Gesetzgebung

Bayerischer Städtetag: Teilfortschreibung des Landesentwicklungsprogramms (LEP) – Kompromisslösung beim Anbindegebot?

Sofern die Erweiterung des Ausnahmekatalogs beim Anbindegebot nicht verhindert werden kann, muss durch andere Instrumente eine Berücksichtigung überörtlicher Belange sichergestellt werden. Diese Abwägung örtlicher und überörtlicher Interessen könnte dadurch sichergestellt werden, dass die Inanspruchnahme einer Ausnahme vom Anbindegebot unter den Vorbehalt der Zustimmung der Regionalen Planungsverbände gestellt wird.

Diese Zweistufigkeit der Prüfung örtlicher Belange durch die Stadt oder Gemeinde selbst und die Prüfung der Vereinbarkeit der lokalen Interessen mit den Belangen der kommunalen Nachbarschaft trägt örtlichen und überörtlichen Gesichtspunkten Rechnung. Denn in den Regionalen Planungsverbänden sind die Kommunen verfasst, die von einem Vorhaben berührt werden, auch wenn sich dieses räumlich auf ein Gemeindegebiet beschränkt. Die Prüfungskompetenz der Regionalen Planungsverbände ist dabei selbstverständlich auf überörtliche Gesichtspunkte begrenzt.

Das Anbindegebot gibt Städten und Gemeinden vor, dass neue Siedlungen und Gewerbegebiete in Anbindung an bestehende Siedlungsflächen auszuweisen sind. Es stellt für alle Städte und Gemeinden geltende Spielregeln auf. Es hilft Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern in Verhandlungen mit Investoren, die aus Kostengründen auf Standorte auf der „grünen Wiese“ drängen. Das Anbindegebot gibt Kommunalpolitikern ein Instrument, um sich in Verhandlungen mit Investoren im interkommunalen Wettbewerb nicht gegenseitig ausspielen zu lassen.

Mit dem Anbindegebot nimmt der Freistaat eine steuernde und eine schützende Aufgabe wahr. Der Bayerische Städtetag sieht deshalb eine Erweiterung des Ausnahmekatalogs des Anbindegebots für sämtliches Gewerbe an Autobahnausfahrten und für bestimmte Tourismuseinrichtungen nicht als eine zurückgewonnene Freiheit an, sondern als Beförderung interkommunaler Konkurrenz ohne Nutzen.

Die bayerischen Städte und Gemeinden brauchen keine Vormundschaft bei der Beurteilung lokaler Belange. Die Stadt oder die Gemeinde kann kommunale Belange am besten beurteilen. Dies gilt besonders bei der räumlichen Entwicklung der Gemeinde durch Ausweisung neuer Flächen. Diese wichtige Bewertung lokaler Belange muss mit überörtlichen Gesichtspunkten der kommunalen Gemeinschaft und Nachbarschaft in Einklang gebracht werden. Für diese Abstimmung örtlicher und überörtlicher Belange sind allgemein geltende Regelungen in einem Landesentwicklungsprogramm, wie sie im Anbindegebot getroffen werden, ein taugliches und bewährtes Instrument.

Der Bayerische Städtetag setzt sich deshalb primär für die Beibehaltung des Anbindegebots als Instrument allgemein geltender Spielregeln ein. In dem Wissen, dass generell geltende Regelungen nicht alle Konstellationen abdecken und angemessen behandeln können, hat sich der Bayerische Städtetag auch für die Formulierung von Ausnahmen und für einen den örtlichen Besonderheiten angemessenen Einsatz des Zielabweichungsverfahrens ausgesprochen.

Bei den im Teilfortschreibungsentwurf vorgesehenen weiteren Ausnahmen sieht der Bayerische Städtetag die angemessene Berücksichtigung überörtlicher Belange als gefährdet an. Deshalb lehnt der Bayerische Städtetag eine Erweiterung des Ausnahmekatalogs ab und befürwortet stattdessen einen flexibleren Einsatz des Zielabweichungsverfahrens dort, wo die Bewertung der Gemeinde eine Ausnahme verlangt und die Beeinträchtigung überörtlicher Interessen im Einzelfall ausgeschlossen oder auf ein hinnehmbares Maß reduziert werden kann.

Bayerischer Städtetag, Informationsbrief Nr. 11/2016 v. 15.11.2016

Redaktionelle Hinweise

Am 30.08.2013 wurde die neue Verordnung über das Landesentwicklungsprogramm Bayern (LEP) verkündet. Sie trat am 01.09.2013 in Kraft. Zu diesem Rechtsetzungsverfahren vgl. hier.

Zu der seit diesem Zeitpunkt geführten Diskussion um die Reform des LEP vgl. hier.