Aktuelles

Bayerischer Städtetag: Maly zur Aufnahme von Asylbewerbern und Flüchtlingen – Kommunen haben Erfahrung in Integration, –aber das funktioniert nicht zum Nulltarif

©pixelkorn - stock.adobe.com

„Gerade bei schwierigen Themen kommt es auf die sprachliche Disziplin an: Die rhetorische Intonierung in Fragen von Asyl und Flüchtlingen muss behutsam bleiben, um den komplexen Sachverhalten ebenso wie den betroffenen Menschen gerecht zu werden“, sagt der Vorsitzende des Bayerischen Städtetags, Nürnbergs Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly. 60 Millionen Menschen sind laut Schätzungen weltweit auf der Flucht vor Krieg, Unterdrückung und Hunger. Die Lage in Krisenregionen wie in Syrien, im Nordirak, in Afghanistan oder einzelnen afrikanischen Staaten wie Eritrea oder Nigeria bleibt dramatisch.

Maly: „Zuallererst geht es um die humanitäre Erstversorgung von Flüchtlingen und Asylbewerbern. Gerade in diesen Wochen wird das Krisenmanagement von Bund, Freistaat und Kommunen auf immer härtere Proben gestellt. Kommunen, Staat, Wohlfahrtsverbände und Ehrenamtliche sorgen für Unterkünfte und Betreuung. Das ist allerdings nur der Anfang: Es geht nicht nur um die erste Unterbringung, Verpflegung, medizinische Versorgung von Menschen, die Schutz und Hilfe suchen. Neben der humanitären Versorgung in den ersten Wochen muss rasch der Status der Hilfesuchenden geklärt werden. Asylanträge mit äußerst geringer Erfolgsaussicht müssen in zentralen Aufnahmeeinrichtungen so schnell wie möglich bearbeitet werden; dies kann Freiräume schaffen für die Integration der anerkannten Flüchtlinge und Asylbewerber in den nächsten Jahren: Viele Menschen werden lange bleiben, sie bekommen nach dem Asylverfahren ein Bleiberecht, sie brauchen Obdach. Kinder brauchen Kindergarten und Schule. Erwachsene brauchen Sprachunterricht und Integrationskurse. Ausbildung muss ermöglicht werden. Übergänge ins Berufsleben müssen geebnet werden.“

Maly: „Kommunalpolitik ist Tag für Tag gefordert, die Herausforderungen sind enorm. Die Kommunen leisten einen wesentlichen Beitrag, um dieses gesamtgesellschaftliche Problem zu meistern. Die Kommunen können diese Aufgaben bei der Integration schultern, wenn Bund und Länder die Kommunen dauerhaft und tatkräftig unterstützen. Städte und Gemeinden haben Erfahrung in Integration, aber das funktioniert nicht zum Nulltarif.“

Der Bund hat bereits stärkere Beteiligung zugesagt, allerdings ist die Höhe der Mittel ungeklärt und es bleibt wegen der steigenden Zahlen von Asylbewerbern und Flüchtlingen fraglich, ob die bereits geleisteten Hilfen tatsächlich genügen werden. Und: Die Länder müssen die Mittel des Bundes an die Kommunen weiterleiten. Dies gilt auch für Bayern: Der Freistaat übernimmt zwar die Kosten für die Unterbringung und Verpflegung während der Asylverfahren, allerdings müssen die Kommunen weitere Kosten bislang ohne staatliche Unterstützung tragen.

Maly: „Bayern kann Integration. Das zeigt ein Blick in vergangene Jahrzehnte: Bayerische Städte und Gemeinden sind Heimat geworden für Flüchtlinge und Vertriebene nach 1945, für ,Gastarbeiter‘ in den 1970er Jahren und für Spätaussiedler in den 1990er Jahren. Integration funktioniert über Kindergärten, Schulen, Sprachunterricht und Beruf. Flüchtlinge und Asylbewerber mit Bleiberecht brauchen eine Perspektive: Sie müssen Chancen bekommen, um sich in die Gesellschaft integrieren zu können. Hierfür ist das bürgerschaftliche Engagement wertvoll und braucht Anerkennung. Die Hilfe von Ehrenamtlichen benötigt Begleitung und Unterstützung, damit die Hilfe zielgerichtet ankommt.“

Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, Kinder von Asylbewerbern und Flüchtlingen brauchen einen unkomplizierten Zugang zur Schule – dies darf nicht an den Schuljahresanfang gebunden sein, sondern muss auch während des Schuljahres möglich sein.

Maly: „Es ist fraglich, ob die bisherigen Kapazitäten bei den Lehrkräften genügen und tatsächlich Schritt halten mit der steigenden Schülerzahl.“

Integrationskurse und Sprachunterricht für Erwachsene ebnen Übergänge ins Alltagsleben. Besonders wichtig ist der rasche Zugang zu Arbeitsplätzen.

Maly: „Aus kommunaler Sicht erscheint es sinnvoll, die Integrationskraft der Städte und Gemeinden auf Asylbewerber und Flüchtlinge mit Bleibeperspektive zu konzentrieren, also etwa aus Syrien, dem Irak oder Bürgerkriegsgebieten.“

Daher ist die Errichtung von zentralen Erstaufnahmeeinrichtungen für Menschen aus dem Westbalkan mit geringer Aussicht auf Anerkennung ein praktikabler Weg. Gestraffte Verfahren können dabei helfen, diese Menschen nicht in dezentrale kommunale Zuständigkeiten kommen zu lassen.

Maly: „Die Europäische Union muss mit einer konstruktiven Westbalkan-Politik diesen Menschen in Not eine Perspektive für den Aufbau eines vernünftigen Staatswesens in ihrer Heimat geben. Denn niemand verlässt gerne seine Heimat und begibt sich in die Hände von Schleusern. Auch wenn sie kaum Aussicht auf Anerkennung als Asylbewerber haben, sind diese Menschen von bitterer Not und Verzweiflung getrieben.“

Bayerischer Städtetag, Pressemitteilung v. 11.08.2015