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Landtag: Landtag bringt einstimmig Enquête-Kommission auf den Weg

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Der Freistaat „fördert und sichert gleichwertige Lebensverhältnisse und Arbeitsbedingungen in ganz Bayern“ – Bayerns Bürgerinnen und Bürger haben dieses Staatsziel im vergangenen Jahr per Volksentscheid mit überwältigender Mehrheit in ihre Verfassung geschrieben. Eine Enquête-Kommission im Landtag wird sich in den kommenden zwei Jahren nun intensiv mit der Thematik befassen und aufzeigen, wie ein Auseinanderdriften Bayerns in stärker und schwächer werdende Gebiete verhindert bzw. gestoppt werden kann.

Die Vollversammlung beschloss am 1. Juli 2014 einstimmig die Einsetzung des Gremiums, dem 13 Abgeordnete und acht Experten angehören werden. Vorsitzender der Enquête-Kommission, die im Herbst ihre Arbeit aufnimmt, ist Berthold Rüth (CSU). Zum stellvertretenden Vorsitzenden wurde Dr. Christoph Rabenstein (SPD) bestimmt.

„Dem Auftrag der bayerischen Bevölkerung wollen wir Rechnung tragen“, unterstrich der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landtagsfraktion, Josef Zellmeier, der in der 15. Wahlperiode die zuletzt eingesetzte Enquête-Kommission „Jungsein in Bayern – Zukunftsperspektiven für die kommende Generation“ geleitet hatte.

Zellmeier verwies auf politische Schwerpunkte, die im ländlichen Raum gesetzt worden seien, etwa die finanziellen Verbesserungen gerade für kleinere Gemeinden im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs, Behördenverlagerungen oder der mittlerweile erreichte, relativ geringe Abstand bei der Arbeitslosigkeit in Stadt und Land. Besondere Herausforderungen sah Zellmeier in der Bewältigung des demographischen Wandels der Gesellschaft fernab der Ballungszentren. Dafür gebe es keine Patentlösungen, meinte Zellmeier, zeigte sich aber optimistisch, dass in der Kommission hierzu fraktionsübergreifend gemeinsame Linien gefunden werden.

Arbeit ohne „parteipolitische Scharmützel“

„Es geht um ganz Bayern, um die Bevölkerung, und dabei müssen wir zusammenhalten“, betonte auch der stellvertretende Vorsitzende Dr. Christoph Rabenstein, der ebenfalls „parteipolitische Scharmützel“ aus der Arbeit der Enquête-Kommission heraushalten möchte.

Anerkennend hob auch er hervor, dass die Arbeitslosigkeit in bayerischen Problemregionen gesunken sei. Gleichwohl, so der SPD-Politiker, gebe es jedoch Parameter, die nicht gut aussähen: die zunehmende Abwanderung vor allem jüngerer Menschen aus den fränkischen Regionen insgesamt und aus den Grenzregionen; die teilweise noch immer sehr langsamen Internetverbindungen auf dem Land sowie die hohen Verschuldungen von Kommunen mit Problemen, zählte Rabenstein auf. So habe die Stadt Wunsiedel vor zehn Jahren noch eine Pro-Kopf-Verschuldung von 1500 Euro gehabt. Mittlerweile sei diese bei 5000 Euro angelangt.

Alexander Muthmann (FREIE WÄHLER) stellte fest, dass das im Sommer vergangenen Jahres verabschiedete Landesentwicklungsprogramm viele Erwartungen nicht erfüllt habe. Die Enquête-Kommission sei nun eine Ergänzung bzw. Antwort darauf. Muthmann appellierte, nicht nur einen wissenschaftlichen Diskurs in der Kommission zu führen, dessen Ergebnisse dann in einem 800 Seiten umfassenden Gutachten zusammengefasst würden, an dem „mehr Leute gearbeitet haben als es hinterher lesen“. Wichtiger sei es, so Muthmann, sich auf die Essentials für die Entwicklung Bayerns zu verständigen. Er schlug vor, messbare Indikatoren zu vereinbaren, etwa wie weit eine Grundschule, wie weit ein Gymnasium oder wie weit die Polizeidienststelle entfernt liegen sollten.

„Es gibt jede Menge zu tun“, unterstrich Markus Ganserer (Bündnis 90/Die Grünen) und verwies auf die Regionen in Bayern, die sich nicht nur unterschiedlich, sondern in Teilen sogar in entgegengesetzter Richtung entwickeln würden: Oberbayern und insbesondere der Ballungsraum München müßten demnach ein massives Bevölkerungswachstum verkraften, was sich in Form von Wohnraumknappheit und Mietpreissteigerungen niederschlage. Auf der anderen Seite stünden vielen Kommunen Oberfrankens und Unterfrankens massive Einwohnerverluste bevor. Der Grünen-Politiker forderte Mobilität auf dem Lande auch für jene Bürgerinnen und Bürger, die kein eigenes Auto hätten. Wichtiger als zusätzliche Straßenbauprojekte seien allerdings, so Ganserer, leistungsstarke Datenautobahnen: Während in den Städten fast 80 Prozent der Haushalte über schnelles Internet verfügten, seien es auf dem Lande gerade einmal 15 Prozent, rechnete Ganserer vor. Auch Bildungs- und Kinderbetreuungseinrichtungen müßten flächendeckend vorhanden sein, forderte er.

Bayerischer Landtag, Aktuelles – Sitzungen – Aus dem Plenum v. 01.07.2014 (von Katja Helmö)