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Entfernung aus dem Beamtenverhältnis wegen Verletzung der Persönlichkeitsrechte einer Minderjährigen

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Disziplinarrecht: Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bei einer schwerwiegenden Verletzung der Persönlichkeitsrechte einer Minderjährigen durch eine Lehrkraft

§ 201a Abs. 1 Nr.1 StGB, § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG, § 34 Abs. 1 Satz 3 BayDG

Oberstudienrat; Entfernung aus dem Beamtenverhältnis; Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen; Sexuelle Motive außerhalb von Kinder- und Jugendpornographie

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 20.09.2023, Az. 16a D 22.2292

Orientierungssätze der Landesanwaltschaft Bayern
  1. Eine außerdienstlich begangene Straftat nach § 201a StGB zum Nachteil einer minderjährigen Schülerin ist bei Lehrkräften regelmäßig geeignet, Rückschlüsse auf die dienstliche Vertrauenswürdigkeit zu ziehen.
  2. Schwerwiegende Verletzungen des Persönlichkeitsrechts einer Minderjährigen durch eine Lehrkraft rechtfertigen die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.
Bemerkung der Landesanwaltschaft Bayern

Mit dem vorliegenden Urteil hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) die vom Verwaltungsgericht Regensburg gegen eine männliche Lehrkraft (im Folgenden: Beklagter) verhängte Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bestätigt. Wegen Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs war der Beklagte strafrechtlich gemäß § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB durch rechtskräftigen Strafbefehl zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt worden. Der BayVGH ging auf Basis der darin getroffenen Feststellungen neben einem Verstoß des Beklagten gegen die Pflicht zur Beachtung der Gesetze nach § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG von einem Verstoß gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten nach § 34 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG aus.

1. Unabhängig von der Strafandrohung des § 201a StGB hat der BayVGH klargestellt, dass eine derartige Straftat zum Nachteil einer minderjährigen Schülerin geeignet ist, Rückschlüsse auf die dienstliche Vertrauenswürdigkeit eines Lehrers zu ziehen, insbesondere wenn in den unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung durch Fertigung von Nacktbildern in einem geschützten Raum – vorliegend handelte es sich um das Badezimmer mit Toilette – eingegriffen wird. Ein dienstlicher Bezug i.S.v. § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG sei in diesem Fall regelmäßig anzunehmen.

2. Der BayVGH folgte zudem der Argumentation der Landesanwaltschaft Bayern – Disziplinarbehörde –, dass ein durch Strafbefehl ausgeurteiltes Strafmaß von einem Jahr auch dann als Indiz für die Schwere einer außerdienstlichen begangenen Straftat herangezogen werden kann, wenn das Strafmaß auf die Bildung einer Gesamtstrafe i.S.v. § 54 StGB zurückzuführen ist. Aufgrund der gesetzgeberischen Wertung in § 24 Abs. 1 Nr. 1 BeamtStG indiziert eine solche Verurteilung bei einem Lehrer einen Persönlichkeitsmangel.

3. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis begründet der BayVGH insbesondere mit der Vorbildfunktion eines Lehrers bei der Vermittlung der verfassungsrechtlich geschützten Werteordnung. Vor diesem Hintergrund beeinträchtigt die Verletzung des Persönlichkeitsrechts einer Minderjährigen – auch wenn sexuelle Motive für den Straftatbestand selbst keine Rolle spielen – das Vertrauen des Dienstherrn dahingehend, dass ein Lehrer keine weitere Gewähr dafür bietet, dass er im schulischen Alltag die Intimsphäre der ihm verantworteten Schülerinnen und Schüler respektieren wird. Hinzutretende sexuelle Motive erhöhen das Gewicht des Dienstvergehens zusätzlich.

 

Oberlandesanwalt Dr. Schlüter ist bei der Landesanwaltschaft Bayern zuständig für Disziplinarrecht.

 

 

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