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Bayerischer Städtetag: Bayerischer Städtetag in Altötting – Kommunaler Finanzausgleich – Maly: „Gutachten bringt emotionale Debatte in ein sachliches Fahrwasser“

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„Wer komplizierte Dinge ändern will, muss vorher gründlich nachdenken. Besonnenheit und Sachlichkeit sind keine Schwäche. Manchmal braucht es in der Politik den Mut, nicht gleich einen Schnellschuss zu setzen“, sagt der Vorsitzende des Bayerischen Städtetags, Nürnbergs Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly zum Gutachten des Finanzwissenschaftlichen Forschungsinstituts an der Universität zu Köln. Alle vier kommunalen Spitzenverbände haben einvernehmlich mit dem Finanzministerium und dem Innenministerium dieses Gutachten zum kommunalen Finanzausgleich in Auftrag gegeben, um die Verteilungssystematik detailliert zu untersuchen. Alle Beteiligten haben sich im Vorfeld gemeinsam auf diesen Gutachter geeinigt und haben zusammen einen differenzierten Fragenkatalog erarbeitet.

Das Gutachten prüft Neujustierungen im Gefüge des Finanzausgleichs.

Maly: „Das Gutachten liefert eine gute Basis für eine gründliche Erörterung von komplizierten Fragen zu Gemeindeschlüsselzuweisungen, Steuerkraft und Ermittlung des Ausgabenbedarfs.“

Das Gutachten sieht eine Notwendigkeit für die Einwohnergewichtung und landesweit einheitliche Nivellierungshebesätze. Die Gutachter unterstreichen, dass zur Beurteilung der Ergebnisgerechtigkeit die Einnahmen- und die Ausgabenseite zu betrachten sind. Damit wird die isolierte Forderung zurückgewiesen, die lediglich Eingriffe bei der Steuerkraft vornehmen will. Das Gutachten bestätigt die Position des Städtetags, wonach bei Orten mit Zentralitätsfunktion eine Bedarfsanerkennung mit Einwohnergewichtung und weiteren Zentralitätsindikatoren zu erfolgen hat; damit werden auch die Zentralitätsfunktionen der kreisangehörigen Gemeinden berücksichtigt.

In der Diskussion um die Einwohnergewichtung wird häufig der Eindruck erweckt, als wäre der Bürger einer Großstadt „mehr wert“ als der Bürger eines Dorfes.

Maly: „Es geht nicht um die Wertigkeit von Menschen, sondern um eine Bemessungsgröße, die den unterschiedlichen realen Bedarf einer Kommune rechnerisch abbildet. Denn eine größere Stadt hat vielfältigere Aufgaben zu erfüllen als eine Kleinstadt, eine Kleinstadt hat mehr Aufgaben als ein Dorf.“

Dies betrifft Schulen, soziale Leistungen, medizinische oder kulturelle Einrichtungen. So nutzen auch Bürger von Umlandgemeinden die Einrichtungen einer Stadt, sie erhalten Hilfe im Krankenhaus, Kinder besuchen weiterführende Schulen. Theater oder Museen stehen allen offen.

Maly: „Alle Menschen können städtische Infrastruktur nutzen, auch wenn sie nicht in der Stadt wohnen.“

Den Kommunen muss über den Finanzausgleich eine Finanzausstattung zur Verfügung stehen, die den Aufgaben einer Kommune gerecht wird.

Maly: „Schlüsselzuweisungen aus dem Finanzausgleich sind keine ,Sozialhilfe‘ für ärmere Gemeinden, Schlüsselzuweisungen sollen anhand objektiver Bedarfsindikatoren den berechtigten Einnahme-Bedarf einer Kommune decken. Das Gutachten zum Finanzausgleich liefert keine fertigen politischen Antworten, führt aber dazu, dass die bisweilen emotionale Debatte in ein sachliches Fahrwasser kommt. Damit bietet sich eine konstruktive Arbeitsgrundlage.“

Maly: „Eine Formel scheint auf den ersten Blick einleuchtend, führt aber auf den Holzweg: ,arm ist, wer klein und ländlich ist‘ und ,reich ist, wer groß und städtisch ist‘. So einfach ist es nicht. Die Reduzierung der Diskussion auf eine künstliche Kluft zwischen den angeblich reichen Großstädten und den angeblich armen ländlichen Räumen führt nicht weiter.“

Bayern besteht nicht aus München und einigen Dörfern, sondern lebt von der Vielfalt an Städten und Gemeinden in 71 Landkreisen und sieben Bezirken. Es gibt 25 kreisfreie Städte von Amberg, Hof, Kaufbeuren und Schwabach bis zur zweitgrößten Stadt Nürnberg und drittgrößten Stadt Augsburg. Unter den kreisfreien Städten gehören viele nicht zu den ,reichen‘ Städten. Und es gibt 29 Große Kreisstädte, die wichtige zentrale Aufgaben, oft für die gesamte Landkreisbevölkerung, erfüllen und daher einen höheren Finanzbedarf haben. Wirtschaftslage, demographische Situation, Beschäftigungslage, soziale Zusammensetzung und Steueraufkommen sind je nach Region in allen 2056 Städten und Gemeinden Bayerns unterschiedlich.

Maly: „Die Betroffenheit von Kommunen, die in finanziellen Nöten stecken, hängt nicht von der Größe ab. Betroffen sind kleine und große Orte, die in strukturschwachen Regionen liegen und die vom demographischen Wandel betroffen sind.“

Die Probleme von strukturschwachen Kommunen lassen sich nicht allein über den kommunalen Finanzausgleich lösen.

Maly: „Kraftzentren, die den Wirtschaftsstandort Bayern und seine Prosperität sichern, dürfen nicht geschwächt werden. Wer die Städte schwächt, schwächt den gesamten Freistaat. Die Stärke des Freistaats und die Stärke des Steueraufkommens beruhen auf starken Städten und starken zentralen Orten im ländlichen Raum.“

Auch kleinere Städte wie Mühldorf am Inn, Mindelheim, Miltenberg, Sulzbach-Rosenberg oder Pfarrkirchen haben als zentrale Orte im ländlichen Raum Aufgaben für das Umland zu erfüllen.

Maly: „Diese einfache Tatsache muss sich im Finanzausgleich abbilden.“

Bayerischer Städtetag, Pressemitteilung v. 10.07.2014