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BSG: Keine Versicherungsfreiheit in der Künstlersozialversicherung durch Ausübung ehrenamtlicher kommunalpolitischer Tätigkeiten

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Die Klägerin ist als selbstständige Journalistin und Lektorin seit Jahren in der Künstlersozialversicherung kranken‑ und pflegeversichert. Als Mitglied des Rates einer nordrhein-westfälischen Großstadt und Vorsitzende einer Fraktion erhält sie Sitzungsgelder, Aufwandsentschädigungen und Ersatz von Verdienstausfall. Die Summe dieser Bezüge überschreitet die Geringfügigkeitsgrenze deutlich; die Zahlungen sind ‑ unter Berücksichtigung von Freibeträgen ‑ als Einnahmen aus „sonstiger selbstständiger Tätigkeit“ einkommensteuerpflichtig.

Die beklagte Künstlersozialkasse stellte nach Bekanntwerden dieser Zahlungen das Ende der Mit­gliedschaft der Klägerin in der Künstlersozialversicherung (Kranken- und Pflegeversicherung) zum 30. Juni 2010 fest; die steuerrechtliche Einordnung der Zahlungen führe zwingend zu der Annahme, es handele sich um Einkünfte aus einer erwerbsmäßig ausgeübten selbstständigen Tätigkeit im Sinne von § 5 Absatz 1 Nummer 5 des Künstlersozialversicherungsgesetzes (KSVG). In den Vorinstanzen war die Klage erfolglos.

Der für die Künstlersozialversicherung zuständige 3. Senat des Bundessozialgerichts hat in seiner Sitzung am 18. Februar 2016 die Urteile der Vorinstanzen geändert und den angefochtenen Bescheid aufgehoben, sodass die Klägerin auch über den 30. Juni 2010 hinaus in der Künstlersozialversicherung versichert ist. Die Sitzungsgelder, Aufwandsentschädigungen und der Ersatz des Verdienstausfalls als selbstständige Publizistin berühren den Status der Klägerin als Versicherte der Künstlersozialversicherung nicht, weil sie das kommunalpolitische Mandat als Ratsmitglied rein ehrenamtlich und damit nicht „erwerbsmäßig“ im Sinne des § 5 Absatz 1 Nummer 5 Künstlersozialversicherungsgesetz ausübt. Das Ende der Versiche­rungspflicht in der Kranken‑ und Pflegeversicherung nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz soll nur dann eintreten, wenn die andere selbstständige Tätigkeit von ihrem Zweck her (also nicht als bloßer Nebenzweck) auf den „Broterwerb“ gerichtet ist. Dem Ehrenamt als Ratsmitglied liegt der Grundsatz der Unentgeltlichkeit zugrunde; das Ratsmitglied soll die bisherige Berufstätigkeit fortführen und den damit verbundenen sozialversicherungsrechtlichen Status nicht verlieren. Deshalb darf die Auslegung der maßgeblichen Vorschriften des Künstlersozialversicherungsgesetzes nicht so erfolgen, dass eine zentrale wirtschaftliche Basis für selbstständige Publizisten, nämlich die Absicherung des Krankheits‑ und Pflegerisikos in der Künstlersozialversicherung, durch die Übernahme eines Ehrenamts in der Kommunalpolitik in Frage gestellt wird.

BSG, Pressemitteilung v. 18.02.2016 zur E. v. 18.02.2016, B 3 KS 1/15 R (R. ./. Künstlersozialkasse)