Gesetzgebung

Bayerischer Städtetag: Maly zum Schicksalsjahr 2019 – Gemeindeverkehrsfinanzierung ist die beste Prävention gegen den Verkehrsinfarkt

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„In der Medizin ist es ähnlich wie in der Politik. Je lebenswichtiger, desto schwerer aussprechbar: Das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz wirkt wie die beste Prävention gegen den Verkehrsinfarkt in unseren Städten“, sagt der Vorsitzende des Bayerischen Städtetags, Nürnbergs Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly:

„Der Operationstermin für schwierige Eingriffe am offenen Herzen des föderalen Finanzsystems ist überfällig. 2019 ist ein Schicksalsjahr für die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern: 2019 endet das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz. 2019 wirkt das Verfallsdatum des Länderfinanzausgleichs – ungeachtet der Klage von Bayern und Hessen. 2019 läuft der Solidarpakt aus. Die Schuldenbremse wirkt ab 2019 und stellt einige Bundesländer vor Herausforderungen, was auch zu Lasten kommunaler Haushalte gehen kann.“

Das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) von 1971 wurde mit der Föderalismusreform 2006 angepasst: Bis Ende 2019 erhalten zum Ausgleich die Länder vom Bund jährlich 332,56 Millionen Euro (für Projekte mit Investitionsvolumen von je über 50 Millionen Euro) aus dem Entflechtungsgesetz zur Förderung von Bau und Ausbau von Verkehrswegen, kommunalen Vorhaben (Straßenbahnen, U-Bahnen und S-Bahnen). Und: Seit 2007 zahlt der Bund als Ersatz an die Länder für wegfallende GVFG-Beträge jährlich 1,3 Milliarden Euro. Dies läuft 2019 aus.

Ohne Förderung durch Bund und Land können die Städte und Gemeinden in Bayern keine Verkehrsprojekte auf Straße und Schiene mehr neu anpacken, dies sind Gemeinschaftsaufgaben; auch Investitionen für Erneuerungen etwa von U-Bahnstrecken aus den 1970er Jahren fallen unter das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz.

Maly: „Die Zeit drängt. Das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz muss über 2019 hinaus verlängert werden. Kommunen stellen schon jetzt wichtige Projekte zur Verkehrsinfrastruktur zurück, weil die Rechtslage und die Finanzierung unsicher sind. Die Kommunen brauchen Planungssicherheit, ansonsten droht heute schon ein Stillstand bei Großprojekten. Der Vorlauf von Bauvorhaben ist lang. Keine Stadt kann mehr ein großes Nahverkehrsprojekt anpacken, das nach 2020 beginnen soll. Allein die Planungszeiten für Großprojekte beim Bau von Straßen, U-Bahnen, Straßenbahnlinien oder S-Bahnen brauchen einen Vorlauf, die Bauzeiten strecken sich über Jahre hin; von der ersten Planung bis zur Inbetriebnahme kann es ein Jahrzehnt dauern.“

Betroffen sind zum Beispiel Großprojekte für Straßenbahnen, U-Bahnen, S-Bahnen, Straßen:

München:

  • Weiterbau der U-Bahn-Linie 4 nach Englschalking,
  • Weiterbau der U-5 West von Laim nach Pasing (und später evtl. Freiham)
  • Sanierung bestehender U-Bahn-Röhren und Stationen, Leittechnik und Sicherungstechnik
  • zweite S-Bahn-Stammstrecke
  • Tram-Westtangente Fürstenrieder Straße
  • Straßentunnel am Mittleren Ring

Augsburg:

  • Mobilitätsdrehscheibe Hauptbahnhof mit Untertunnelung für die Straßenbahn
  • Erneuerung der Wertachbrücke / Bürgermeister-Ackermann-Straße

Metropolregion Nürnberg:

  • Bau Stadt-Umland-Bahn Nürnberg-Erlangen-Herzogenaurach, Altstadtquerung, Stadtbahn nach Kornburg
  • Sanierung von U-Bahnhöfen und U-Bahn-Strecken, Leittechnik und Sicherungstechnik
  • Wiederbeschaffung von U-Bahnen, Straßenbahnen und Bussen

Es geht nicht nur um Neubau: Die Pflege der Infrastruktur von Straße und Schiene war über Jahre hinweg chronisch unterfinanziert – Daehre-Kommission und Bodewig-Kommission beziffern den Finanzbedarf bundesweit bei jährlich über 7 Milliarden Euro, die Hälfte davon entfällt auf die kommunale Ebene. Daher fordert der Bayerische Städtetag eine Verlängerung der Bundesförderung über 2019 hinaus und eine Aufstockung von 1,33 auf 1,96 Milliarden Euro bundesweit jährlich für kommunalen Straßenbau und öffentlichen Nahverkehr. Jenseits aller Kommissionen und Experten-Schätzungen erkennen auch Laien, wenn Brücken oder Tunnel bröseln. Fahrer klagen, wenn ihre Autos und Laster über Schlaglöcher rumpeln. Haltestellen, Gleisanlagen und Weichen von S-Bahnen, U-Bahnen und Trambahnen verschleißen im Lauf der Jahrzehnte.

Maly: „Die komplexe Verkehrsinfrastruktur ist in die Jahre gekommen. Dies hemmt die Mobilität der Menschen und behindert den Wirtschaftsstandort. Wir brauchen mehr Geld für die Sanierung von Verkehrswegen und eine dauerhafte Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur. Die Sanierung von Bahnstrecken, Haltestellen, Tunnel, Brücken und Straßen ist aufwändig. Wir leben schon zu lange von der Substanz und rutschen damit in immer gravierendere Probleme. Wenn der Verkehr in den Adern nicht mehr fließt, droht dem Land ein Verkehrsinfarkt – das schadet der Wirtschaft und belastet Pendler, die auf Bahn, Tram oder Bus warten oder mit dem Auto im Stau stehen.“

Bayerischer Städtetag, Pressemitteilung v. 12.02.2015