Gesetzgebung

StMJ: Verbot von Kinderehen in Deutschland

Die Herbstkonferenz der Justizministerinnen und Justizminister befasst sich an diesem Donnerstag unter anderem mit dem aktuellen Stand des Gesetzgebungsvorhabens zum Umgang des deutschen Rechts mit Minderjährigenehen. Bayerns Justizminister Prof. Dr. Winfried Bausback im Vorfeld der Konferenz: „Seit Beginn der Diskussion in diesem Frühjahr steht für mich außer Frage: Der verfassungsrechtlich fest verankerte Kinder- und Jugendschutz erfordert eine klare Lösung: Ehen mit unter 16-jährigen Mädchen, die im Ausland geschlossen wurden, sind in unserem Land von Anfang an null und nichtig. Damit setzen wir nicht nur das deutlichste Signal gegen Kinderehen – wir schützen auch das Kindeswohl am besten. Und das ist das entscheidende!“

Der teilweise diskutierte Ansatz, im Ausland geschlossene Ehen von Minderjährigen sollten hierzulande lediglich aufhebbar sein, sei – insbesondere für Ehen mit unter 16-jährigen – der falsche Weg:

„Indem man Kinderehen nur für aufhebbar erklärt, erkennt man sie zunächst an. Und das wollen wir doch gerade alle nicht!“, so Bausback.

Außerdem führe die Aufhebungslösung zu großen praktischen Schwierigkeiten: Nach geltendem Recht könne ein Aufhebungsverfahren erst eingeleitet werden, wenn sich das betroffene Mädchen drei bis sechs Monate in Deutschland aufhalte. Das Verfahren selbst könne dann auch noch einige Wochen, wenn nicht gar ein paar Monate, dauern.

„In dieser Zeit wäre die Kinderehe wirksam und unsere Jugendämter müssten grundsätzlich hinnehmen, dass das Mädchen in der ‚Ehe‘ und bei ihrem ‚Ehemann‘ verbleibt. Das ist doch nicht im Sinne des Kindeswohls“, so Bausback.

Bayerns Justizminister widerspricht abschließend auch dem Einwand, die Nichtigkeit von Kinderehen könne im Einzelfall junge Mädchen ins soziale Abseits drängen:

„Wenn unsere Jungendämter Minderjährige gegebenenfalls in ihre Obhut nehmen, kann man wohl kaum von ’sozialem Abseits‘ sprechen. Im Gegenteil: Häufig ermöglicht dies erst den Weg in die Integration!“

StMJ, Pressemitteilung v. 15.11.2016

Redaktionelle Anmerkungen

Am 05.09.2016 hat sich im BMJV zur Thematik „Anerkennung von im Ausland geschlossenen Ehen Minderjähriger“ eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe zu ihrer konstituierenden Sitzung getroffen. Auf Länderseite nehmen Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Schleswig-Holstein teil, auf Seiten der Bundesregierung neben Vertretern des BMJV auch Vertreter des Bundeskanzleramtes, des BMI und des BMFSFJ. Im Vordergrund der Gespräche steht das Thema „Ehemündigkeit im internen deutschen Recht und bei der Anerkennung von Auslandsehen“. Darüber hinaus sollen auch bürgerlich-rechtliche Aspekte von Mehrfachehen thematisiert werden. Die Arbeitsgruppe soll darüber diskutieren, inwiefern die Vorschriften zur Ehemündigkeit im deutschen Recht geändert werden sollen. Außerdem wird die konkrete Praxis der Anerkennung von Auslandsehen Gegenstand der Gespräche sein. Konkrete Vorschläge zur Thematik sollen laut Bundesjustizminister noch in diesem Jahr auf den Weg gebracht werden.

Das jüngste Zitat des Bundesjustizministers zur Thematik stammt v. 29.10.2016:

„Es bleibt dabei. Wir müssen alles tun, um Kinder und Jugendliche so wirksam wie möglich zu schützen. Klar ist: Zwangsehen dürfen wir nicht dulden – erst recht nicht, wenn minderjährige Mädchen betroffen sind.

Unser Ziel ist: Wenn Menschen zu uns kommen, die unter 16 Jahren geheiratet haben, soll ihre Ehe ‎ausnahmslos unzulässig sein. Und: Ehen, die zwischen 16 und 18 Jahren geschlossen wurden, sollten nur noch in absoluten Ausnahmefällen genehmigt werden können, wenn das unter besonderer Berücksichtigung eines konkreten Einzelfalls geboten ist. Im Vordergrund sollte bei jeder Entscheidung immer das Wohl der betroffenen Frau stehen und auch die Frage, wie wir in der Ehe bereits geborene Kinder am besten schützen können.“

Diese Linie bestätigte der Bundesjustizminister in einem Interview v. 03.11.2016 („Ehen unter 18 sollten im Grundsatz tabu sein. In ganz besonderen Ausnahmefällen – etwa wenn es bereits Kinder aus der Ehe gibt oder die Ehefrau schwanger ist – kann es unter Umständen sinnvoll sein, zwischen 16 und 18 geschlossene Ehen anzuerkennen, damit die betroffene Frau nicht komplett rechts- und schutzlos ist“).