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StMBW: Bildungsminister Spaenle erinnert bei Gedenkveranstaltung in Augsburger Synagoge an die Reichspogromnacht

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„Auftakt für ein Menschheitsverbrechen, gezielt vorbereitet, dirigiert und vollzogen“

Bildungsminister Dr. Ludwig Spaenle hat anlässlich des 76. Jahrestages der Reichspogromnacht bei einer Gedenkveranstaltung in der Augsburger Synagoge klare Lehren aus der Geschichte gezogen:

„Der Zivilisationsbruch der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 war ein erster Höhepunkt der systematischen Ausgrenzung und zugleich ein Fanal für das vom NS-Regime verübte Menschheitsverbrechen der Vernichtung des europäischen Judentums. Die Reichspogromnacht wurde von München aus durch Joseph Goebbels orchestriert und zielte darauf ab, die jüdische Bevölkerung aus der deutschen Gesellschaft zu verdrängen.“

Obwohl davon auszugehen sei, dass sich nur eine Minderheit aktiv an dem Pogrom beteiligt habe, wies der Minister auf die Mitverantwortung der schweigenden Mehrheit hin:

„Auch die Mitläufer ließen den Zivilisationsbruch zu und ermöglichten die Menschheitskatastrophe in ihrer passiven Teilnahme an den Ereignissen der Nacht vom 9. November 1938 und in den folgenden Jahren sowie in ihrer schweigenden Hinnahme der Verbrechen.“

Der Erinnerungsarbeit fühlt sich Minister Spaenle, selbst Historiker, daher besonders verpflichtet:

„‚Nie wieder!‘ – das ist die Forderung, die unmittelbar mit der Erinnerung an die Nacht vom 9. November 1938 und die Shoah verbunden ist. Dieses ‚Nie wieder!‘ zu gewährleisten, ist eine der Herausforderungen, der sich Deutsche im 21. Jahrhundert stellen müssen, damit nie wieder Menschen in Deutschland Opfer eines menschenverachtenden Regimes werden. Die zeitgeschichtliche Bildungsarbeit übernimmt hierbei eine wichtige Aufgabe, indem sie hilft, die Erinnerung an die Verbrechen des Nationalsozialismus wachzuhalten. So kann sie als Mittel im Kampf gegen Intoleranz, Extremismus und Antisemitismus wirken: Denn Erinnerung macht Geschichte lebendig und verbindet das emotionale und das kognitive Lernen.“

Ein Attentat Herschel Grynszpans auf einen deutschen Diplomaten in Paris am 7. November 1938 bot dem NS-Regime einen willkommenen Anlass zur Inszenierung einer ganzen Reihe von Pogromen zwischen dem 7. und dem 13. November 1938, deren Höhepunkt die Nacht des 9. auf den 10. November darstellte. Im Rahmen der – lange als „Reichskristallnacht“ begrifflich verharmlosten – Novemberpogrome wurden etwa 1.400 Menschen ermordet oder in den Selbstmord getrieben, 31.000 jüdische Männer in Konzentrationslager verschleppt, über 1.400 Synagogen und Gebetshäuser zerstört sowie 7.500 jüdische Geschäfte, über 170 Wohnhäuser und eine unbekannte Zahl von Wohnungen geplündert und jüdische Friedhöfe geschändet. In Augsburg, der größten jüdischen Gemeinde in Schwaben, wurden unter anderem die Synagoge in Brand gesteckt und mehrere hundert jüdische Männer verhaftet. Viele davon wurden als Schutzhäftlinge nach Dachau verschleppt. Die Wiederherstellung der Augsburger Synagoge konnte 1985 abgeschlossen werden. Die Synagoge beherbergt heute das Jüdische Kulturmuseum Augsburg Schwaben und ist ein Begegnungsort für Juden und Nicht-Juden.

StMBW, Pressemitteilung v. 09.11.2014