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Landtag: Verfassungsausschuss – Bericht der Staatsregierung zu Oktoberfestattentat

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Am 26. September 1980 tötete eine Explosion beim schwersten Terroranschlag in der Nachkriegsgeschichte Deutschlands auf dem Oktoberfest 13 Menschen und verletzte weitere 211 zum Teil sehr schwer. Immer wieder tauchten Medienberichte über neue Erkenntnisse auf, am 7. Mai 2014 forderte der Bayerische Landtag die Staatsregierung auf im Verfassungsausschuss dazu zu berichten. Landespolizeipräsident Prof. Dr. Wilhelm Schmidbauer legte am 2. Oktober 2014 im Auftrag des Innenministeriums den Bericht vor. Im Mittelpunkt des Interesses der Abgeordneten stand die Frage, inwieweit man Akten zu dem Fall zugänglich machen könne. Ausgelöst hatte dies letztlich die Uraufführung des Films „Der blinde Fleck“ im Landtag am 11. Juni 2013. Nach einem Drehbuch des BR-Reporters Ulrich Chaussy wurden die Ergebnisse seiner 30-jährigen Recherchen zum Oktoberfest-Attentat filmisch aufbereitet. In der Podiumsdiskussion nach dem Film bat Chaussy den anwesenden Innenminister Joachim Herrmann, alle verfügbaren Akten zu dem Attentat zur Einsicht freizugeben, was Herrmann damals zusagte und einleitete.

Viele Akten können nun eingesehen werden

Schmidbauer berichtete, dass man bei der Durchforstung des Archivs des Bayerischen Landeskriminalamtes 29 Spurenakten zu dem Fall gefunden hätte, die der Generalbundesanwalt bei den damaligen Ermittlungen nicht zu den Akten genommen hätte. Diese Akten wurden dem Bayerischen Hauptstaatsarchiv übergeben – aus datenschutzrechtlichen Gründen zum Teil geschwärzt. Weitere Akten, Spurenakten oder Asservate wurden auf Nachfrage weder an bayerischen Gerichten noch Staatsanwaltschaften gefunden.

Da 1980 der Generalbundesanwalt in dem Fall ermittelte, wurden dort die Hauptakten zum Oktoberfestattentat angelegt. Diese sind im Bundesarchiv in Koblenz gelagert und somit zugänglich.

Zudem gibt es noch einen Aktenordner zu dem Attentat. Die Akten beim Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz können grundsätzlich nur auf Antrag von betroffenen Personen eingesehen werden, erläuterte Schmidbauer. Laut dem Bayerischen Verfassungsschutzgesetz besteht grundsätzlich kein Einsichtsrecht in die Akten des Verfassungsschutzes. Akten der damaligen Abteilung Staatsschutz, die heute im Innenministerium archiviert sind und bisher als Verschlusssache geführt wurden, hat der Innenminister freigegeben und dem Bayerischen Hauptstaatsarchiv überantwortet. Damit besteht auch hier die Möglichkeit die Unterlagen einzusehen. Die Sichtung von möglicherweise noch vorhandenen Akten oder Spuren bei untergeordneten Behörden und Organisationen sei noch nicht abgeschlossen, informierte Schmidbauer. Im Falle einer Wiederaufnahme des Verfahrens durch den Generalbundesanwalt wolle er jedoch vorbereitet sein und einen bestmöglichen Überblick über die in Bayern verfügbaren Akten bieten, versicherte Schmidbauer.

„Der Fall darf nicht nur Historikern überlassen werden“

Grundsätzlich hätte sich nach Sichtung der Akten kein Anlass gefunden, um an den Erkenntnissen der damaligen Ermittlungen zu zweifeln, die den damals 21-jährigen Gundolf Köhler als Täter identifizierten. Dass Köhlers rechtsextreme Gesinnung das Motiv für den Anschlag gewesen sein, konnte nicht nachgewiesen werden und das sei das einzige Kriterium bei polizeilichen Ermittlungen, betonte Schmidbauer. Der Ausschussvorsitzende Franz Schindler (SPD) merkte kritisch an, mit der Übergabe der Akten an das Bayerische Hauptstaatsarchiv werde der Fall den Historikern überlassen und nicht mehr als Fall betrachtet, den es restlos aufzuklären gelte. Schmidbauer argumentierte, nur durch diese Maßnahme sei beispielsweise für Journalisten Einsicht in die Akten möglich.

„Das bedeutet nicht, dass der Aktendeckel endgültig geschlossen wurde“, versicherte Schmidbauer.

Die Unterlagen zur Wehrsportgruppe Hoffmann werden nicht frei gegeben

Auf Nachfrage informierte Schmidbauer den Ausschuss auch darüber, dass es keine Einsicht in die Akten zur rechtsextremen Wehrsportgruppe Hoffmann geben könne, mit der Gundolf Köhler in Kontakt stand. Aus dem einfachen Grund, weil der damalige Leiter der Gruppe heute noch unter Beobachtung stehe und deswegen eine Akteneinsicht aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht möglich sei. Florian Ritter (SPD) regte an, wenigstens Teile der Akten, die über 30 Jahre alt seien, zugänglich zu machen. Und Katharina Schulze (Bündnis 90/ Die Grünen) forderte etwaige Verbindungen mit anderen rechtsextremen Gewalttaten in jenen Jahren, etwa in Italien, genauer zu untersuchen. Die stellvertretende Ausschussvorsitzende Petra Guttenberger (CSU) wies noch einmal darauf hin, dass für etwaige Ermittlungen zum Oktoberfest-Attentat ausschließlich der Generalbundesanwalt zuständig sei. Nach bisherigem Wissensstand seien die Ermittlungen 1980 korrekt verlaufen und es gebe keine Hinweise auf Hintermänner. Sollten neue Erkenntnisse auftauchen, sei aber selbstverständlich, dass die restlose Aufklärung des Falles dem gesamten Landtag am Herzen liege. Schmidbauer sagte zu, ernsthaft über die Anregungen des Ausschusses nachzudenken, der Ausschussvorsitzende Schindler betonte die Kompetenzen des Freistaats in dieser Angelegenheit.

„Wenn bayerische Sicherheitsbehörden auf eigene Faust beispielsweise ungeklärte Mordfälle aus dieser Zeit noch einmal genauer untersuchen wollen, kann sie niemand daran hindern.“

Bayerischer Landtag, Aktuelles – Sitzungen – Aus den Ausschüssen v. 02.10.2014