren zu der Frage geäußert, ob ein Bürger gegenüber seiner Gemeinde einen Anspruch auf Durchführung eines Winterdienstes haben kann.
Die Beteiligten streiten über die zukünftige Durchführung des Winterdienstes auf einem gemeindeeigenen Wegstück, das straßenrechtlich nicht gewidmet ist. Der Weg verbindet die Gemeindeverbindungsstraße mit dem Grundstück der Antragsteller und wird von ihnen als Zufahrt genutzt. Das Grundstück der Antragsteller grenzt zudem unmittelbar auf einer Länge von rund 145 m an diese Gemeindeverbindungsstraße und liegt außerhalb der geschlossenen Ortslage. Da die Antragsteller die von der Antragsgegnerin geforderte Haftungsfreistellung für den gemeindlichen Weg nicht unterzeichneten, stellte die Antragsgegnerin den Winterdienst zum 1.3.2021 ein.
Mit ihrem Eilantrag begehrten die Antragsteller die Fortführung des Winterdienstes. Die Forderung nach einer Haftungsfreistellung sei rechtlich nicht haltbar, weil eine solche die Antragsgegnerin in vergleichbaren Fällen nicht fordere. Insofern ergebe sich eine Selbstbindung nach Art. 3 GG, Art. 118 BV. Der Antrag blieb vor dem Verwaltungsgericht erfolglos. Die hiergegen von den Antragstellern erhobene Beschwerde hatte Erfolg. Dem Beschluss des VGH kann dazu Folgendes entnommen werden.
1. Winterdienst als gemeindliche Einrichtung nach Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GO i.V.m. Art. 3 GG
„Nach Aktenlage hat die Antragstellerin mit ihrem Winterdienst eine gemeindliche öffentliche Einrichtung i.S.d. Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GO geschaffen. Öffentliche Einrichtungen der Gemeinde i.S.d. Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GO ist jede Einrichtung, die von der Gemeinde im öffentlichen Interesse unterhalten und durch einen gemeindlichen Widmungsakt der allgemeinen Benutzung durch Gemeindeangehörige und ortsansässige Vereinigungen zugänglich gemacht wird (vgl. BayVGH,…; Beschluss vom 3.7.2018 – 4 CE 18.1224 – BayVBl 2019, 50 = juris Rn. 13; Beschluss vom 15.6.2020 – 4 ZB 20. 9 – juris Rn. 14; Widtmann/Grasser/Glaser, Bayerische Gemeindeordnung, Stand Febr. 2022, Art. 21 Rn. 4). Dabei sind an den gemeindlichen Widmungsakt keine förmlichen Voraussetzungen zu stellen; es genügt auch konkludentes Handeln, aus dem der Wille der Gemeinde hervorgeht, die Einrichtung der Allgemeinheit zur Benutzung zur Verfügung zu stellen (vgl. BayVGH,…; Beschluss vom 6.4.2004 – 8 CE 04.464 – BayVBl 2005, 23 = juris Rn. 9…).
Vorliegend spricht viel dafür, dass die Antragsgegnerin ihre sächlichen Mittel zum Räumen und Streuen von Straßen und Wegen im Gemeindegebiet nicht nur zur Erfüllung ihrer Reinigungs-, Räum- und Streupflicht gem. Art. 51 Abs. 1 und 2 BayStrWG einsetzt, sondern darüber hinaus überobligatorisch auf weiteren Flächen und Wegen einen Winterdienst durchführt. Denn sie räumt und streut nach dem Vortrag der Antragsgegnerin verschiedene Flächen, Straßen und Wege außerhalb geschlossener Ortslage, darunter wohl auch nicht gewidmete Wegflächen, Zufahrten und Privatwege. Indem die Antragsgegnerin über ihre gesetzliche Verpflichtung hinaus Personal- und Sachmittel einsetzt, um einem bestimmten Kreis von Einwohnern die Zufahrt zu ihrem Anwesen auch unter winterlichen Verhältnissen zu ermöglichen, hat sie diese Mittel insoweit dem Recht der öffentlichen Einrichtungen gem. Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GO unterstellt (vgl. BayVGH, Urteil vom 14.11.1991 – 8 B 88.2835 – FStBay 1992, Nr. 143; Beschluss vom 6.4.2004 – 8 CE 04.464 – BayVBl 2005, 23 = juris Rn. 9; für die gemeindliche Straßenreinigung bereits Königl.BayVGH, Urteil vom 18.10.1899 – VGH a.F. 21, 5/15; Urteil vom 27.2.1920 – VGH a.F. 41, 21/22; BayVGH, Urteil vom 4.8.2005 – 4 BV 03.1907 – juris Rn. 19). Dafür spricht auch, dass die Antragsgegnerin nunmehr eine (Benutzungs-)Gebühr (vgl. Art. 8 Abs. 1 KAG) für den überobligatorischen Winterdienst verlangt. Dass vorliegend wohl kein formaler Widmungsakt in Form eines Verwaltungsaktes nach Art. 35 BayVwVfG vorliegt, ist hingegen ohne Belang, da eine konkludente Widmung genügt.“
[…]Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der Fundstelle Bayern Heft 7/2024, Rn. 72.