Die Bundesregierung hat heute den von Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz Heiko Maas vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Angleichung des Urheberrechts an die aktuellen Erfordernisse der Wissensgesellschaft beschlossen. Damit setzt der Entwurf die Maßgabe des Koalitionsvertrages um, eine sog. Bildungs- und Wissenschaftsschranke – also eine gesetzliche Nutzungserlaubnis – im Urheberrecht zu schaffen.
Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz Heiko Maas:
„Bildung und Forschung sind für Deutschland als Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort von herausragender Bedeutung. Wir brauchen ein modernes Urheberrecht, um die immensen Potentiale digitaler Inhalte für Bildung und Forschung nutzbar zu machen. Mit unserem Gesetzentwurf modernisieren wir das Wissenschafts-Urheberrecht grundlegend. Wir schaffen einen gesetzlich erlaubten Basiszugang zu urheberrechtlich geschützten Inhalten für Unterricht und Lehre, für die Forschung sowie für Bibliotheken und Museen. Dabei berücksichtigen wir unterschiedliche Interessen: Wissenschaftler und Forscher benötigen einen möglichst einfachen Zugang zu Inhalten, denn neue Erkenntnisse bauen in aller Regel auf vorhandenem Wissen auf. Die gesetzlich erlaubten Nutzungen sind nach unserem Entwurf – wie es den allgemeinen urheberrechtlichen Grundsätzen entspricht – angemessen zu vergüten. Denn: Die kreative Leistung von Wissenschaftsautoren ist ebenso zu honorieren, wie die Investition der Wissenschaftsverlage in die Herstellung und Verbreitung der geschützten Inhalte.“
Wesentliche Inhalte des Gesetzentwurfs
Der Gesetzentwurf regelt, in welchen Fällen urheberrechtlich geschützte Texte, Filme oder andere Medien für Unterricht, Lehre, oder die nichtkommerzielle Forschung verwendet werden dürfen. Für diese Zwecke gewährt der Entwurf einen gesetzlichen Basiszugang, der auch ohne Lizenz offen steht. Autoren, Verlage und andere Inhalteanbieter erhalten hierfür eine angemessene Vergütung.
Die bisherigen gesetzlichen Nutzungserlaubnisse im Urheberrechtsgesetz sind unübersichtlich geregelt und selbst für Expertinnen und Experten kaum verständlich. Außerdem sind sie teilweise veraltet. Die Reform macht Nutzerinnen und Nutzern in Schulen, Universitäten und Museen künftig das Leben leichter, indem sie geordnete, klare Vorschriften bringt, z.B. für „Unterricht und Lehre“, „Wissenschaftliche Forschung“ und „Bibliotheken“.
Die gesetzlichen Nutzungsbefugnisse werden behutsam erweitert und modernisiert. Künftig gilt der Grundsatz, dass die gesetzliche Erlaubnis durch Verträge nicht eingeschränkt werden kann, und auch Vertragsangebote die gesetzliche Nutzung nicht hindern. Der Entwurf erschließt so die Potentiale von Digitalisierung und Vernetzung für Bildung und Wissenschaft. Neue wissenschaftliche Arbeitstechniken wie das „Text and Data Mining“ – also die computergestützte Auswertung großer Text- und Datenbestände – werden zum ersten Mal gesetzlich geregelt.
Die Reform schafft auch Rechtssicherheit für die Deutsche Nationalbibliothek: Sie kann künftig „Web-Harvesting“ betreiben, also frei zugängliche Internet-Inhalte archivieren und so unser kollektives Gedächtnis auch in der digitalen Welt sichern.
Die Interessen von Autoren, Wissenschaftsverlagen und anderen Rechtsinhabern bleiben gewahrt: Die gesetzlichen Erlaubnisse ermöglichen nur einen Basiszugang, z.B. die Kopie einzelner Fachzeitschriftenartikel für den Unterricht oder die Nutzung von Buchauszügen für einen digitalen Semesterapparat. Verwertungsgesellschaften ziehen die Vergütungen ein und schütten sie an Autoren und Verleger aus. Für Nutzungen, die über das gesetzlich Erlaubte hinausgehen wie die Vervielfältigung ganzer Bücher wird auch künftig eine Lizenz benötigt.
BMJV, Pressemitteilung v. 12.04.2017
Red. Hinweis: Zum Gesetzentwurf.