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Bayerischer Städtetag: Resolution der Vollversammlung des Bayerischen Städtetags am 22. Juli 2015 in Passau

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Resolution der Vollversammlung des Bayerischen Städtetags am 22. Juli 2015 in Passau zum Tagungsthema „Gesund schrumpfen – über sich hinaus wachsen: Demografischer Wandel in Stadt und Land“

Resolution der Vollversammlung des Bayerischen Städtetags am 22. Juli 2015 in Passau
zum Tagungsthema „Gesund schrumpfen – über sich hinaus wachsen: Demografischer Wandel in Stadt und Land“

Demografische Entwicklungen wirken sich auf alle kommunalen Bereiche aus. Sie stellen die kommunale Aufgabenerfüllung und die Stadtentwicklung vor Herausforderungen. Alle Städte und Gemeinden sind vom demografischen Wandel und seinen gesellschaftlichen Entwicklungen betroffen: Es geht vor allem um die Aufrechterhaltung der kommunalen Infrastruktur. Während in wachsenden Städten und Gemeinden eine Überlastung der Infrastruktur droht, macht schrumpfenden Städten und Gemeinden eine Unterauslastung der kommunalen Infrastruktur zu schaffen. Anhaltendes Wachstum engt Städte vor allem in Verdichtungsräumen in ihrer räumlichen Entwicklung ein. Für den Ausbau von Verkehrsinfrastruktur, Einrichtungen der Daseinsvorsorge, Bildungseinrichtungen, Wohnraum oder Gewerbe werden Flächen knapp, verschiedene Nutzungen treten verstärkt in Konkurrenz. Spiegelbildlich müssen andere Städte und Gemeinden Schrumpfungsprozesse managen, sie müssen mit sinkenden Nutzungen umgehen und der Zunahme von Brachflächen begegnen. Nur in wenigen Fällen ist die Ursache sinkender Einwohnerzahlen in Wanderungsbewegungen zu finden. Häufig ist die Geburtenrate zu niedrig.

Die Bayerische Verfassung gibt die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse und Arbeitsbedingungen als Grundlage staatlichen Handelns vor. Sie ist auch ein zentrales Anliegen der bayerischen Städte und Gemeinden. Die Forderungen der bayerischen Kommunen sind aus den Grundbedürfnissen der Menschen in den Städten und Gemeinden abgeleitet. Kommunen begreifen die Bewältigung der Herausforderungen des demografischen und gesellschaftlichen Wandels als Pflichtaufgabe. Neue Aufgaben erfordern neue Lösungsansätze. Sie verlangen von der Staatsregierung und den Aufsichtsbehörden, eine bewährte Förderpraxis stetig zu verbessern, Vorgaben und Standards anzupassen, die Unterschiedlichkeiten der vielfältigen Entwicklungen in den Regionen, in Landkreisen, in Städten und Gemeinden zu analysieren und passgenaue Strategien zu entwickeln. Zur Erreichung der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse und Arbeitsbedingungen gibt es keine Patentrezepte.

Die Delegierten des BAYERISCHEN STÄDTETAGS 2015 fordern vom Freistaat:

  1. Die Staatsregierung darf Stadt und Land nicht als Gegensatz behandeln, sondern als gleichwertige Akteure zur Verwirklichung der Staatszielbestimmung.
    Die Bayerische Staatsregierung hat sich in der jüngeren Vergangenheit der demografischen Entwicklung in Leitfäden, Strategien und Regierungserklärungen angenommen und dabei ein Bündel an Unterstützungsangeboten entwickelt. Sie legt den Schwerpunkt der Betrachtung auf die schrumpfenden Teilräume, während die Herausforderungen wachsender Städte und Gemeinden nur selten behandelt werden. Die einseitige Konzentration auf schrumpfende Regionen wird der bayerischen Entwicklung nicht gerecht und lässt Wechselwirkungen der sich unterschiedlich entwickelnden Teilräume unberücksichtigt.
  2. Die Staatsregierung muss passgenaue Lösungen für die Ungleichheiten und Ungleichzeitigkeiten der Entwicklungen bereithalten.
    Unterschiedliche Entwicklungen bedürfen unterschiedlicher Strategien. Die Heterogenität in Bayern ist als Chance zu begreifen. Vorhandene Stärken dürfen nicht geschwächt werden, Schwächen sind auszugleichen.
  3. Die Bewältigung der Folgen des demografischen Wandels muss als kommunale Pflichtaufgabe anerkannt werden.
    Die Staatszielbestimmung überlagert die kommunalrechtliche Differenzierung zwischen sogenannten freiwilligen Aufgaben und Pflichtaufgaben und erfordert im Einzelfall von den Aufsichtsbehörden eine dem örtlichen Bedarf entsprechende Bewertung.
  4. Die Staatsregierung muss eine gezielte Struktur- und Regionalpolitik betreiben.
    Finanzielle Unterstützung trägt dazu bei, schrumpfende Städte und Gemeinden zu unterstützen, kann aber alleine eine nachhaltige Entwicklung nicht sichern. Demografieprobleme und strukturelle Härten lassen sich nur bedingt durch staatliche Finanzströme an die Kommunen lösen. Eine Umverteilung zwischen den Kommunen würde allenfalls zu einer Problemverlagerung führen. Es bedarf einer gezielten Regional- und Strukturpolitik der Staatsregierung, damit in den strukturschwachen Gebieten neue Arbeitsplätze entstehen und vor allem junge Menschen eine Perspektive haben. Behördenverlagerung alleine genügt nicht. Die Staatsregierung muss stärker versuchen, Ankerpunkte für die Ansiedlung von Wirtschaft und Wissenschaft im Sinne der Dezentralität zu setzen. Daneben muss den Strukturproblemen in wachsenden Städten und Gemeinden stärker Rechnung getragen werden.

Die Rede des Vorsitzenden des Bayerischen Städtetags, Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly, zum demografischen Wandel können Sie im Internet unter www.bay-staedtetag.de, Jahrestagungen, Jahrestagung 2015 herunterladen.

Bayerischer Städtetag, Pressemitteilung v. 23.07.2015