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Landtag: „Aktuelle Stunde“ – Debatte zum G 8

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Das achtjährige Gymnasium (G8) bleibt weiter Hauptstreitpunkt in der bildungspolitischen Auseinandersetzung. In einer von den Fraktion der FREIEN WÄHLER beantragten „Aktuellen Stunde“ setzten sich diese erneut für eine Wahlfreiheit zwischen G8 und G9 ein und verwiesen dabei auf ihre aktuell laufende Unterschriftensammlung für ein entsprechendes Volksbegehren. Dagegen beharrten die Staatsregierung und die sie stützende CSU-Fraktion auf ihrem Nein zu neuerlichen Strukturreformen im Schulwesen. Man sei lediglich für eine Weiterentwicklung der bestehenden Instrumente zur individuellen Förderung der Schüler an den Gymnasien bereit.

Die FREIEN WÄHLER sahen sich durch die jüngsten Beschlüsse des Bayerischen Philologenverbandes (bpv) in ihrer Forderung nach einer G8/G9-Wahlfreiheit bestärkt. Wenn der bpv nun ein Konzept zur Rückkehr zum G9 erarbeite und betone, die Schüler bräuchten mehr Zeit für gymnasiales Lernen, dann sei die Wahlfreiheit darauf die richtige Antwort, erklärte der FW-Bildungspolitiker Günther Felbinger. Das von Kultusminister Ludwig Spaenle zur Lösung der G8-Probleme eingeführte Flexibilisierungsjahr werde dagegen nur von wenigen Schülern angenommen.

„Wir wollen aber, dass nicht nur wenige in den Genuss einer längeren individuellen Lernzeit kommen, sondern alle“, erklärte Felbinger.

In Hessen und Baden-Württemberg würde die Wahlfreiheit inzwischen erfolgreich praktiziert, laut Umfragen sprächen sich auch über 70 Prozent der Bayern dafür aus.

Spaenle schloss dagegen ein Zurück zum G9 aus.

„Wir werden den Weg der individuellen Förderung für jeden einzelnen Schüler am Gymnasium weitergehen“, sagte Spaenle und warb für eine bessere Akzeptanz des „Flexibilisierungsjahres“.

Eine achtjährige Schulzeit für alle sei demnach „pädagogisch genauso überholt“ wie neun Jahre für alle. Die G8-G9-Wahlfreiheit gefährdet nach Einschätzung Spaenles wegen des zusätzlichen Personalbedarfs wichtige Errungenschaften, wie die Intensivierungsstunden und bedrohe kleinere Gymnasien im ländlichen Raum in ihrer Existenz. Diese könnten eine Doppelstruktur aus G8 und G9 nicht stemmen. Bei der Ankündigung des bpv zur Ausarbeitung eines G9-Konzepts könne es aus seiner Sicht nur darum gehen, die vorhandenen Formen der individuellen Lernzeit zu optimieren, so Spaenle.

SPD-Fraktionsvizin Simone Strohmayr attestierte der Staatsregierung bezüglich der gymnasialen Zukunft Orientierungslosigkeit:

„Schon seit zehn Jahren doktert man erfolglos an der Sturzgeburt G8 herum“, sagte sie.

Der G9-Beschluss der Philologen komme einer „Watschn“ für Spaenle gleich. Die Unzufriedenheit bei Lehrern, Eltern und Schülern sei ungebrochen. Strohmayr forderte ein umfassende Reformdebatte mit allen Betroffenen.

„Wir brauchen keinen neuen Schnellschuss, sondern eine durchdachte und nachhaltige Reform“, sagte Strohmayr.

Die SPD habe dazu bereits im vergangenen Jahr weitreichende Vorschläge gemacht. Den bpv-Vorstoß in Richtung G9 wertete Strohmayr daher als „Erfolg unserer Politik“.

Thomas Gehring (Bündnis 90/Die Grünen) warf der Staatsregierung in der Gymnasialpolitik „Flickschusterei“ vor:

„Ein Modell, dass nach zehn Jahren noch immer umstritten ist, kann kein gutes sein“, sagte Gehring.

Auch das neue Flexi-Jahr löse die Probleme des Gymnasiums „in keinster Weise“, weil es keine Antworten auf die drängenden Fragen der Lehrinhalte und der gezielten Förderung gebe.

„Wir brauchen keine Ruhe an den Schulen, sondern eine in Ruhe ausgearbeitete Reform“, so Gehring.

Auch er forderte ein in sich schlüssiges Konzept zur schülergerechten Reform des Gymnasiums. Skeptisch sei er bezüglich einer G8/G9-Wahlfreiheit, weil diese das Schulwesen noch weiter aufgliedere und damit die Bildungsselektion verstärke.

Nach Ansicht der CSU hat sich das G8 bewährt. So hätten der Unterrichtsausfall reduziert und die Durchfallerquote gesenkt werden können, zählte der CSU-Abgeordnete Otto Lederer auf. Die von 33 auf 40 Prozent gestiegene Übertrittsquote ans Gymnasium belege zudem, dass das G8 von den Eltern akzeptiert sei. Seine Fraktionskollegin Kerstin Schreyer-Stäblein ergänzte, Hauptsorge der Eltern sei nicht die Verweildauer ihrer Kinder am Gymnasium, sondern die Unterrichtsversorgung und die individuelle Förderung. An diesen Punkten sei man jederzeit zu Weiterentwicklungen bereit. Im Mittelpunkt dürfe nicht die Frage der Schulstruktur stehen, sondern der individuelle Lernfortschritt der Kinder.

Bayerischer Landtag, Aktuelles – Aus dem Plenum v. 10.12.2013 (von Jürgen Umlauft)