Gesetzgebung

StMJ: Bundestag stimmt über Reform der strafrechtlichen Unterbringung ab

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Bayerns Justizminister Bausback: „Gesetzentwurf mit klarem weiß-blauen Stempel / Handlungsbedarf aber auch bei der Qualifizierung von Sachverständigen“

Der Bundestag stimmt in seiner heutigen Plenarsitzung über die Novellierung des Rechts der strafrechtlichen Unterbringung ab. Bayerns Justizminister Prof. Dr. Winfried Bausback zu diesem Anlass:

Ich freue mich sehr, dass die Reform auf die Zielgerade einbiegt. Denn für Verbesserungen bei der strafrechtlichen Unterbringung kämpfe ich schon seit meinem Amtsantritt.“

Bayern habe sich intensiv in die Debatte eingebracht und insbesondere im Sommer 2014 einen eigenen Diskussionsentwurf vorgelegt.

So ist es gelungen, dem heute zur Abstimmung stehenden Gesetzentwurf einen klaren weiß-blauen Stempel aufzudrücken! Damit meine ich vor allem die Stärkung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes: Etwa mit der Erhöhung der Anforderungen an die Fortdauer der Unterbringung nach sechs Jahren erfolgter Unterbringung oder der häufigeren Einholung von externen Sachverständigengutachten vor den Fortdauerentscheidungen übernimmt der Entwurf zentrale bayerische Forderungen!“

Der bayerische Justizminister weiter:

Die Gesetzesänderung ist zweifelsohne ein wichtiger Meilenstein. Ich sehe aber weiteren Handlungsbedarf, nämlich bei der Qualifizierung von Sachverständigen. Auch hier habe ich bereits die Initiative ergriffen und das Thema auf die Tagesordnung der kommenden Frühjahrsjustizministerkonferenz gesetzt.“

Bausback erläutert: „Die Gutachter und ihre Fachkompetenz spielen in Verfahren, in denen eine strafrechtliche Unterbringung bzw. deren Fortdauer im Raum steht, eine sehr wichtige Rolle. Es ist deshalb im besonderen Interesse der Justiz, dass eine ausreichende Anzahl qualifizierter Sachverständiger zur Verfügung steht.“

Hier eine Steigerung zu erreichen, sei gerade auch deshalb wichtig, weil mit der vorgesehenen häufigeren Einbindung externer Sachverständiger – statt wie bislang alle fünf künftig alle drei Jahre bzw. alle zwei Jahre ab einer Dauer der Unterbringung von sechs Jahren – sich der Bedarf an qualifizierten Gutachtern erhöhe.

Die Justiz hat auf die Qualifizierung von Sachverständigen zwar keinen unmittelbaren Einfluss. Ich bin aber davon überzeugt, dass wir gemeinsam mit der Gesundheitsseite die erheblichen Bemühungen der Ärztekammern und -verbände noch besser unterstützen können – etwa durch Mentorensysteme, einer finanziellen Förderung der Qualifikation oder durch verschiedenste andere Maßnahmen. Auf der Justizministerkonferenz werde ich mich deshalb für die Einsetzung einer interdisziplinären Arbeitsgruppe stark machen, die diese Unterstützungsmaßnahmen sammeln, prüfen und bewerten soll“, so der bayerische Justizminister abschließend.

StMJ, Pressemitteilung v. 28.04.2016

Redaktionelle Hinweise

Vollständige Bezeichnung des Gesetzentwurfs: Entwurf eines Gesetzes zur Novellierung des Rechts der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 des Strafgesetzbuches und zur Änderung anderer Vorschriften (BT-Drs. 18/7244).

Zur Genese des Vorhabens: hier.

Im Unterschied zu den anderen Unterbringungsarten (zivilrechtliche, öffentlich-rechtliche) ist Anknüpfungspunkt bei der strafrechtlichen Unterbringung eine rechtswidrige Straftat (zivilrechtliche: primär Eigengefährdung; öffentlich-rechtliche: neben Eigen- auch Fremdgefährdung). Mit der strafrechtlichen Unterbringung sind insbesondere die freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung gemeint. Zur strafrechtlichen Unterbringung kann man insgesamt zählen:

  • die freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung nach § 63 ff. StGB (Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, Unterbringung in einer Entziehungsanstalt, Sicherungsverwahrung bzw. Therapieunterbringung nach dem ThUG),
  • die einstweilige Unterbringung nach 126a StPO,
  • die Unterbringung zur Beobachtung ( 81 StPO) und
  • die Sicherungshaft ( 463 Abs. 1 i.V.m. § 453c StPO).

Die Anordnungsvoraussetzungen und das Verfahren sind bundesrechtlich geregelt, der Vollzug landesrechtlich; der für den Vollzug zu beachtende bundesrechtliche Vorbehalt in § 138 Abs. 1 StVollzG gilt zwar fort, kann aber durch Landesrecht ersetzt werden (vgl. Art. 125a Abs. 1 GG); das geschieht in Bayern durch das Bayerische Maßregelvollzugsgesetz (BayMRVG).

Der Vollzug der strafrechtlichen Unterbringung wird in Bayern folglich in folgenden Gesetzen geregelt:

  • Bayerisches Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz (BaySvVollzG): regelt den Vollzug der Sicherungsverwahrung und der Therapieunterbringung;
  • Bayerisches Maßregelvollzugsgesetz (BayMRVG): regelt die anderen o.g. strafrechtlichen Unterbringungsarten (bis auf die Unterbringung zur Beobachtung gemäß § 81 StPO)