Gesetzgebung

Staatskanzlei: Justizminister Bausback und Familienministerin Müller berichten zum Schutz für Kinder und Jugendliche bei Gewalt- und Sexualdelikten

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Bausback: „Bekämpfung des Kindesmissbrauchs und Unterstützung der Opfer haben höchste Priorität – Strafrechtliche Verjährung bei sexuellem Missbrauch verlängern“/ Müller: „Bayern Vorbild beim Kinderschutz – Bundesweite Mitteilungspflicht an das Jugendamt bei Verdacht auf Kindesmisshandlung gesetzlich verankern“

Justizminister Prof. Dr. Winfried Bausback und Familienministerin Emilia Müller haben heute über die Umsetzung der Empfehlungen des „Forums zur Aufarbeitung der Gewalt- und Sexualdelikte an Kindern und Jugendlichen in Bayern“ berichtet. Das Forum war im Auftrag des Ministerrats im März 2010 vor dem Hintergrund der damals bekannt gewordenen Fälle von Gewalttaten und sexuellem Missbrauch von Kindern in Schulen und Internaten ins Leben gerufen worden.

Justizminister Bausback: „Sexueller Missbrauch und brutale Gewalt gegenüber Kindern sind abscheuliche Verbrechen, denen wir mit allen verfügbaren staatlichen Mitteln begegnen müssen. Die Bekämpfung des Kindesmissbrauchs und die Unterstützung der Opfer haben höchste Priorität. Mit der Einrichtung des Forums hat sich Bayern frühzeitig zu seiner Verantwortung bekannt und ein klares Zeichen gesetzt, dass die Staatsregierung hier eine Linie der Null-Toleranz verfolgt!“

Familienministerin Müller unterstrich vor allem die Bedeutung der Prävention: „Je eher wir vom Verdacht auf Kindesmissbrauch erfahren, desto eher können wir auch helfen. Mit der Kinderschutzambulanz und den Koordinierenden Kinderschutzstellen bei den Jugendämtern hat Bayern hier Weichenstellungen mit bundesweitem Vorbildcharakter vorgenommen.“

Zahlreiche Empfehlungen des Forums aus Vertretern der Katholischen und Evangelischen Kirche, sonstiger Träger von Erziehungseinrichtungen und der Jugendarbeit, von Opferhilfeeinrichtungen, Sachverständigen und Betroffenen sowie Vertretern der beteiligen Staatsministerien konnten in den vergangenen Jahren bereits auf Landes- oder Bundesebene umgesetzt werden. Hierzu zählen unter anderem:

  • Die gesetzliche Pflicht, jeden Verdachtsfall eines Missbrauchs dem Jugendamt zu melden, wurde auch auf private Schulen erweitert.
  • Das vom Justizministerium finanzierte Präventionsprojekt „Kein Täter werden“ der Sexualwissenschaftlichen Ambulanz der Universität Regensburg, das sich an Männer mit pädophilen Neigungen richtet, die noch keine Missbrauchstat begangen haben oder zumindest noch nicht strafrechtlich belangt wurden, wurde um weitere 3 Jahre bis 30. Juni 2016 verlängert.
  • Bei den bayerischen Generalstaatsanwaltschaften stehen für die Missbrauchsopfer spezielle Ansprechpartner zur Verfügung.
  • In sämtlichen Fällen des sexuellen Missbrauchs von Kindern besteht die Möglichkeit eines kostenlosen Opferanwalts.
  • Die zivilrechtliche Verjährungsfrist bei sexuellem Kindesmissbrauch wurde auf 30 Jahre verlängert.

Im Interesse eines noch wirksameren Schutzes von Missbrauchsopfern wird sich Bausback für weitere bundesgesetzliche Änderungen einsetzen.

„Ein von Bayern langjährig verfolgtes Ziel, nämlich die Verlängerung der strafrechtlichen Verjährungsfristen in Fällen sexuellen Missbrauchs, konnten wir jetzt im Koalitionsvertrag auf Bundesebene verankern“, so der Justizminister. „Das ist ein wichtiger Erfolg bayerischer Kriminalpolitik und ein noch größerer Erfolg für die Opfer. Wir wissen, dass viele Missbrauchsopfer erst Jahrzehnte brauchen, um den Mut zu finden, sich zu offenbaren und die Mauer des Schweigens zu brechen. Wenn die Opfer ein Leben lang leiden, dann dürfen sich die Täter nicht schon nach relativ kurzer Zeit in Sicherheit wiegen können.“

Auch in anderen Punkten greife der Koalitionsvertrag bayerische Forderungen auf, die einen verbesserten Schutz Minderjähriger vor Gewalt und Missbrauch zum Ziel haben. Zum Beispiel sollen minderjährige Schüler künftig umfassend vor sexuellen Übergriffen durch Lehrkräfte an Schulen und Internaten geschützt werden.

Der Minister weiter: „In diesem Zusammenhang erinnere ich auch an unsere aktuelle Gesetzesinitiative zum verbesserten Schutz von Kindern bei Nacktaufnahmen. Auch diese dient dem besseren Schutz von Minderjährigen vor Missbrauch, Ausbeutung und Persönlichkeitsverletzung.“

Familienminister Emilia Müller betonte, dass Bayern vor allem bei der Prävention von Kindesmissbrauch über ein ganzes Bündel an Hilfsmaßnahmen verfüge.

„Wir haben ein wirksames Gesamtkonzept zum Kinderschutz, beginnend bei sogenannten Frühen Hilfen bis hin zum konsequenten Handeln bei Kindeswohlgefährdungen“, so Müller. „Zentraler Bestandteil ist die bayernweite Kinderschutzambulanz, die ein unverzichtbares Kompetenzzentrum beim Kinderschutz ist.“

Bei Verdacht auf körperliche Misshandlung oder sexuellen Missbrauch von Kindern oder Jugendlichen ist diese kompetente Anlaufstelle, insbesondere für Ärzte sowie für Jugendämter. Dort können Kinder und Jugendliche bei Verdacht auf körperliche Misshandlung oder sexuellen Missbrauch kostenlos untersucht und Verletzungen dokumentiert werden. Das Familienministerium fördert die Kinderschutzambulanz am Institut für Rechtsmedizin der LMU München in den nächsten vier Jahren mit rund 1,7 Millionen Euro.

Im Bereich der Prävention leisten die Koordinierenden Kinderschutzstellen – KoKi-Netzwerk frühe Kindheit – der Jugendämter in ganz Bayern einen erheblichen Beitrag. Sie unterstützen Eltern in belasteten Lebenssituationen so früh wie möglich, damit Überforderungen erst gar nicht entstehen und eine Gefährdung für die Kinder vermieden wird. Das Familienministerium unterstützt die Kommunen dabei seit 2009 mit über vier Millionen Euro pro Jahr.

„Mit den Koordinierenden Kinderschutzstellen haben wir für Standards gesorgt, die in das Bundeskinderschutzgesetz aufgenommen wurden. Beim Kinderschutz ist Bayern Vorbild im gesamten Bundesgebiet“, so die Ministerin weiter.

Im Bundeskinderschutzgesetz sieht die Familienministerin aber noch weiteren Handlungsbedarf für einen besseren Kinderschutz:

“Tragische Fälle von Kindesmisshandlungen zeigen, dass insbesondere für Ärzte eine bundesweite Mitteilungspflicht an das Jugendamt bei Verdacht auf Kindesmisshandlung geschaffen werden muss, damit rechtzeitig zum Wohl des Kindes gehandelt werden kann.“

Staatskanzlei, Bericht aus der Kabinettssitzung, Pressemitteilung v. 01.07.2014