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VG München: Klage auf Zuweisung eines Platzes in Kindertageseinrichtung abgewiesen

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Kinderbetreuung in KitaDie 18. Kammer des Bayerischen Verwaltungsgerichts München hat nach gestriger mündlicher Verhandlung die Klage eines knapp 13 Monate alten Kindes auf Zuweisung eines Platzes in einer städtischen bzw. freigemeinnützigen Kindertageseinrichtung abgewiesen.

Die beklagte Landeshauptstadt München hatte für das Kind Betreuungsplätze in freigemeinnützigen Kindertagesstätten angeboten, die dieselben Gebühren wie die städtischen Kindertagesstätten erheben. Diese Einrichtungen sind von der elterlichen Wohnung mit öffentlichen Verkehrsmitteln jeweils in ca. einer halben Stunde erreichbar. Der Weg von diesen Tagesstätten bis zum Arbeitsplatz der Eltern, die beide in Vollzeit arbeiten, beträgt ebenso ca. eine halbe Stunde mit öffentlichen Verkehrsmitteln.

Diesen zeitlichen Aufwand hat das Gericht im konkreten Einzelfall als zumutbar erachtet, so dass der Anspruch auf Förderung in einer Kindertageseinrichtung (§ 24 Abs. 2 SGB VIII) durch die angebotenen Plätze hätte erfüllt werden können. Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Zeit, die die Eltern für das Bringen und Abholen des Kindes zu bzw. von den angebotenen Kindertageseinrichtungen aufbringen müssen, für beide Elternteile gleich ist und sie sich dabei entsprechend ihrer eigenen Planung abwechseln können. Der zeitliche Aufwand der Eltern, der für sie mit der Betreuung des Kindes in einer der angebotenen Kindertageseinrichtungen verbunden ist, wird dadurch auf beide Elternteile verteilt und insofern für den einzelnen Elternteil reduziert.

Gegen die Entscheidung wurde die Berufung zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen. Die nähere Begründung bleibt den schriftlichen Entscheidungsgründen vorbehalten.

VG München, Pressemitteilung v. 19.09.2013 zum U. v. 18.09.2013, M 18 K 13.2256

Redaktionelle Anmerkungen

In Bayern wurde durch eine Änderung des AGSG eine Anmeldefrist von 3 Monaten für einen Betreuungsplatz festgeschrieben (Art. 45a AGSG; zur Gesetzesänderung: vgl. hier).

Zu der Frage wie der Anspruch auf Förderung in einer Kindertageseinrichtung (§ 24 Abs. 2 SGB VIII) erfüllt werden kann, liegen mittlerweile Entscheidungen der Verwaltungsgerichte mehrerer Bundesländer vor.

In Nordrhein-Westfalen hatte das VG Köln in zwei Eilverfahren entschieden, dass der Anspruch gemäß dem Wunsch der Eltern die Betreuung in einer wohnortnahen Kindertageseinrichtung umfasse. Die Grenze der Wohnortnähe im städtischen Bereich des Kölner Stadtgebiets sei überschritten, wenn die Kindertageseinrichtung in einer Entfernung von mehr als 5 km (Wegstreckenentfernung) vom Wohnort des Kindes gelegen sei. Diese Entscheidung wurde vom OVG NRW kassiert: Eltern eines unter drei Jahre alten Kindes könnten zwar grundsätzlich zwischen den gleich geeigneten und gleichwertigen Arten der frühkindlichen Förderung in einer Kindertagesstätte und bei einer Tagesmutter wählen. Dem Wunsch der Eltern müsse allerdings nicht entsprochen werden, wenn in der gewünschten Betreuungsform kein Platz mehr vorhanden sei. Stehe ein freier Platz nur bei einer Tagesmutter und nicht in der von den Eltern gewünschten Kindertagesstätte zur Verfügung, erfülle der Träger der Jugendhilfe den Rechtsanspruch auf U3-Betreuung mit dem Angebot dieses freien Platzes. Ein Anspruch auf Kapazitätserweiterung bestehe nicht. Offen gelassen hat das OVG die Frage, ob in Ballungsräumen eine über fünf Kilometer von der Wohnung des Kindes entfernt gelegene Kindertagesstätte nicht mehr als wohnortnah zu qualifizieren ist. Es hat allerdings darauf hingewiesen, dass bei der abschließenden Prüfung, ob die U3-Betreuung in zumutbarer Entfernung zur Wohnung des Kindes liegt, eine pauschalierende Regelbeurteilung allein nicht ausreicht, sondern die konkreten Umstände des Einzelfalls in den Blick genommen werden müssen.

In Hessen hat das VG Frankfurt am Main einen Eilantrag auf Gewährung eines vorläufigen Betreuungsplatzes abgelehnt und u.a. ausgeführt, dass ein 30minütiger Weg bis zur Kita mit dem öffentlichen Nahverkehr mit einem einmaligen Umsteigen von der U-Bahn zur Straßenbahn zumutbar sei. Nicht nachvollziehbar sei auch die von dem Antragsteller gegen eine Betreuung in Kindertagespflege vorgebrachte Behauptung, dass die betreffende Pflegeperson nicht hinreichend deutsch spräche – dies sei angesichts der vorgelegten Qualifikation für diese Tätigkeit nicht glaubhaft (Tagespflegepersonen bedürften für die Ausübung ihrer Tätigkeit einer besonderen Erlaubnis nach dem Sozialgesetzbuch VIII, die sie nur bei entsprechender persönlicher und fachlicher Eignung erhalten).

In Baden-Württemberg äußerte sich das VG Stuttgart en passant skeptisch zu einem Anspruch auf einen Kita-Platz im Umfang von acht Stunden täglich: Der Umfang der täglichen Förderung richte sich gemäß der Regelung in § 24 SGB VIII nach dem individuellen Bedarf. Das Deutsche Institut für Jugendhilfe und Familienrecht vertrete hierzu in seinem Rechtsgutachten zum „Rechtsanspruch U3“ vom 21.12.2012 (abrufbar unter www.dijuf.de) die Auffassung, dass der Rechtsanspruch auf Förderung einen bedarfsunabhängigen Grundanspruch für alle Kinder im Umfang von täglich vier Stunden von Montag bis Freitag umfasse. Würden Erziehungsberechtigte für ihr Kind abweichende Betreuungszeiten vom bedarfsunabhängigen Grundanspruch begehren, so fordere das Gesetz hierfür die Geltendmachung eines individuellen Bedarfs. Ein Rechtsanspruch dürfte in Bezug auf den Betreuungsumfang danach, so das Rechtsgutachten, nicht bei jedem persönlichen Wunsch der Erziehungsberechtigten bestehen. Notwendig erscheine vielmehr, dass die Erziehungsberechtigten objektivierbare Gründe für abweichende Betreuungszeiten hätten (etwa Ausbildung, Erwerbstätigkeit, Arbeitssuche u.a.).

Ass. iur. Klaus Kohnen; Foto: (c) olesiabilkei – Fotolia.com

Net-Dokument BayRVR2013091901