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StMJ: Gemeinsame elektronische Überwachungsstelle der Länder (GÜL) in Bad Vilbel / Hessens Justizministerin Eva Kühne-Hörmann empfängt Bayerns Justizminister Prof. Dr. Winfried Bausback

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Möglichkeit der elektronischen Aufenthaltsüberwachung wird von bayerischen Gerichten bundesweit am besten angenommen / Hessen will weitere Einsatzfelder für Aufenthaltsüberwachung prüfen

Auf Einladung der hessischen Justizministerin Eva Kühne-Hörmann besucht heute Bayerns Justizminister Prof. Dr. Winfried Bausback die Gemeinsame elektronische Überwachungsstelle der Länder in Bad Vilbel.

„Gut drei Jahre nach Aufnahme der Arbeit ziehen wir eine positive Bilanz der Gemeinsamen Überwachungsstelle der Länder. Die Zusammenarbeit funktioniert reibungslos und zeigt, dass solche gemeinsamen Einrichtungen nicht nur technisch eine Errungenschaft sind, sondern dass mit solchen Einrichtungen auch Steuergelder sehr effizient und sparsam eingesetzt werden“, so Justizministerin Eva Kühne-Hörmann.

Bayerns Justizminister Prof. Dr. Winfried Bausback ergänzt hierzu:

„Die Möglichkeit der elektronischen Aufenthaltsüberwachung wird von den bayerischen Richterinnen und Richtern sehr gut angenommen. Im bundesweiten Vergleich kommen deshalb auch mit Abstand die meisten Probanden aus Bayern. Die elektronische Aufenthaltsüberwachung ist aber kein Allheilmittel. Absolute Sicherheit können wir auch mit ihr nicht erreichen. Die Anordnung der Führungsaufsicht verbunden mit der elektronischen Aufenthaltsüberwachung ist allerdings ein heute nicht mehr wegzudenkendes, ergänzendes Instrument, mit dem wir in Bayern in den vergangenen Jahren schon wertvolle Erfahrungen sammeln konnten“, so der bayerische Justizminister. „Sie eröffnet eine reelle Chance, dass Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfer im Rahmen der Betreuung auf Verhaltensweisen der Probanden positiv einwirken. Dadurch können – im Interesse der Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger – Rückfälle besser vermieden werden.“

Hessens Justizministerin Eva Kühne-Hörmann geht noch einen Schritt weiter:

„Wir sind stolz darauf, dass wir die zentrale Überwachung der elektronischen „Fußfessel“ in Hessen haben. Die Erfahrungen der letzten Jahre machen uns Mut, auch weitere Einsatzfelder der elektronischen Aufenthaltsüberwachung zu prüfen. Darunter können Maßnahmen zur Vermeidung von häuslicher Gewalt sowie zur Verhinderung von Ausschreitungen bei Fußballspielen sein, aber auch alternative Sanktionsformen etwa im Jugendstrafrecht. All diese Maßnahmen haben die Verhinderung neuer Straftaten im Blick und sollten deshalb ernsthaft geprüft werden. Ich habe dieses Thema deshalb zur Frühjahrskonferenz der Justizministerinnen und Justizminister am 17./18. Juni 2015 angemeldet.“

Die stellvertretende Leiterin der Überwachungsstelle, Frau Alma Friedrichs, betont die gute Zusammenarbeit aller beteiligten Stellen in den vergangenen Jahren.

„Wir haben es mit einem besonders gefährlichen Probandenkreis zu tun. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Überwachungsstelle sind sich ihrer Verantwortung voll bewusst, genau wie alle anderen beteiligten Stellen. Die Kooperationsbereitschaft ist dementsprechend auf allen Seiten sehr hoch.“

Die technische Umsetzung

Die „Fußfessel“ ist wasserdicht und stoßfest. Sie wird über einen Akku betrieben, der regelmäßig aufgeladen werden muss. Der Proband wird über LED-Leuchten und einen Vibrationsalarm im Gerät über Ereignisse, wie z.B. den niedrigen Ladezustand des Akkus informiert. Beim Anlegen der Fessel oberhalb des Knöchels und unterhalb der Wade wird das Befestigungsband verschlossen. Es kann jetzt nicht mehr ohne Zerstörung des Bandes abgenommen werden. Im Falle einer Zerstörung wird ein Alarm in der Gemeinsamen elektronischen Überwachungsstelle der Länder ausgelöst, die sodann in der Regel mit dem Probanden Kontakt aufnimmt.

Mit Hilfe von GPS (Global Positioning System) kann der Proband von der Zentrale in Bad Vilbel jederzeit geortet werden. Diese Ortung darf aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht ständig, sondern lediglich im Alarmfall eingesehen werden. Dann erscheint auf einer Karte ein roter Alarmpunkt. Er zeigt den Standort des Probanden an. Gleichzeitig erscheinen grüne Pfeile, die den Weg des Probanden zum Ort des Alarms nachzeichnen. Sollte er von dort fliehen, zeigt das System den Fluchtweg auf. Der Computer zeichnet auch die jeweilige Zeit auf. Ebenfalls wird die Geschwindigkeit registriert, mit der sich der Proband zum Alarmort bewegt hat und sich jetzt „auf der Flucht“ bewegt. Dies kann für die Polizei von Bedeutung sein, damit man weiß, ob der Proband z.B. zu Fuß oder mit einem Fahrzeug unterwegs ist.

In dieser Ansicht kann also der Aufenthalt eines Probanden zu jedem Zeitpunkt seit Anlegen der Fußfessel nachvollzogen werden. Damit lässt sich im Nachhinein auch nachweisen, zu welchem Zeitpunkt der Proband sich an welchem Ort aufgehalten hat. Das heißt, wenn er erneut in den Verdacht einer Straftat gerät, kann ihm der Weg zum Tatort und die Anwesenheit dort lückenlos nachgewiesen werden oder können die Daten seiner Entlastung dienen.

Im System können Einschlusszonen hinterlegt werden, die der Proband nicht ohne Erlaubnis der Führungsaufsichtsstelle verlassen darf. Diese können auch mit einem Zeitplan versehen werden. Wenn der Proband die Zone unerlaubt verlässt, wird ein Alarm ausgelöst. Im Falle einer Ausschlusszone darf er bestimmte Orte nicht betreten. In jedem Fall, in dem die vom Gericht auferlegten aufenthaltsbezogenen Weisungen vom Probanden missachtet werden, wird neben einer Ereignismeldung des Systems auch automatisch eine SMS an die Gemeinsame elektronische Überwachungsstelle der Länder versandt. Bei Eingang einer Ereignismeldung ist der Proband in der Regel telefonisch anzusprechen und über sein Fehlverhalten aufzuklären. Die Konsequenzen seines Handelns werden ihm auf diese Weise sofort vor Augen gehalten. Je nach Fallgestaltung kann auch ein sofortiges Einschreiten der Polizei geboten sein, die dann zu informieren ist.

Ein Beispielsfall

Das System meldet einen Verbotszonenverstoß. In diesem Fall wird in der Regel der Proband zunächst angesprochen und über sein Fehlverhalten befragt. Dafür wird ein Probandenblatt geführt, das alle notwendigen Kontaktinformationen über den Probanden und die im Alarmfall zu informierenden Stellen enthält. Auf diesem ist auch die Telefonnummer des Probanden hinterlegt. Er wird via Handy angesprochen, etwa: „Verlassen Sie die Zone sofort. Ich verfolge Ihren Weg hier am Bildschirm. Wenn Sie die Zone nicht unmittelbar verlassen, verständige ich die Polizei.“

Die Überwachungszentrale sieht nun auf der Karte, dass sich der Proband aus der Verbotszone bewegt. Aufgrund des kurzen Ortungsintervalls erhält die Zentrale auch einen Eindruck, welche Richtung er einschlägt. Ein sofortiges Eingreifen der Polizei ist nunmehr nicht notwendig. Verlässt der Proband die Zone aber nicht, wird die über das Datenblatt des Probanden ermittelte zuständige Polizeibehörde verständigt. Die Polizei kann sich dann auf das System aufschalten und die Verfolgung des Probanden selbst übernehmen.

StMJ, Pressemitteilung v. 16.04.2015

Redaktioneller Hinweis: Die Pressemitteilung des StMJ enthält eine tabellarische und nach Bundesländern gegliederte Übersicht zu den Fallzahlen der elektronischen Aufenthaltsüberwachung im Rahmen der Führungsaufsicht. Darüber hinaus auch Informationen zum Modellprojekt Elektronische Präsenzkontrolle (EPK) [„(kleine) Elektronische Fußfessel“], die von der elektronischen Aufenthaltsüberwachung zu unterscheiden ist.