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BVerwG: Waffenrechtliche Unzuverlässigkeit wegen Mitgliedschaft bei den „Bandidos“

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Waffenrechtliche Erlaubnisse, die einem Mitglied des Bandidos Motorcycle Club (MC) erteilt worden waren, können auch dann wegen waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit widerrufen werden, wenn weder dieses Mitglied noch die Teilgruppierung (Chapter) der Bandidos, der er angehört, bisher strafrechtlich in Erscheinung getreten sind. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute in drei Fällen entschieden.

Die Kläger der drei Verfahren sind jeweils im Besitz waffenrechtlicher Erlaubnisse. Sie sind Mitglied verschiedener Chapter des Bandidos MC (Bandidos MC Regensburg, Bandidos MC Passau) mit der Funktion eines Präsidenten oder Vizepräsidenten. Nachdem diese Mitgliedschaften dem Landratsamt als zuständiger Waffenbehörde bekannt geworden war, widerrief es allein wegen dieser Mitgliedschaft die auf die Kläger ausgestellten waffenrechtlichen Erlaubnisse. Es stützte sich dafür auf eine Vorschrift des Waffengesetzes, nach der waffenrechtliche Erlaubnisse zu widerrufen sind, wenn der Inhaber die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt, weil Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er Waffen missbräuchlich verwenden oder Personen überlassen wird, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über die Waffen nicht berechtigt sind (red. Hinweis: § 45 WaffG i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. a und lit. c WaffG). Auf die Klagen der Kläger hob das Verwaltungsgericht Regensburg die Entscheidungen des Landratsamtes auf. Auf dessen Berufung wies der Verwaltungsgerichtshof München hingegen die Klagen ab. Mitglieder des Bandidos MC oder anderer vergleichbarer Rockergruppen, wie beispielsweise der Hells Angels, in hervorgehobener Position als Präsident, Vizepräsident oder sonstiger Funktionsträger seien waffenrechtlich unzuverlässig, auch wenn sie selbst oder das Chapter, der sie angehörten, bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten seien.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision der Kläger zurückgewiesen. Die waffenrechtlichen Erlaubnisse durften widerrufen werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat für das Bundesverwaltungsgericht bindend Tatsachen festgestellt, aus denen sich angesichts der Gefährlichkeit von Waffen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die zukünftige Möglichkeit der missbräuchlichen Verwendung von Waffen oder ihrer Überlassung an Nichtberechtigte und damit die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit der Kläger ergibt. Auch die Gruppenzugehörigkeit einer Person kann als (personenbezogener) Umstand für deren waffenrechtliche Zuverlässigkeit relevant sein. Nach den Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichtshofs sind von Mitgliedern der Bandidos gehäuft Straftaten unter zum Teil erheblicher Gewaltanwendung begangen worden, die maßgeblich auf die szenetypischen Rivalitäten zwischen den Bandidos und anderen Rockergruppierungen zurückzuführen sind. Es besteht wie bei anderen Mitgliedern der Bandidos die nicht entfernt liegende Möglichkeit, dass die Kläger – selbst wenn sie dies persönlich nicht anstreben sollten oder sogar für sich vermeiden wollten – künftig in die Austragung solcher Rivalitäten und in hiermit einhergehende gewalttätige Auseinandersetzungen einbezogen werden. Tritt dieser Fall ein, liegt es wiederum nicht fern, dass sie hierbei – ob beabsichtigt oder unter dem Druck der Situation – Waffen missbräuchlich verwenden oder Nichtberechtigten überlassen. Für diese Prognose ist auf die Bandidos allgemein und nicht auf das jeweilige Chapter abzustellen. Aufgrund der Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichtshofs ist davon auszugehen, dass die Tendenz zur gewalttätigen Austragung szeneinterner Rivalitäten für die Bandidos schlechthin, nicht nur für einzelne Chapter prägend ist, und dass zudem aufgrund der Vernetzung der Chapter untereinander wechselseitige Unterstützung bei Auseinandersetzungen angefordert wird.

BVerwG, Pressemitteilung v. 28.01.2015 zu den U. v. 28.01.2015, 6 C 1.14, 6 C 2.14, 6 C 3.14

Vorinstanzen (6 C 1.14):

Vorinstanzen (6 C 2.14):

Vorinstanzen (6 C 3.14):

Redaktioneller Hinweis: Vgl. zu den Urteilen des BayVGH v. 10.10.2013 dessen Pressemitteilung v. 29.11.2013.

Update v. 11.03.2015

Das BVerwG hat inzwischen den Volltext der Urteile veröffentlich und zu dem Verfahren 6 C 1.14 folgende Leitsätze veröffentlicht:

„Die Gruppenzugehörigkeit einer Person kann ihre waffenrechtliche Unzuverlässigkeit gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG begründen. Zwischen der Annahme der Unzuverlässigkeit und der Gruppenzugehörigkeit muss eine kausale Verbindung bestehen. Bestimmte Strukturmerkmale der Gruppe müssen die Prognose tragen, dass die Person zukünftig Verhaltensweisen im Sinne von § 5 Abs. 1Nr. 2 WaffG verwirklichen wird.

Die Mitgliedschaft in einer örtlichen Organisationseinheit der Rockergruppierung „Bandidos“ rechtfertigt auch dann die Annahme der Unzuverlässigkeit im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und c WaffG, wenn keine sonstigen Tatsachen für die Unzuverlässigkeit der betroffenen Person sprechen und diese bislang unbescholten ist.“