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StMJV: Justizministerium nimmt zur Verfassungsbeschwerde Herrn M. Stellung

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Das Bayerische Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz gibt die wesentlichen Inhalte seiner Stellungnahme vom 5. Juli 2013 gegenüber dem Bundesverfassungsgericht zu der Verfassungsbeschwerde von Herrn G. M. bekannt.

Mit der Verfassungsbeschwerde greift Herr M. gerichtliche Entscheidungen des Landgerichts Bayreuth und des Oberlandesgerichts Bamberg aus dem Jahr 2011 an. Damals war angeordnet worden, dass Herr M. in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht bleiben soll. Die Gerichte hatten dies damit begründet, dass nach ihrer Überzeugung aufgrund der Gutachten anerkannter psychiatrischer Sachverständiger weiterhin von einer psychischen Erkrankung des Herrn M. sowie von einer Gefährlichkeit für die Allgemeinheit auszugehen sei. Die Unterbringung sei wegen der hohen Gefährlichkeit Herrn M. auch verhältnismäßig.

Justizministerin Dr. Beate Merk: „Der Respekt vor dem Bundesverfassungsgericht gebietet es, die Stellungnahme auf eine juristische Bewertung der angegriffenen gerichtlichen Entscheidungen sowie rechtlicher Aspekte des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu beschränken. Es geht gerade nicht darum, eventuell falsche gerichtliche Entscheidungen zu verteidigen oder umgekehrt rechtlich zutreffende, aber als ungerecht empfundene Urteile zu kritisieren.“

Das Landgericht Bayreuth sowie das Oberlandesgericht Bamberg waren in ihren nunmehr dem Bundesverfassungsgericht vorliegenden Entscheidungen aus dem Jahr 2011 an die rechtskräftigen Feststellungen des Urteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 8. August 2006 gebunden. Diese sind auch den rechtlichen Würdigungen im Rahmen des verfassungsgerichtlichen Verfahrens zugrunde zu legen. Das Landgericht Nürnberg-Fürth hatte festgestellt, dass der Beschwerdeführer seine Ehefrau geschlagen, gebissen, mit Füßen getreten, bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt und in der gemeinsamen Wohnung festgehalten sowie Fahrzeuge verschiedener Personen beschädigt haben soll.

„Sofern diese rechtskräftigen gerichtlichen Feststellungen nicht durch die Wiederaufnahme des Verfahrens obsolet werden, sind sämtliche nachfolgenden Gerichte hieran gebunden. Durch den von mir veranlassten Wiederaufnahmeantrag soll die Möglichkeit geschaffen werden, die Vorwürfe, die zur Unterbringung von Herrn M. geführt haben, erneut zu überprüfen“, so die Bayerische Justizministerin Merk.

Das Bayerische Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz gelangt hinsichtlich der Entscheidungen aus dem Jahr 2011 zu der Einschätzung, dass hierdurch zum damaligen Zeitpunkt keine Grundrechte des Herrn M. verletzt wurden. Wichtig sei insoweit insbesondere, dass das Landgericht Bayreuth seine Entscheidung auf ein neues, so genanntes externes Sachverständigengutachten gestützt hatte, wobei der Sachverständige Herrn M. persönlich eingehend untersuchte. Gleichzeitig habe es sich auch mit den weiteren Gutachten auseinandergesetzt und diese hinterfragt.

Einen Schwerpunkt der Stellungnahme bildet darüber hinaus auch die Frage, inwieweit die Fortdauer der Unterbringung des Herrn M. auch heute noch mit der Verhältnismäßigkeit in Einklang steht.

„Gerade die Dauer der Unterbringung des Herrn M. wirft Fragen auf“, so Merk. „Ich habe die Stellungnahme deshalb auch genutzt, um zu unterstreichen, dass auch in rechtlicher Hinsicht die Dauer der Unterbringung mit zunehmendem Zeitablauf bei der Prüfung von deren Fortdauer immer stärker ins Gewicht fallen muss.“

Das Ministerium trägt in seiner Stellungnahme ganz ausdrücklich für und gegen die Fortdauer der Unterbringung abzuwägende Gesichtspunkte vor. Sofern ausschließlich auf das Gewicht der Anlasstaten und die damit verbundenen Strafobergrenzen abgestellt würde, würde man sich nach nunmehr 7 Jahren Schritt für Schritt einer möglichen Unverhältnismäßigkeit der weiteren Unterbringung nähern. Aber auch die von Herrn M. nach den nach wie vor rechtskräftigen Entscheidungen ausgehende Gefahr ist ein Gesichtspunkt der Abwägung, solange nicht das Wiederaufnahmegericht zu einem anderen Ergebnis kommt.

In diesem Zusammenhang könne etwa eine Rolle spielen, dass Herr M. in der Öffentlichkeit großen Zuspruch und Unterstützung erfahren hat. Es bleibe abzuklären, ob und inwieweit diese bestärkenden Geschehnisse positiven Einfluss auf Herrn M. haben.

Auf der anderen Seite seien auch die bisher zum Ausdruck kommende fehlende Bereitschaft des Herrn M. zu einer erneuten externen Begutachtung, zu einer Verlegung in ein anders Bezirkskrankenhaus bzw. zu Therapie und Vollzugslockerungen zu berücksichtigen und die damit einhergehende erschwerte Gefährlichskeitsprognose. Insoweit hätte Herr M. die Möglichkeit, einige der maßgeblichen Aspekte der erforderlichen Abwägung zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Die erforderliche Gesamtabwägung aller Umstände werde freilich durch das jeweils befasste Gericht vorzunehmen sein.

Unabhängig hiervon wurde die Staatsanwaltschaft vom Justizministerium gebeten, gemeinsam mit dem Bezirkskrankenhaus in Bayreuth insbesondere Möglichkeiten der Lockerung anzubieten, die von Herrn M. auch angenommen werden. Hierbei geht es auch um den behutsamen Wiederaufbau eines sozialen Umfeldes. Hier könnte insbesondere an die Einschaltung einer externen Betreuungsperson gedacht werden, die das Vertrauen des Herrn M. genießt und mit der er gemeinsam Perspektiven für ein Leben außerhalb des Bezirkskrankenhauses erarbeiten kann.

StMJV, PM v. 09.07.2013