Gesetzgebung

Staatskanzlei: Hochwasserschutz in Bayern wird intensiviert und beschleunigt – Huber stellt neues Aktionsprogramm 2020plus mit weiteren großen Investitionen zum Schutz der Bevölkerung vor

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Das aktuelle Hochwasserereignis mit enormen Schäden hat südlich der Donau an zahlreichen Stellen das sogenannte HQ 100 (ein Hochwasserereignis, welches statistisch einmal in 100 Jahren auftritt) übertroffen und neue Rekordmarken gesetzt, beispielsweise an der Salzach (größer als HQ 300) und in Passau, wo ein höherer Wasserstand als im Jahr 1501 erreicht wurde.

Der Bayerische Umweltminister Dr. Marcel Huber betonte: „Auf dieses Extremereignis werden wir entschlossen reagieren. Dazu haben wir mit dem neuen Aktionsprogramm 2020plus das bisher größte wasserbauliche Infrastrukturprogramm Bayerns beschlossen. Hochwasserschutz hat höchste Priorität. Die Weichen für eine schnelle Umsetzung der Maßnahmen sind gestellt.“

Das bestehende bayerische Hochwasserschutzkonzept wird dazu fortgeschrieben und das finanzielle Volumen noch einmal kräftig aufgestockt.

„Hochwasserschutz gehört zu den elementaren Aufgaben des Staates zum Schutz der Bevölkerung und von Wirtschaftsgütern. Das in die Sicherheit angelegte Geld ist hoch rentabel: Mit einem Euro Investition können sieben Euro an Schäden verhindert werden“, so Huber.

Das neue Aktionsprogramm 2020plus basiert auf 3 Handlungsfeldern:

1. Verdoppelung des Bauprogramms

Das Kabinett hat eine Anhebung der Mittel für Hochwasserschutzmaßnahmen pro Jahr auf 210 bis 235 Millionen Euro beschlossen. Hierzu werden die jährlich zur Verfügung stehenden Mittel von derzeit etwa 115 auf 150 Millionen Euro erhöht. Hinzu kommen die Mittel, die für die Hochwasserschutzmaßnahmen an der Donau zur Verfügung stehen. Der Finanzrahmen des Programms liegt damit insgesamt, einschließlich der Vorhaben an der Donau, bei 3,4 Milliarden Euro.

Huber: „Das Aktionsprogramm 2020 wird massiv erweitert und noch schneller umgesetzt, um volkswirtschaftliche Schäden und menschliches Leid nach Kräften zu verhindern.“

Damit können über die bereits laufenden Projekte hinaus weitere Hochwasserschutzvorhaben beschleunigt oder früher begonnen werden, wie z.B. an der Donau, Mangfall, Mindel und Günz. Um Planung und Bau neuer Anlagen bayernweit voranzutreiben, wird befristet bis 2022 das Personal im Wasserbau um 150 Stellen aufgestockt.

2. Beschleunigung der Verfahren

Zur Beschleunigung der Maßnahmen des Hochwasserschutzes sollen die vorhandenen rechtlichen Spielräume ausgeschöpft werden.

Huber: „Unser Ziel ist ein Hochwasserschutz im gesellschaftlichen Konsens. Wir wollen die Menschen vor Ort bei der Umsetzung der Maßnahmen mitnehmen und damit langwierige Gerichtsverfahren vermeiden.“

Bei den vom Freistaat Bayern geplanten Projekten soll deshalb versucht werden, bevorzugt öffentliches Eigentum zu nutzen, bevor private Flächen in Anspruch genommen werden. Ebenso sind vorrangig die Möglichkeiten des Flächentausches zu prüfen. Das Eigentumsrecht des Einzelnen ist streng zu beachten, wenngleich es aus übergeordneten Gründen des Allgemeinwohls besonders in Anspruch genommen werden kann. Ob und inwieweit das Eigentum in Anspruch genommen wird, bedarf einer Prüfung im konkreten Einzelfall.

„In Anbetracht der aktuellen Ereignisse sind sich alle ihrer besonderen Verantwortung bewusst. Wir wollen jetzt gezielt die Bereitschaft steigern, private Grundstücke für Maßnahmen des Hochwasserschutzes zur Verfügung zu stellen sofern es zwingend erforderlich ist, um beispielsweise Flutpolder anzulegen. Mögliche Einschränkungen, die sich aus Gründen des Hochwasserschutzes ergeben können, sollen über Entschädigungen ausgeglichen werden. Zudem fordert Bayern den Bund auf, sicher zu stellen, dass beim Ausgleich für Hochwasserschutzmaßnahmen landwirtschaftliche Flächen für die Kompensation möglichst ausgeschlossen werden“, so Huber.

Schlussendlich müssten aber auch Kriterien entwickelt werden, um im Einzelfall eine saubere und rechtssichere Gewichtung des Allgemeinwohls gegenüber Einzelinteressen zu ermöglichen. Kern der Neuausrichtung ist eine Beschleunigung der Planfeststellungsverfahren für Maßnahmen des Hochwasserschutzes. Dazu prüft der Freistaat eine gesetzliche Initiative auf Bundesebene. Außerdem soll zukünftig eine sofortige Anordnung der vorläufigen Sicherung von Gebieten durch die Behörden vor Ort möglich sein, die zur Hochwasserentlastung und zum Wasserrückhalt benötigt werden.

3. Fortschreibung strategisch-technischer Eckpunkte

Basis des Hochwasserschutzes ist weiterhin die Kombination der Handlungsfelder „Natürlicher Rückhalt“, “Technischer Hochwasserschutz“ und „Hochwasservorsorge“.

Huber: „Nur die Verbindung von natürlichen und technisch hoch effizienten Retentionsräumen bringt der Bevölkerung optimalen Schutz. Wir werden jetzt insbesondere den Bau von gesteuerten Flutpoldern vorantreiben. Außerdem werden etwa durch Rückverlegungen von Deichen die Flussräume dort aufgeweitet, wo natürliche Retentionsräume zu gewinnen sind.“

Auch eine Optimierung der Rückhaltefunktion staatlicher Wasserspeicher ist vorgesehen. Dabei stehen der Ausbau und die Optimierung der vorhandenen Speicher sowie ein vernetztes Betriebsmanagement im Mittelpunkt, beabsichtigt ist aber auch der Bau neuer Wasserspeicher. Auch eine Aus- bzw. Nachrüstung aller wichtigen Deichanlagen mit einer gegen Erosion widerstandsfähigen Innendichtung wird erfolgen.

„Das erweiterte Hochwasserschutzkonzept umfasst ganz Bayern. Wir wollen zukünftigen Naturgefahren bestmöglich begegnen“, so Huber.

Basis der Fortschreibung ist das Hochwasseraktionsprogramm 2020, das von der Staatsregierung bereits 2001 aufgelegt wurde. Im Rahmen der Umsetzung wurden bereits Investitionen von 1,6 Milliarden Euro in Hochwasserschutzmaßnahmen vorgenommen. So wurden zwischen 2001 und 2010 beispielsweise 277 Kilometer Deiche saniert, 107 Kilometer Deiche neu gebaut, ca. 28 Kilometer Flutmulden angelegt und ca. 8,5 Millionen Kubikmeter Rückhalteraum geschaffen. Dadurch werden ca. 400.000 Einwohner zusätzlich vor einem 100-jährlichem Hochwasser geschützt. Das aktuelle Hochwasser hat gezeigt, dass die in letzten Jahren errichteten neuen Schutzmaßnahmen den Fluten standgehalten haben. Allein in Rosenheim konnte damit ein Schaden von über 500 Millionen Euro vermieden werden.

Staatskanzlei, Bericht aus der Kabinettssitzung, PM v. 17.06.2013