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BVerwG: Kostenerstattung bei Verlegung von Telekommunikationslinien aus Anlass des Baues einer U-Bahn

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Ein Telekommunikationsunternehmen hat die Kosten für die Verlegung seiner bereits vorhandenen Telekommunikationslinien zu tragen, wenn in einer öffentlichen Straße eine besondere Anlage errichtet werden soll, die eigenen Zwecken der wegeunterhaltungspflichtigen Gemeinde dient, jedoch nicht von der Gemeinde selbst, sondern von einer Gesellschaft hergestellt wird, die aufgrund gesellschaftsrechtlicher Verflechtungen von der Gemeinde rechtlich und wirtschaftlich beherrscht wird. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.

Nach dem Telekommunikationsgesetz ist der Bund befugt, öffentliche Straßen, Wege und Plätze für solche Telekommunikationslinien unentgeltlich zu benutzen, die öffentlichen Zwecken dienen. Er überträgt diese Nutzungsberechtigung auf die Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze. Soll die öffentliche Straße nach Errichtung der Telekommunikationslinie für weitere und andere Anlagen als Telekommunikationslinien (sogenannte spätere besondere Anlagen) genutzt werden, hat das Telekommunikationsunternehmen die Kosten zu tragen, die durch eine Verlegung der vorhandenen Telekommunikationslinie aus diesem Anlass entstehen, wenn die spätere besondere Anlage – erstens – aus Gründen eines öffentlichen Interesses und – zweitens – von dem für die öffentliche Straße unterhaltungspflichtigen Träger der Straßenbaulast oder unter dessen überwiegender Beteiligung ausgeführt werden soll. Zu den besonderen Anlagen in diesem Sinne gehören beispielsweise auch U-Bahnen.

Die Klägerin, die Kölner Verkehrsbetriebe AG, betreibt in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft den öffentlichen Personennahverkehr im Großraum Köln. Ihre Gesellschaftsanteile halten zu 10 % die Stadt Köln und zu 90 % die Stadtwerke Köln GmbH. Alleinige Gesellschafterin der Stadtwerke Köln GmbH ist die Stadt Köln. Sie ist wegeunterhaltungspflichtig für die öffentlichen Straßen in ihrem Stadtgebiet. Die Stadt Köln plante seit langem, innerhalb ihres Stadtgebiets eine unterirdisch geführte Strecke der Stadtbahn als Nord-Süd-Verbindung zu bauen. In einem Vertrag zwischen ihr und der Klägerin wurde der Wechsel der Bauherreneigenschaft für einen planfestgestellten Streckenabschnitt von der Stadt Köln auf die Klägerin vereinbart. Die beklagte Deutsche Telekom AG betreibt in Köln ein Netz von Telekommunikationslinien. Diese verlaufen im öffentlichen Straßenraum. Soweit für die Nord-Süd-Verbindung der Stadtbahn Haltestellen und Anlagen für den Gleiswechsel errichtet werden sollten, erforderte die Herstellung dieser Bauwerke die Verlegung von Telekommunikationslinien der Beklagten. In einem Vertrag mit der Klägerin verpflichtete sich die Beklagte, die Verlegungsarbeiten durchzuführen, während die Klägerin sich verpflichtete, die notwendigen Kosten der Maßnahmen einstweilen – vorbehaltlich einer späteren gerichtlichen Klärung – vorzulegen. Die Klägerin zahlte an die Beklagte auf Anforderung in mehreren Teilbeträgen vorläufig die angefallenen Kosten und leistete Vorauszahlungen. Nachdem sie die Beklagte erfolglos aufgefordert hatte, ihr diese Kosten zu erstatten, hat die Klägerin Klage erhoben. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen, weil die U-Bahn weder von der wegeunterhaltungspflichtigen Stadt Köln noch unter deren überwiegender Beteiligung ausgeführt werde. Das Oberverwaltungsgericht Münster hat der Klage stattgegeben und angenommen, die U-Bahn werde unter überwiegender Beteiligung der Stadt Köln ausgeführt.

Das Bundesverwaltungsgericht hat auf die Revision der beklagten Deutschen Telekom AG das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aufgehoben und die Sache zur weiteren Klärung des Sachverhalts an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen. Das Bundesverwaltungsgericht hat allerdings im Ergebnis die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts bestätigt, dass hier der Bau der U-Bahn unter überwiegender Beteiligung der wegeunterhaltungspflichtigen Stadt Köln ausgeführt wird und deshalb grundsätzlich die Kosten für die dadurch notwendige Verlegung von Telekommunikationslinien von der beklagten Deutschen Telekom AG zu tragen sind. Entgegen deren Auffassung liegt eine Beteiligung der wegeunterhaltungspflichtigen Gemeinde an dem Vorhaben nicht nur dann vor, wenn sich die Gemeinde (überwiegend) an der tatsächlichen Ausführung der Anlage beteiligt. Nach dem Sinn und Zweck der einschlägigen Bestimmung des Telekommunikationsgesetzes liegt eine Beteiligung des Wegeunterhaltungspflichtigen an der Ausführung der späteren besonderen Anlage unter zwei Voraussetzungen vor. Zum einen ist erforderlich, dass die Anlage aus einem öffentlichen Interesse ausgeführt werden soll, dessen Wahrnehmung dem Wegeunterhaltungspflichtigen als eigene Aufgabe übertragen ist. Zum anderen muss der Wegeunterhaltungspflichtige durch die Art seiner Beteiligung die Ausführung der Anlage steuern können. Dies kann sich aus einer unmittelbaren oder mittelbaren gesellschaftsrechtlichen Beteiligung des Wegeunterhaltungspflichtigen an dem Dritten ergeben, der die Anlage tatsächlich herstellt. Diese Voraussetzungen sind hier allein schon durch die gesellschaftsrechtliche Verflechtung der Stadt Köln mit der Klägerin und die dadurch gegebene Möglichkeit erfüllt, die Ausführung der U-Bahn durch die Klägerin rechtlich und wirtschaftlich als ein Vorhaben zu steuern, das der Erfüllung der der Stadt Köln obliegenden Aufgabe dient, den öffentlichen Personennahverkehr in ihrem Stadtgebiet zu organisieren.

Die beklagte Deutsche Telekom AG hätte aber nach dem Telekommunikationsgesetz die Kosten der Verlegung ihrer Telekommunikationslinien ausnahmsweise dann nicht zu tragen, wenn die Telekommunikationslinien nicht ausschließlich dem Ortsverkehr, sondern auch dem Fernverkehr gedient hätten und ihre Verlegung unverhältnismäßig hohe Kosten verursacht hätte. Das Oberverwaltungsgericht hatte diese Voraussetzungen schon mit der Begründung verneint, für den Fernverkehr bestimmte Leitungen seien durch einen höheren technischen Aufwand für das verwandte Material gekennzeichnet; einer solchen Unterscheidung sei jedoch mit dem Übergang zur Glasfasertechnik die Grundlage entzogen. Dem ist das Bundesverwaltungsgericht nicht gefolgt. Es kommt nach dem Gesetz nur auf die Funktion der Telekommunikationslinie an, nämlich darauf, ob in ihr bestimmungsgemäß Fernverkehr stattfindet. Das Oberverwaltungsgericht hätte deshalb tatsächliche Feststellungen dazu treffen müssen, welche der verlegten Telekommunikationslinien im Zeitpunkt ihrer Verlegung für Fernverbindungen genutzt wurden und ob ihre Verlegung unverhältnismäßig hohe Kosten verursacht hat. Damit diese Feststellungen nachgeholt werden können, war die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.

BVerwG, Pressemitteilung v. 29.04.2015 zum U. v. 29.04.2015, 6 C 32.14

Vorinstanzen (Volltext abrufbar unter www.nrwe.de):