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Bayerischer Gemeindetag: „Du hast keine Chance, aber nutze sie“ – Anmerkungen zur Diskussion um den Flächenverbrauch

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In Deutschland haben wir einen Flächenverbrauch von 70 Hektar – täglich. Bayern versiegelt Tag für Tag 17 Hektar, die Fläche von 24 Fußballfeldern. Im Jahr 2000 waren es im Freistaat noch 28,4 Hektar pro Tag. Der Verbrauch ist also rückläufig. Gleichwohl sind auch 18 Hektar noch zu viel. Die Ursachen für den zu hohen Flächenverbrauch sieht das bayerische Umweltministerium in der „konjunkturell bedingten regen Bautätigkeit, dem Bevölkerungswachstum in den Ballungsräumen, der Zunahme der individuellen Wohnflächen, dem Ausbau der Verkehrsinfrastruktur sowie der interkommunalen Konkurrenz um Einwohner und Gewerbe.“ Auch die Energiewende trage zum Flächenverbrauch bei.

Es liegt auf der Hand, dass die Gemeinden beim verantwortungsvollen Umgang mit Grund und Boden eine herausragende Rolle spielen. Als Träger der Planungshoheit haben sie die Aufgabe, eine nachhaltige kommunale Entwicklung sicherzustellen, die das Dreieck Ökonomie, Ökologie und Soziales in einen gerechten Ausgleich bringt. Das kommt einem täglichen Spagat zwischen Einnahmedruck und Flächensparen gleich. Dabei sind die Bedingungen der Kommunen auf dem Land völlig konträr zu denen der Ballungszentren. Das beginnt bei den deutlich höheren Gewerbesteuerhebesätzen der 25 kreisfreien Städte und hört bei deren rasanter Zunahme an Einwohnern auf. Auf beides müssen die Landgemeinden, besonders im nordostbayerischen Raum, verzichten. So entsteht eine krasse Ungleichheit der Lebensverhältnisse und Arbeitsbedingungen.

„Die auf dem Land können doch gut Flächen einsparen oder durch Rückbau sogar der Natur zurückgeben“, ließe sich zynisch anmerken.

Anders München. Die Landeshauptstadt samt ihrem Umland wird bis 2031 um 277.000 Einwohner anwachsen, so viele Menschen wie die Stadt Augsburg. Um sie unterzubringen, sollen die Umland-Gemeinden gefälligst neue Wohngebiete ausweisen. Andererseits sind sie aber gehalten, den Flächenfraß stoppen. Ja, was denn nun? Eines steht fest. Es besteht Handlungsbedarf.

Doch was passiert? Die Kommunen werden an den Pranger gestellt, weil sie angeblich die „grüne Wiese“ mit häßlichen Gewerbegebieten, Discountern und Hotels zupflastern. Deshalb hat der Gesetzgeber auch ein „Anbindegebot“ ins Landesentwicklungsprogramm geschrieben. Während München eben mal ein großes Gewerbegebiet à la Freiham ausweist, quälen sich die Gemeinden damit ab, ihr neues Gewerbegebiet an ein Siedlungsgebiet anzubinden. Wer will schon Lärm und Gestank eines Betriebs neben seinem Wohnzimmer haben. Das gilt auch für die Ortszentren, die aber vorrangig weiter entwickelt werden sollen. „Nachverdichtung“, lautet das Zauberwort. Doch der gute Wille stößt beim Schutz des Privateigentums schnell an Grenzen. Wer sein innerörtliches Grundstück partout nicht bebauen will, kann auch nicht dazu gezwungen werden. Baugebote sind zahnlose Tiger. Auch bei einer höheren Steuer auf unbebaute Grundstücke im Innenbereich zieht der Gesetzgeber nicht mit. Es bleibt also nur der freiwillige Weg über ein Gemeindeleitbild unter möglichst großer Bürgerbeteiligung.

Frei nach dem Zitat von Herbert Achternbusch: „Du hast keine Chance, aber nutze sie.“

Bayerischer Gemeindetag, Aktuelles v. 08.05.2014