von Ministerialrat a.D. Ulrich Drost
Fast vier Jahre nach Bekanntmachung des neuen Bayerischen Wassergesetzes (BayWG) vom 25.02.2010 und nach dessen gemeinsamen Inkrafttreten mit dem neuen Wasserhaushaltsgesetz (WHG) vom 31.07.2009 zum 01.03.2010 hat das Bayerische Staatministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) am 19.02.2014 die Verwaltungsvorschrift zum Vollzug des Wasserrechts (VVWas) vom 27.01.2014 bekannt gemacht (AllMBl 02/2014, S. 57 ff.).
1. Bedeutung und historische Entwicklung
Der VVWas ist ein ganzes Heft des AllMBl gewidmet. Entsprechend gewichtig kommen sie daher mit knapp 50 Seiten Text, wobei das Inhaltsverzeichnis bereits siebeneinhalb Seiten davon in Anspruch nimmt.
Ein bedeutendes Werk also, das in einer mehr als hundertjährigen Tradition vorangegangener Verwaltungsvorschriften steht. Zumindest seit dem Bayerischen Wassergesetz für das Königreich Bayern vom 25.05.1907 wurden die gesetzlichen wasserrechtlichen Vorgaben durch ausführliche Verwaltungsvorschriften näher erläutert und das gesetzlich eingeräumte wasserwirtschaftliche und wasserrechtliche Bewirtschaftungsermessen durch Vorgaben der Obersten Wasserbehörde weiter eingegrenzt. Eine Praxis, die mit unveröffentlichten Verwaltungsvorschriften zum Bayerischen Wassergesetz vom 26.07.1962 und zum Wasserhaushaltsgesetz vom 27.07.1957 ihre Fortsetzung fand (VwVBayWG v. 16.12.1969). Die VwVBayWG wurden zum 01.11.1999 umfänglich überarbeitet in Gänze bekanntgemacht und veröffentlicht und werden nunmehr durch die neuen VVWas ersetzt.
Die langjährige Tradition der Verwaltungsvorschriften zeigt auch die Einbindung dieser Vorgaben in und die Bedeutung für den Vollzug wasserrechtlicher Vorschriften auf. Sie sind Handlungsanleitung für die dem StMUV nachgeordneten wasserwirtschaftlichen Fachbehörden und Verwaltungsvorgabe für die unteren Wasserbehörden. Umso dringlicher war die Überarbeitung und Neuausrichtung der Verwaltungsvorschriften an die neuen gesetzlichen Vorgaben.
2. Neue Systematik der Verwaltungsvorschriften
Für die bisherigen Verwaltungsvorschriften war der Name schon Programm. Als „Verwaltungsvorschriften zum Wasserhaushaltsgesetz und zum Bayerischen Wassergesetz“ benannt, jedoch mit „VwVBayWG“ abgekürzt, richteten sie sich nach der Struktur und Artikelfolge des BayWG. Die neue Bezeichnung und Abkürzung „VVWas“ zeigt insoweit bereits die Abkehr von dieser Systematik und die Hinwendung zur Gesamtheit wasserrechtlicher Regelungen aus WHG und BayWG. Diese den Folgen der ersten Föderalismusreform geschuldete Änderung hat wesentliche Auswirkungen auf die Systematik und damit die Handhabung der VVWas.
Die Gliederung orientiert sich nunmehr an der Kapitel- und Abschnittseinteilung des WHG, ergänzt durch die entsprechenden Teile und Abschnitte des BayWG. Damit wird der Gliederungszusammenhang zwischen WHG und BayWG für die Strukturierung der VVWas genutzt.
Innerhalb dieser Gesetzes-Kapitel/Teile-Gliederung folgen in der weiteren Untergliederung die Vorschriften des WHG (erkennbar durch „§“). Ergänzende oder abweichende Vorschriften aus dem BayWG sind der jeweiligen Vorschrift aus dem WHG unmittelbar beigeordnet:
- Abweichende Vorschriften werden unter der Überschrift des WHG geführt (Schema „§/Art. Text WHG“, z. B. „§23/Art. 17 Rechtsverordnungen zur Gewässerbewirtschaftung“).
- Ergänzende Vorschriften werden unter der Überschrift aus dem BayWG geführt (Schema „§/Art. Text BayWG“, z. B. „§ 4/Art. 4 Duldungspflicht“).
Eigenständige Vorschriften des BayWG werden gesondert nach den Vorschriften des WHG am Ende des jeweiligen Kapitels/Abschnitts aufgeführt (erkennbar durch „Art.“ zu Beginn, z. B. „3.6.6 Art. 39 Ausbaupflicht“ – dieser befindet sich am Ende von Kapitel 3/Abschnitt 5, der die §§ 67-71 umfasst).
Von dieser Systematik wird in Kapitel 2 Abschnitt 3 WHG (= Nr. 2.4 VVAwS) insoweit abgewichen, als an dieser Stelle auch die Verwaltungsvorschriften zur Schiff- und Floßfahrt aufgeführt sind, die im WHG keine Entsprechung haben, wie andererseits auch die Vorschriften in Kapitel 2 Abschnitt 3 für Küstengewässer und Meere nicht im BayWG ihren Niederschlag gefunden haben. Gleiches gilt für Kapitel/Teil 3 Abschnitt 3 im Hinblick auf die Vorschriften für den Umgang mit wassergefährdenden Stoffen, die im BayWG keine Entsprechung haben und an deren Stelle Vorschriften für wasserwirtschaftliche Anlagen aufgeführt sind (vgl. Nr. 3.4 VVWas). Da die Parallelität der gesetzlichen Vorgaben in WHG und BayWG mit dem Kapitel 6 WHG und Teil 7 BayWG [Ordnungswidrigkeiten] endet, beziehen sich die Vorgaben im Kapitel 6 Teile 6 und 8 ausschließlich auf Vorschriften des BayWG.
Für ein zügiges Auffinden der den jeweiligen gesetzlichen Regeln zugeordneten Verwaltungsvorschriften ist deshalb eine gute Kenntnis der gesetzlichen Gliederungs-Strukturen in WHG und BayWG mit ihren Inhaltsverzeichnissen, die ja jeweils Bestandteil des Gesetzes sind, notwendig. Andererseits enthalten die VVWAs ein umfangreiches Inhaltsverzeichnis, das bei entsprechender digitaler Aufbereitung über STRG und Klick unmittelbar zum gewünschten Text führt. Der Verlust der unmittelbaren Zuordnung der Verwaltungsvorschrift zum jeweiligen Gesetzestext des BayWG über die entsprechende Art.-Nummer ist deshalb leicht zu verschmerzen. Andererseits sind die VVWas vollständig, d.h. es werden alle Vorschriften des WHG in die Gliederung der VVWas aufgenommen, auch wenn zu den jeweiligen Bestimmungen keine zugehörigen Verwaltungsvorschriften erlassen sind. Mit der jeweiligen Untergliederung bleibt damit ein Platzhalter für eventuell künftige Notwendigkeiten (vgl. z. B. Nr. 1.3 § 3 Begriffsbestimmungen). Dies hat den Vorteil, dass Änderungen an der Gliederung der VVWas auch bei künftigen zusätzlichen Regelungen nur mehr in dem Maß erforderlich sind, als auch im WHG selbst zusätzliche neue Paragrafen-Nummern geschaffen werden.
3. Allgemeine Vorgaben
Den alten VwVBayWG waren in der Vorbemerkung Grundsätze vorangestellt, die allgemein den wasserrechtlichen Vollzug lenken und leiten sollten. In den VVWas werden in einer Vorbemerkung ebenfalls allgemeine Vorgaben vorangestellt, die ebenfalls allgemeine Aussagen und Vorgaben zum Vollzug des Wasserrechts zum Inhalt haben.
So wird herausgestellt, dass Wasser eine der wichtigsten Lebensgrundlagen ist, es für den Menschen, für Tier- und Pflanzenwelt unentbehrlich ist und sich im Wasserhaushalt der Natur ständig im Kreislauf befindet. Auch für das Klima habe es eine wichtige Funktion. Jeder Angehörige der öffentlichen Verwaltung, der mit dem Vollzug des Wasserrechts befasst ist, müsse deshalb in dem Bewusstsein handeln, dass die Gewässer als lebenswichtiges Gut nachhaltig bewirtschaftet werden. Die Bewirtschaftung müsse sich an den Zielen der Wasserrahmenrichtlinie orientieren und einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen, damit die heutigen Bedürfnisse befriedigt werden könnten, ohne die der künftigen Generationen zu gefährden. Die ökologischen Funktionen der Gewässer und die biologische Vielfalt in und am Gewässer sollten gefördert werden. Vermeidbare Beeinträchtigungen müssten unterbleiben. Eine nachhaltige Wasserwirtschaft sei unter Anwendung des Vorsorge-, Verursacher- und Kooperationsprinzips zu verwirklichen. Soweit aufgrund der gesetzlichen Vorschriften nach pflichtgemäßem Ermessen entschieden werden könne, sei die für wasserwirtschaftliche Belange und die im Wasserrecht zu berücksichtigenden anderen öffentlich-rechtlichen Belange günstigste Lösung zu wählen; Einzelinteressen hätten grundsätzlich hinter den höheren Belangen des Gemeinwohls zurückzustehen. Die wasserrechtlichen Verfahren sollen ausgewogen, bürgernah und zügig durchgeführt und in angemessener Frist abgeschlossen werden. Ein ordnungsgemäßer wasserrechtlicher Vollzug erfordere es, dass vor Abschluss der vorgeschriebenen Verfahren keine vollendeten Tatsachen geschaffen würden. Einem unzulässigen Baubeginn sei daher entgegenzutreten. Die Notwendigkeit, die wasserrechtlichen Vorschriften zu beachten, werde durch ihre Straf- und Bußgeldbewehrung unterstrichen.
Inhaltlich entsprechen diese Vorgaben den bisherigen Grundsätzen, zum Teil sind diese auch im Wortlaut übernommen. Aus der Tatsache, dass die VVWas diese Vorgaben nicht mehr ausdrücklich als „Grundsätze“ für den Verwaltungsvollzug bezeichnet, kann deshalb nicht geschlossen werden, dass es sich dabei lediglich um für den Verwaltungsvollzug im Einzelfall unbeachtliche inhaltliche Anmerkungen handelt, die im Übrigen ohne praktische Auswirkung wären. Vielmehr handelt es sich bei diesen allgemeinen Vorgaben um zwingende allgemeine Vorgaben für den Verwaltungsvollzug, die quasi vor die Klammer gezogen sind und die die jeweiligen einzelnen Vorschriften ergänzen. Dies gilt insbesondere für die Vorgabe des Günstigkeitsprinzips zu Gunsten wasserwirtschaftlicher Belange, den bürgernahen und zügigen Verwaltungsvollzug und die Verhinderung vollendeter Tatsachen durch unerlaubte Gewässerbenutzungen oder die Verwirklichung sonstiger wasserrechtlich nicht zugelassener Tatbestände. Der Hinweis am Ende der allgemeinen Vorgaben unterstreicht eine stringente Anwendung der jeweiligen Straf- und Bußgeldbestimmungen.
4. Vorgaben zu einzelnen wasserrechtlichen Tatbeständen
Die VVWas enthalten im Prinzip, wie bereits ausgeführt, Aussagen zu allen wasserrechtlichen Vorschriften des WHG und des BayWG, auch wenn im Einzelnen nicht immer entsprechende Aussagen getroffen werden. Eine Gesamtdarstellung würde deshalb den gegeben Rahmen sprengen. Die nachfolgenden Ausführungen werden daher auf wesentliche Aussagen mit herausgehobener Bedeutung für den wasserrechtlichen Vollzug beschränkt.
4.1 Anwendungsbereich
Der Anwendungsbereich des WHG kann nach § 2 Abs. 2 WHG landesrechtlich auf Gewässer von wasserwirtschaftlicher Bedeutung beschränkt werden. Nach Art. 1 Abs. 2 BayWG unterfallen Gewässer von wasserwirtschaftlich untergeordneter Bedeutung damit nicht oder nicht gänzlich den Wassergesetzen.
Der unbestimmte Rechtsbegriff wird unter Nr. 1.2 VVWas näher erläutert, die in Art. 1 Abs. 2 BayWG verwendeten Begriffe werden klargestellt. Ob Be- oder Entwässerungsgräben, Teiche oder Weiher von wasserwirtschaftlich untergeordneter Bedeutung sind, richte sich – gegebenenfalls unter Beachtung von Verknüpfungen mit anderen Gewässern und von
Graben-, Teich- oder Weihersystemen – insbesondere nach ihrem bestehenden ökologischen Wert, dem oberirdischen Einzugsgebiet, ihren Wirkungen auf den Wasserhaushalt und ihren Nutzungen. Kriterien für die wasserwirtschaftliche Bedeutung der Gewässer seien insbesondere, wenn sie ein Einzugsgebiet von mehr als 50 ha aufweisen würden, sie der Einleitung von häuslichem oder gewerblichem Abwasser dienten, das Gewässerbett von Be- oder Entwässerungsgräben erosionsgefährdet sei und eine erhebliche Gefahr für An- und Unterlieger (z. B. bei Hochwasser) gegeben wäre oder es sich um gesetzlich geschützte Biotope nach § 30 Abs. 2 BNatSchG, Art. 23 Abs. 1 BayNatSchG bzw. um erhaltenswerte Biotope handelt, die vom LfU nach Art. 46 Nr. 4 BayNatSchG erfasst werden. Ebenfalls nicht mehr von wasserwirtschaftlich untergeordneter Bedeutung seien Gewässer, an denen ein in das PRTR-Register (Pollutant Release and Transfer Register, vgl. Abkürzungsverzeichnis am Ende des VVWas mit Angabe der einschlägigen EU-Verordnungen) eingetragener Betrieb liege. Für die Beurteilung in Zweifelsfragen zuständig ist das WWA, dessen Äußerung von der KVB zur Frage der wasserwirtschaftlichen Bedeutung einzuholen sei. Das WWA bindet ggf. die zuständige Naturschutzbehörde bzw. die Fachberatung für Fischerei ein und äußert sich gegenüber der KVB mit einer alle Belange abdeckenden Stellungnahme.
Nach § 2 Abs. 2 WHG werden Straßenseitengräben als Beispielsfall eines Gewässers von wasserwirtschaftlich untergeordneter Bedeutung bezeichnet. Davon weicht Art. 1 BayWG ausdrücklich dadurch ab, dass in Art. 1 Abs. 2 BayWG die Straßenseitengräben nicht als ein Gewässer von wasserwirtschaftlich untergeordneter Bedeutung neben Teichen und Weihern und Be- und Entwässerungsgräben benannt werden. Nr. 1.2.2 VVWas stellt nunmehr klar, dass Straßenseitengräben keine Gewässer sind, sondern als Bestandteil der Straße Abwasseranlagen (§ 1 Abs. 4 FStrG, Art. 2 Nr. 1 Buchst. b BayStrWG). Lediglich natürliche oder künstliche Gewässer, die abschnittsweise entlang einer Straße verlaufen und dabei auch die Funktion eines Straßenseitengrabens übernehmen, bleiben Gewässer im Sinn der Wassergesetze.
4.2 Gewässereigentum
4.2.1 Eigentum am Wasser
Das Gewässereigentum hat mit dem neuen WHG eine grundsätzliche Neureglung erfahren, der landesrechtliche Regelungsvorbehalt in Art. 65 EGBGB (a.F.) wurde aufgehoben (vgl. Art. 13 des Gesetzes zur Neuregelung des Wasserrechts vom 31.7.2009, BGBl I S. 2585).
Wasser eines fließenden Gewässers und Grundwasser sind nach § 4 Abs. 2 WHG nicht eigentumsfähig. Zu Wasser in stehenden Gewässern trifft § 4 WHG keine Regelung, so dass insoweit § 4 Abs. 5 WHG mit seiner Regelungsoption zu Gunsten der Länder greift. Nr. 1.4.1 VVWas stellt deshalb auch klar, dass sich als Folge des § 4 Abs. 2 WHG das Gewässereigentum an Fließgewässern mit Wirkung vom 01.03.2010 auf das Gewässerbett beschränkt (anders noch Art. 4 Abs. 1 BayWG a.F., der das Grundeigentum ausdrücklich bei oberirdischen Gewässern auf das Wasser auf dem Gewässergrundstück erstreckte und dabei keinen Unterschied zwischen fließenden und stehenden Gewässern machte). Nach 1.4.1 VVWas werde „die Eigentumsfähigkeit stehender Gewässer dagegen bundesrechtlich nicht geregelt, sodass es insoweit bei der bisherigen landesrechtlichen Zuordnung verbleibt. Die Eigentumsfähigkeit von Wasser in stehenden oberirdischen Gewässern ist damit landesrechtlich wie bislang zu bejahen.“
Hinsichtlich der Eigentumsfrage ist Nr. 1.4.1 VVWas so zu verstehen, dass sie lediglich die Sachverhalte von bereits existierenden stehenden Gewässern erfasst. Nicht aufgeführt in Nr. 1.4.1 VVWas ist der Sachverhalt der Eigentumsverhältnisse bei der neuen Herstellung eines oberirdischen Gewässers. Auch wenn Art. 4 Abs. 1 BayWG a.F. mit Wirkung zum 01.03.2010 aufgehoben wurde, ändert dies grundsätzlich nichts an den bis zu diesem Zeitpunkt begründeten Eigentumsverhältnissen an stehenden Gewässern. Insofern gelten die einmal begründeten Rechtswirkungen hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse an stehenden Gewässern unverändert fort. Sätze 2 und 3 der Nr. 1.4.1 VVWas wollen dies noch einmal klarstellen, wenn darauf hingewiesen wird, dass § 4 Abs. 2 WHG nur eine Änderung der Eigentumsverhältnisse in Bezug zu fließenden Gewässern (Grundwasser war bisher schon nicht eigentumsfähig) in Bayern bewirkt und es an der bisherigen landesrechtlichen Zuordnung verbleibt. Die durch Art. 4 Abs. 1 BayWG a.F. begründeten Rechtspositionen entfallen nicht deshalb, weil die sie begründende Norm aufgehoben wurde. Solange keine ausdrückliche Änderung der Eigentumslage erfolgt, verbleibt es bei bestehenden Gewässern an der bisherigen landesrechtlich begründeten Eigentumsfähigkeit eines oberirdischen Gewässers. Nur für stehende Gewässer, die erst nach dem 01.03.2010 ausgebaut werden oder natürlicherweise entstehen, kann Art. 4 Abs. 1 BayWG a.F. nicht mehr als landesrechtliche Begründung für die Eigentumsfähigkeit herangezogen werden. In diesem Fall kann deshalb eine landesrechtliche Regelung nicht mehr als Grundalge für die Eigentumsfähigkeit und den Eigentumserwerb dienen. Außerhalb des BayWG bestehen keine landesrechtlichen Regelungen zum Gewässereigentum. Mangels solcher Vorschriften sind wohl die allgemeinen sachenrechtlichen Regelungen des BGB heranzuziehen. Die eigentumsrechtliche Zuordnung des Wassers stehender Gewässer zum Eigentum am Gewässergrundstück ist deshalb in Bayern § 905 BGB zu entnehmen, wonach sich das Recht des Grundstückseigentümers auf den Raum oberhalb des Grundstücks soweit erstreckt als der Eigentümer an der Ausschließung von Einwirkungen ein Interesse hat, was bei Einwirkungen auf das Wasser stehender Gewässer unzweifelhaft der Fall ist.
4.2.2 Duldungspflicht
Nach Art. 4 Abs. 2 BayWG a.F. bestand für den Gewässereigentümer die umfassende Pflicht, rechtswirksam erlaubte oder bewilligte Gewässerbenutzungen einschließlich eventueller Einwirkungen auf das Gewässergrundstück durch Errichtung von Benutzungsanlagen zu dulden. Auch der Wortlaut des § 4 Abs. 4 WHG legt eine solche umfassende Duldungspflicht nahe. Die neue Regelung ist jedoch in Bezug zu setzen zu § 16 Abs. 3 WHG, wonach ein Ausschluss privatrechtlicher Abwehransprüche durch Bewilligung und gehobene Erlaubnis nicht gegenüber privatrechtlichen Ansprüchen gegen die Gewässerbenutzung aus Verträgen, letztwilligen Verfügungen oder dinglichen Rechten am Grundstück erfolgt. Nr. 1.5.1 VVWas stellt deshalb klar, dass § 4 Abs. 4 WHG ausschließlich die öffentlich-rechtlichen Beziehungen der Gewässereigentümer und Nutzungsberechtigten zum Gewässerbenutzer regelt. Eigentümern und Nutzungsberechtigten von Gewässern bleibt es (zur Durchsetzung von Duldungsansprüchen privatrechtlicher Art) insofern unbenommen, den Zivilrechtsweg zu beschreiten.
Nach Nr. 1.5.1.1 VVWas umfasst die Duldungspflicht auch, „dass die nach altem Recht oder alter Befugnis zur Gewässerbenutzung Berechtigten oder deren Beauftragte Grundstücke betreten, soweit der ordnungsgemäße Betrieb der Wasserbenutzungsanlage dies erfordert; auf die Interessen des Duldungsverpflichteten ist Rücksicht zu nehmen. Gebäude und eingefriedete Grundstücke dürfen nur mit Erlaubnis des Verfügungsberechtigten betreten werden“.
Zur Einschränkung der Duldungspflicht nach § 16 Abs. 3 WHG wird dagegen unter Nr. 2.1.11.2 VVWas klargestellt, dass „§ 16 Abs. 3 privatrechtliche Ansprüche aus Verträgen, letztwilligen Verfügungen sowie dinglichen Rechten am Grundstück, auf dem die Gewässerbenutzung stattfindet, von der Ausschlusswirkung nach § 16 Abs. 1 und 2 ausnimmt. Selbst der Inhaber einer gehobenen Erlaubnis oder Bewilligung ist damit nicht vor der Geltendmachung derartiger Ansprüche auf dem Zivilrechtsweg geschützt. Die Duldungspflicht des Gewässergrundstückseigentümers nach § 4 Abs. 4 WHG kann damit keine so weitreichende Rechtswirkung mehr entfalten wie nach altem Recht.“
Nrn. 1.5.1.2 und 1.5.3.1 VVWas ziehen die Konsequenzen aus dieser neuen Rechtslage zum Gewässereigentum und der sich hieraus ergebenden Duldungspflicht, indem verbindlich vorgegeben wird, dass bei Nutzungen von Gewässern im Eigentum des Freistaates Bayern immer darauf zu achten ist, dass für die Gewässerbenutzung mit dem Gewässergrundstück verbundene Einrichtungen durch Vereinbarung dinglicher Rechte am Gewässergrundstück zu Gunsten des Gewässerbenutzers Scheinbestandteile im Sinne des § 95 BGB bleiben und dass bei Gewässern im Eigentum Dritter ohne entsprechende zivilrechtliche Vereinbarungen, die eine Befugnis zur Grundstücksnutzung begründen, ein Sachbescheidungsinteresse in der Regel nicht anzunehmen ist. Damit sollen unnütze Verwaltungsverfahren verhindert werden.
4.3 Allgemeine Grundsätze der Gewässerbewirtschaftung
Dem Kapitel 2 WHG sind in § 6 WHG allgemeine Grundsätze der Gewässerbewirtschaftung vorangestellt. Nach Nr. 2.1.1 VVWas sind diese Grundsätze für die Bewirtschaftung von Gewässern Zielvorgaben. Die VVWas enthalten hierzu verbindliche Hinweise zur Ausübung des Bewirtschaftungsermessens. Als übergeordneter Grundsatz wird dabei festgestellt, dass die natürliche Gewässerentwicklung Vorrang vor flussbaulichen Maßnahmen hat, flussbauliche Maßnahmen dazu dienen sollen, natürliche Gewässerentwicklungen zu fördern.
Auch dort, wo begründetermaßen eine natürliche Entwicklung beschränkt werden muss, soll durch flussbauliche Maßnahmen eine naturnahe Gewässerstruktur gestaltet werden oder ein Beitrag zur Erreichung eines guten ökologischen Zustands bzw. Potentials durch Einbau von naturnahen Strukturelementen geleistet werden. Verändert ein Gewässer seine Struktureigenschaften infolge einer natürlichen Entwicklung, sind diese Veränderungen in der Regel auch dann nicht als nachteilig anzusehen, wenn sich dadurch die Lebensraumbedingungen bisher dort ansässiger Tier- und Pflanzenarten verändern. Dies gilt auch für Entwicklungen angrenzender, gewässerabhängiger Landökosysteme. In diesem Zusammenhang sei unter anderem zu berücksichtigen, dass das Zulassen natürlicher Veränderungen (auch bei Biberdämmen) der Dynamik der Natur Rechnung trägt und die Vielfalt der Lebensräume erhöhen kann.
Andererseits gilt das Verbot gemäß § 33 Abs. 1 BNatSchG auch für Veränderungen oder Störungen, die durch natürliche Entwicklungen bedingt sind (vgl. Nr. 2.1.1.1 VVWas). Mit dem Hinweis auf § 33 Abs. 1 BNatSchG wird darüber hinaus klargestellt, dass auch natürliche Gewässerveränderungen, die den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebietes zuwiderlaufen, naturschutzrechtlich ein Projekt darstellen. Damit hat der Ausbau- und Unterhaltungslastträger nach Wasserrecht eine Prüfung zu veranlassen, ob die natürliche Entwicklung am oder im Gewässer im Sinne der Erhaltungsziele nach Naturschutzrecht rückgängig gemacht werden oder beibehalten werden soll. In diesem Zusammenhang ist auf die Vorgaben für die Gewässerunterhaltung unter Nr. 2.2.18 VVWas und insbesondere auf die Möglichkeit zur Steuerung der Gewässerbewirtschaftung in Natura 2000-Gebieten über die Aufstellung von Gewässerentwicklungskonzepten (vgl. Nr. 2.2.18.3) hinzuweisen.
In Ziffer 2.1.1.2 wird erfreulich deutlich klargestellt, dass unter dem Begriff des Wohls der Allgemeinheit auch Fragen der ressourcenschonenden Stromerzeugung aus regenerativen Energien zu berücksichtigen sind und dass nach Nr. 2.1.1.4 VVWas für die Wasserkraft das Gebot, Folgen des Klimawandels vorzubeugen eine Hervorhebung darstellt, die entsprechend bei der Abwägung im Einzelfall zu berücksichtigen ist.
Nach Nr. 2.1.1.6 VVWas bedeutet ein hohes Schutzniveau für die Umwelt insgesamt als Ziel einer nachhaltigen Gewässerbewirtschaftung, dass die Gewässerbewirtschaftung neben den Schutzgütern Wasser und biologische Vielfalt auch alle anderen Umweltschutzgüter, wie insbesondere den Menschen oder das Klima, berücksichtigen muss. Damit wird klargestellt, dass im Rahmen der Gewässerbewirtschaftung alle relevanten Belange umfassend zu prüfen sind und die Behörden sich nicht auf rein wasserwirtschaftliche Belange beschränken können.
Für die Bewirtschaftung des Grundwassers enthält Nr. 2.1.1.8 stringente Vorgaben. So muss diese sich an strikten Nachhaltigkeitskriterien orientieren. Nur das ermittelte „nutzbare Dargebot“ kann zur Bewirtschaftung freigegeben werden. Dauerhaft nachteilige Veränderungen des Grundwassers müssen vermieden werden. Für Zwecke der Beregnung sowie für Industrie und Gewerbe soll möglichst Oberflächenwasser genutzt werden, soweit keine Trinkwasserqualität gefordert ist und soweit es wirtschaftlich zumutbar ist.
Tiefengrundwasser soll in seiner natürlichen Beschaffenheit erhalten bleiben und kann nur sehr eingeschränkt nachhaltig genutzt werden. Entnahmen von Tiefengrundwasser sollen nur dann auf Dauer gestattet werden, wenn für die öffentliche Trinkwasserversorgung keine anderen zumutbaren Versorgungsalternativen bestehen, oder wenn es für andere Zwecke genutzt werden soll, für die Wasser von besonderer Reinheit oder aus großer Tiefe erforderlich ist (z. B. Heilwasser- oder Mineralwassernutzung, balneomedizinische oder geothermische Thermalwassernutzungen). Die Möglichkeit einer schädlichen Gewässerveränderung, die das Wohl der Allgemeinheit gefährdet, ist bereits dann gegeben, wenn schützende Deckschichten über dem Tiefengrundwasser erheblich geschwächt, entfernt oder durchdrungen werden. Diese Feststellungen zum Schutz des Tiefengrundwassers mit der Folge einer Gewässerbenutzung nach § 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG sind auch dann zu beachten, wenn nicht nur Deckschichten entfernt werden, sondern durch Freilegung des Tiefengrundwassers ein Gewässer hergestellt werden soll. Ein Nasskiesabbau in das Tiefengrundwasser hinein dürfte mit diesen Vorgaben deshalb nicht mehr möglich sein.
4.4 Mindestwasserführung, Durchgängigkeit, Wasserkraftnutzung
Zu den neu in das Wasserhaushaltsgesetz aufgenommenen Regelungen der §§ 33 bis 35 WHG enthalten die Nrn. 2.2.11 bis 2.2.13 VVWas einige erläuternde Bestimmungen.
So wird unter Nr. 2.2.11 klargestellt, dass § 33 WHG eine eigenständige, rechtlich abschließende Regelung für die Bestimmung der Mindestwasserführung enthält. Der erforderliche Mindestwasserabfluss richte sich stets nach den Gegebenheiten vor Ort, insbesondere nach der hydrologischen Situation und den ökologischen Erfordernissen, und ist für den Einzelfall festzulegen. Eine Anwendung des zur Verwaltungsvereinfachung und einheitlichen Bewertung von Kleinwasserkraftanlagen unter Geltung des alten Wasserrechts erarbeiteten Restwasserleitfadens ist damit ausgeschlossen.
Für die Durchgängigkeit von Querbauwerken wird unter Nr. 2.2.12.1 VVWas darauf hingewiesen, dass § 34 WHG eine eigenständige, rechtlich abschließende Regelung für die Notwendigkeit zur Herstellung bzw. Verbesserung der Durchgängigkeit von Fließgewässern enthalte. Diese beinhalte die Durchgängigkeit nicht nur für Fische, sondern für die gesamte Gewässerbiozönose (Fische, Rundmäuler, benthische wirbellose Fauna, etc.) sowie des Geschiebes. Das Priorisierungskonzept Fischbiologische Durchgängigkeit in Bayern ist als Leitlinie für das wasserwirtschaftliche Handeln bei Herstellung bzw. Verbesserung der ökologischen Durchgängigkeit in fischfaunistischen Vorranggewässern zu beachten. Für den Fischaufstieg wie für den Fischabstieg werden weitergehende Hinweise auf das Praxishandbuch „Frischaufstiegsanlagen“ wie auf die im Internet abrufbaren Empfehlungen zum Fischabstieg und Fischschutz gegeben.
Bei Wasserkraftanlagen obliegt nach Nr. 2.2.13.3 VVWas die Beurteilung insbesondere der notwendigen Maßnahmen zum Fischschutz (§ 35 WHG), zur ausreichenden Mindestwasserführung (§ 33 WHG), zur Durchgängigkeit (§ 34 WHG), zum Erreichen der Bewirtschaftungsziele nach der Wasserrahmenrichtlinie (§§ 27 ff. WHG) und der Grundsätze der Gewässerbewirtschaftung (§ 6 WHG) dem allgemein amtlichen Sachverständigen im wasserrechtlichen Verfahren, d.h. dem WWA. Aussagen anderer Sachverständiger (z. B. Fachberater für Fischerei) bindet das WWA in seine Stellungnahme ein (vgl. auch Nr. 7.4.5.5.4 VVWas). Darüber hinaus nimmt das WWA Stellung zu Fragen der Wasserkraft (insbes. Anlagenleistung, Wirkungsgrad, Grundlastfähigkeit).
4.5 Wasserschutzgebiete
Nr. 3.1 VVWas enthält umfangreiche Vorgaben für die öffentliche Wasserversorgung und die Festsetzung von Wasser- und Heilquellenschutzgebieten.
Dabei werden für die wasserrechtliche Gestattung der Wasserentnahme für die Trinkwasserversorgung und für die Festsetzung von Wasserschutzgebieten gemeinsame Vorgaben festgelegt. So ist nach Nr. 3.1.2.1 der Grundsatz der ortsnahen Wasserversorgung nach § 50 Abs. 2 WHG jeweils im Rahmen der Gestattungsverfahren für Gewässerbenutzungen zum Zweck der Trinkwasserversorgung bei der Ausübung des Bewirtschaftungsermessens nach § 12 Abs. 2 WHG von der KVB zu berücksichtigen. Nach Nr. 3.1.3.1 ist für neue Wassergewinnungsanlagen das Verordnungsverfahren für die Festsetzung des Wasserschutzgebiets spätestens zusammen mit dem Verfahren für die Erlaubnis oder Bewilligung der Gewässerbenutzung einzuleiten. Damit wird sichergestellt, dass die das Bewirtschaftungsermessen bindenden Vorgaben des Gesetzgebers in Art. 31 Abs. 3 BayWG (innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile soll die Ausweisung von Wasserschutzgebieten für neue Wassergewinnungsanlagen nicht erfolgen) bereits im Verfahren zur Erteilung der Erlaubnis oder Bewilligung für die Wasserentnahme und damit den Standort des Entnahmebrunnens mit der dadurch bewirkten Festlegung der Lage des Schutzgebiets berücksichtigt werden kann.
Entsprechend den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur Erforderlichkeit von Wasserschutzgebieten wird in Nr. 3.1.3.2 vorgegeben, dass diese anhand von Schutzwürdigkeit, Schutzbedürftigkeit und Schutzfähigkeit des Trinkwasservorkommens zu beurteilen ist. Die wesentlichen Tatbestandsmerkmale dieser einzelnen Kriterien werden im Einzelnen ausgeführt (vgl. Nrn. 3.1.3.2.1 bis 3.1.3.2.3 VVWas). Ebenfalls zwingend vorgegeben wird die Pflicht zur Benennung der begünstigten Person, was im Hinblick auf die möglichen in der Rechtsverordnung festzusetzenden Pflichten des Begünstigten nach § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WHG von Bedeutung ist. Für den Umfang der einzureichenden Unterlagen wird neben der WPBV auch die Arbeitshilfe zur Gestaltung des Schutzgebietskatalogs in der jeweils aktuellen Fassung des Verordnungsmusters genannt. Leider wird keine Fundstelle dafür angegeben. Es handelt sich wohl um eine unveröffentlichte verwaltungsinterne Vorgabe.
Keine Hinweise enthält Nr. 3.1.4.6.2 VVWas, ob es neben dem Schutz von natürlichen Mineralwasservorkommen noch andere Gesichtspunkte gibt, die ein öffentliches Interesse am Schutz einer privaten Wassergewinnung begründen können.
Eine von der bisherigen Rechtsprechung des BayVGH (B. v. 18.06.2012, 8 ZB 12.76) abweichende Regelung enthält Nr. 3.1.5.3 VVWas. Während die Rechtsprechung es für die Planreife im Sinn des § 52 Abs. 2 WHG ausreichen lässt, dass ein von einem Ingenieurbüro gefertigter Plan für die Festsetzung des Schutzgebietes, der Auskunft über den Umfang des Schutzgebietes und die Schutzzoneneinteilung gibt, beim Wasserversorger als Begünstigtem vorliegt, liegt Planreife nach den Vorgaben der VVWas erst dann vor, wenn der Wasserversorger die Unterlagen bei der zuständigen Behörde eingereicht hat, der amtliche Sachverständige eine Überprüfung vorgenommen und eine abschließende (positive) Stellungnahme zum Umgriff, zu den Zonen und den darin vorzusehenden Schutzanordnungen sowie zur Schutzwürdigkeit des Wassers gegenüber der KVB abgegeben hat. Damit wird für die Planreife die Einleitung des Verfahrens gefordert (vgl. Art. 73 Abs. 3 BayWG i.V.m. Art. 73 Abs. 2 BayVwVfG).
Für den Umfang der Schutzzone III ist die Vorgabe unter Nr. 3.1.5.4 von Bedeutung. Danach ist die Möglichkeit, Anordnungen außerhalb des Schutzgebiets zum Schutz einer Wasserversorgung zu erlassen, in die Abwägung und Beurteilung für die Bemessung der Schutzzone III einzubeziehen.
Für die Gewährung eines angemessenen Ausgleichs für Beschränkungen der ordnungsgemäßen land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung eines Grundstücks durch erhöhte Anforderungen in der Wasserschutzgebietsverordnung oder durch behördliche Entscheidung nach § 52 Abs. 5 WHG in Verbindung mit Art. 32 Satz 1 Nr. 1 BayWG wird in Nr. 3.1.5.5 VVWas auf die unter http://www.lfl.bayern.de/iba/agrarstruktur/030451/ veröffentlichten aktuellen Empfehlungen für Ausgleichsbeträge der Landesanstalt für Landwirtschaft verwiesen. Mehraufwendungen nach Art. 32 Satz 1 Nr. 2 BayWG beziehen sich nur auf Betriebsanlagen der Land- und Forstwirtschaft, nicht auf mittelbare Beeinträchtigungen in der Betriebsführung. Sie können deshalb nur für zusätzlich erforderliche Investitionskosten und für zusätzliche betriebliche Aufwendungen, die sich aus den erhöhten Anforderungen an die Betriebsanlagen ergeben, geltend gemacht werden (z. B. zusätzliche Aufwendungen zur Leckerkennung bei Güllebehältern oder die mit der notwendigen Überprüfung der Leckerkennung zusammenhängenden Aufwendungen). Bestehende Betriebsstandorte im Sinn des Art 32 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a BayWG (land- oder forstwirtschaftliche Hofstelle oder andere Betriebsanlage) können entweder in einem bereits existenten Wasserschutzgebiet oder in einem noch auszuweisenden Wasserschutzgebiet liegen. Mehraufwendungen für den Bau und Betrieb land- oder forstwirtschaftlicher Betriebsanlagen an neuen Betriebsstandorten im Sinn des Art. 32 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b BayWG sind nur dann ausgleichsfähig, wenn Eigentumsflächen und damit wirtschaftlich vertretbare Standorte in möglichst nahem örtlichen Zusammenhang zum ursprünglichen Betriebssitz bzw. Wohnort des Betriebsleiters außerhalb des Wasserschutzgebiets nicht zur Verfügung stehen. Mehraufwendungen für den Bau und Betrieb land- oder forstwirtschaftlicher Betriebsanlagen sind nur auszugleichen, wenn eine bauliche Anlage rechtmäßig errichtet worden ist.
4.6 Hochwasserschutz, Schutz vor Hochwasser und Dürre, Wasser und Eisgefahr
Während für die Festsetzung von Wasserschutzgebieten umfangreiche Hinweise und Vorgaben gegeben werden, fallen diese für den Bereich Hochwasserschutz verhältnismäßig knapp aus. Geschuldet ist diese Kürze dem Umstand, dass mit der Handreichung „Ermittlung und Festsetzung von Überschwemmungsgebieten“ vom 26.07.2010 bereits umfangreiche, bisher unveröffentlichte Maßgaben an die nachgeordneten Behörden gegeben worden sind. Zum Hochwasserbegriff, der erst durch das Gesetz vom 21.01.2013 (BGBl I S. 95) erweitert worden ist, wird auch gegenüber der Begründung der Bundesregierung zum Gesetzentwurf (vgl. BR-DRs. 469/12, PDF, 563 KB) klargestellt, dass wild abfließendes Wasser oder Wasser, das infolge einer Überlastung der Anlage aus Abwasseranlagen (einschließlich Niederschlagswasserkanälen) austritt, kein Hochwasser im Sinn der gesetzlichen Definition ist.
Neu justiert wird auch die Aussage in Art. 43 Abs. 1 BayWG, wonach Flächen, die sich zur Hochwasserrückhaltung und -entlastung eignen, vorrangig für diese Zwecke genutzt werden sollen. Galt dies bisher als eher programmatische Aussage, so soll nach Nr. 3.7.13 VVWas dieser Belang nur bei überwiegender Gewichtung anderer Belange des Allgemeinwohls überwunden werden können. Die gesetzliche Vorgabe in Art. 43 Abs. 1 BayWG ist damit bei der Bauleitplanung der Gemeinden zwingend in die zu berücksichtigenden Belange des Hochwasserschutzes nach § 1 Abs. 6 Nr. 12 BauGB einzubeziehen.
Klargestellt wird auch, dass für Ausbaumaßnahmen des Hochwasserschutzes eine Enteignung zulässig ist (vgl. Nr. 4.5 VVWas).
4.7 Gewässeraufsicht, Zuständigkeit und Verfahren
Wie bereits in den VwVBayWG nehmen die Regelungen zur Gewässeraufsicht in Kapitel 5/Teil 5 und zu Zuständigkeit und Verfahren in Teil 6 breiten Raum ein. Dabei werden für die Gewässeraufsicht die Aufgaben und Befugnisse zwischen allgemeiner Gewässeraufsicht und technischer Gewässeraufsicht im Einzelnen zugeordnet (vgl. Nr. 5.2.4.1 und 5.2.5 VVWas).
Innerhalb der Technischen Gewässeraufsicht werden die Aufgaben der wasserwirtschaftlichen Fachbehörden jeweils zwischen den Wasserwirtschaftsämtern und dem LfU festgelegt. Ebenfalls werden die Aufgaben zwischen den Wasserwirtschaftsämtern und den fachkundigen Stellen an den Kreisverwaltungsbehörden abgegrenzt (vgl. Nr. 5.2.5.2.2 VVWas). Auf die Möglichkeit zur Beauftragung von Verwaltungshelfern wird lediglich hingewiesen, eine verbindliche Vorgabe zur Beauftragung wird jedoch nicht gegeben.
Die Vorgaben für das wasserrechtliche Verwaltungsverfahren sind so ausgestaltet, dass ein rasches und verfahrensförderndes Zusammenarbeiten der jeweils befassten Behörden und Stellen gewährleistet ist. Durch die Verpflichtung zu frühzeitiger Beratung (vgl. Nr. 7.4.1 VVWas) soll eine vollständige und zielgerichtete Antragstellung befördert werden. Knapp bemessene Fristen für die Abgabe fachlicher Stellungnahmen im Verfahren (vgl. Nr. 7.4.4.2 VVWas) sollen eine Beschleunigung bewirken. Die im Wasserrechtsverfahren möglichen zu beteiligenden Fachbehörden, Fachstellen oder Sachverständigen werden mit ihrem jeweiligen Einsatzbereich im Einzelnen benannt.
Im Wasserrechtsbescheid sind in der Regel die verschiedenen Verwaltungsakte für ein Vorhaben, so nach den gesetzlichen Vorgaben erforderlich, in einem Bescheid zusammenzufassen. Dem Antragsteller ist nach Nr. 7.4.9 VVWas Gelegenheit zu geben, sich zum Bescheidsentwurf in angemessener Frist zu äußern, wobei auf mögliche Verfahrensverzögerungen hingewiesen werden soll. Soll der Antrag abgelehnt werden, ist der Antragsteller vorher dazu anzuhören.
5. Resümee
Mit den Verwaltungsvorschriften zum Vollzug des Wasserrechts (VVWas) wurde für das neue, seit 01.03.2010 in Kraft befindliche Wasserrecht ein Meilenstein für die Anwendung der gesetzlichen Vorgaben im Verwaltungsvollzug gesetzt. Unklarheiten wurden beseitigt, verbindliche Vorgaben für die Ausübung des Bewirtschaftungsermessens werden gegeben. Trotz ihres Umfangs und zum Teil auch einer gewissen Detailverliebtheit werden die VVWas dazu beitragen, den beteiligten Behörden eine sicherere Rechtsanwendung zu vermitteln und damit zur Beschleunigung der manchmal doch sehr langwierigen Wasserrechtsverfahren führen.
Anmerkung der Redaktion
Ministerialrat a.D. Ulrich Drost war als Leiter des Referats Wasserrecht im vormaligen Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit an der Kodifizierung des in Bayern geltenden Wasserrechts (WHG, BayWG, untergesetzliches Regelwerk) maßgeblich beteiligt.
Net-Dokument BayRVR2014042801