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Verurteilung eines Bürgermeisters wegen Untreue und Bestechlichkeit

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Ein Bürgermeister ging beim Abschluss eines Maklervertrages zum Ankauf von Grundstücken regelwidrig vor. Unter anderem schloss er den Stadtrat nicht in die Vertragsabläufe mit ein. Dafür wurde er vom zuständigen Landgericht zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung  sowie einer Geldstrafe verurteilt. Der Angeklagte ging in Revision.

 Sachverhalt des Beschlusses des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 08.02.2023

Der Bürgermeister der Stadt O. (Angeklagter) schloss im Herbst 2013 im Zusammenhang mit der Entwicklung und Bebauung eines Baugebiets K. in der Gemeinde O. einen Maklervertrag mit der G. GmbH. Hintergrund dessen war, dass zur Sanierung des desolaten Haushalts der Stadt O. verschiedene Grundstücke vor dem Umlegungsverfahren durch die Stadt angekauft und nach Erschließung gewinnbringend verkauft werden sollten. Die G. GmbH leistete bei dem Ankauf der Grundstücke Vermittlungstätigkeiten in unterschiedlichem Umfang. Bei Abschluss des Maklervertrages wurde die nach der Gemeindeordnung erforderliche Schriftform nicht eingehalten und der zuständige Stadtrat nicht einbezogen.

Der Bürgermeister sagte der G. GmbH zu, dass die Maklerprovision gezahlt werde. Zudem wurde vereinbart, dass im Gegenzug ca. 10 % der Maklerprovision von der G. GmbH an den SPD-Ortsverein in O. fließen sollten. Dem Bürgermeister war bewusst, dass er zur Beauftragung der G. GmbH ohne Stadtratsbeschluss nicht berechtigt war und außerhalb der ihm im Innenverhältnis zustehenden Befugnisse handelte. Er wollte insgesamt eine Einbindung des Stadtrates umgehen und nahm an, zukünftige Rechnungen der G. GmbH auch ohne entsprechende Grundlage allein durch Anweisung zur Auszahlung bringen zu können. In der Folgezeit wurden mehrere Grundstücke unter Mitwirkung des früheren Mitangeklagten durch die Stadt O. angekauft. Diese bildeten die Grundlage für Provisionsrechnungen der G. GmbH, die auf Anweisung des Angeklagten in Höhe von insgesamt 172.249,94 € zum Nachteil der Stadt O. ausgezahlt wurden. Entsprechend der zwischen dem Angeklagten und dem früheren Mitangeklagten getroffenen Abrede leistete dieser in den Jahren 2014 und 2015 Spenden in Höhe von insgesamt 17.600 € an den SPD-Ortsverein in O.

Das Landgericht hat den (ehemaligen) Bürgermeister wegen Bestechlichkeit in vier Fällen sowie Untreue in zwölf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Der BGH wies die Revision des Bürgermeisters zurück. Dem Beschluss des BGH entnehmen wir:

1. Vermögensnachteil für eine Stadt im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB in Höhe der an einen Makler gezahlten Provisionen

„Ob ein Vermögensnachteil im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB eingetreten ist, muss grundsätzlich durch einen Vergleich des gesamten Vermögens vor und nach der beanstandeten Verfügung nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten geprüft werden … Ein Vermögensnachteil kann auch durch die Erbringung einer rechtsgrundlosen Zahlung bewirkt werden, weil diese nicht zum Erlöschen einer wirksamen Forderung führt …

Vorliegend war der Maklervertrag für den Angeklagten und den früheren Mitangeklagten erkennbar unwirksam und die Zahlungen erfolgten ohne Rechtsgrund. Nach den Feststellungen missbrauchte der Angeklagte…seine Vertretungsmacht, indem er den Maklervertrag infolge einer Bestechungsabrede…und zudem unter Umgehung des … zuständigen Stadtrates sowie Verletzung des Schriftformerfordernisses aus § 49 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 GemO Rheinland-Pfalz1) schloss. Auch eine spätere Genehmigung des Maklervertrages durch den Stadtrat, der – wie der Angeklagte wusste – der Beauftragung eines Maklers mangels Erforderlichkeit nicht zugestimmt hätte, war von vornherein nicht beabsichtigt.“

2. Ausgleich des Vermögensnachteils der Stadt durch den Erhalt der Maklerleistungen? (hier verneint)

„Der durch die Pflichtverletzung hervorgerufenen Vermögensminderung stand kein Vermögensvorteil gegenüber, welcher den Nachteil vollständig oder auch nur teilweise hätte ausgleichen können.

Entgegen der Auffassung der Revision ist ein solcher Vorteil nicht deswegen anzunehmen, weil die Stadt O. Maklerleistungen durch den früheren Mitangeklagten erhielt. Zwar trifft es im Ausgangspunkt zu, dass der Vermögensnachteil im Sinne des § 266 StGB nach dem Prinzip der Gesamtsaldierung festzustellen ist, so dass es an einem Nachteil im Falle einer schadensausschließenden Kompensation fehlt. Eine solche liegt vor, wenn und soweit der durch die Tathandlung verursachte Nachteil durch zugleich bzw. unmittelbar eintretende wirtschaftliche Vorteile ausgeglichen wird (st. Rspr. …).

Unabhängig von der Frage, ob den Leistungen des früheren Mitangeklagten im Zusammenhang mit dem Ankauf der Grundstücke durch die Stadt O. überhaupt ein Vermögenswert zukam, sind diese … unter dem Gesichtspunkt des bei der Haushaltsuntreue relevanten persönlichen Schadenseinschlags ohne kompensierbaren Wert, da sie aus der Sicht der Stadt O. subjektiv wertlos waren (vgl. BGH, Beschluss vom 8.1.20202) – 5 StR 366/19, BGHSt 64, 246 Rn. 29 mwN). Denn der Ankauf der Grundstücke hätte durch den Angeklagten und die Stadt sowie Mitarbeiter der Verbandsgemeinde, der die Stadt O. angehört, ohne Weiteres selbst organisiert werden können.

Dies gilt nach den Feststellungen besonders vor dem Hintergrund, dass die angesprochenen Grundstückseigentümer ohnehin verkaufsbereit waren. Aber auch im Hinblick auf das haushaltsrechtliche Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ist … angesichts der evidenten und schwerwiegenden Pflichtverstöße des Angeklagten eine Kompensation des eingetretenen Schadens zu verneinen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8.1.2020 – 5 StR 366/19, BGHSt 64, 246 Rn. 17 mwN; …).“

 

Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der Fundstelle Bayern 20/2023 Rn. 226.