Gesetzgebung

Änderung von WHG und AbwAG (Kostengrundsätze für Wassernutzungen)

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Blue Water surface, isolated on white background.von Ministerialrat a.D. Ulrich Drost

A. Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG)

1. Hintergrund

Mit dem Gesetz zur Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes zur Einführung von Grundsätzen für die Kosten von Wasserdienstleistungen und Wassernutzungen sowie zur Änderung des Abwasserabgabengesetzes vom 11.04.2016 (BGBl I S. 745) wurden Grundsätze für die Kosten von Wasserdienstleistungen und Wassernutzungen in das WHG eingeführt. Damit wurden, wenn auch mit erheblicher Verzögerung, europarechtliche Vorgaben aus Nr. 38 der Erwägungsgründe, Art. 2 Nr. 38 und 39 und Art. 9 der Richtlinie 2000/60/EG zur „Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik” (im Folgenden: Wasserrahmenrichtlinie – WRRL) in nationales Recht umgesetzt. Vorausgegangen war der Gesetzgebung ein Streit mit der EU-Kommission über die Auslegung des Begriffs der Wasserdienstleistungen, der schlussendlich vom EuGH mit Urteil vom 11.09.2014 (Rs. C-525/12) zu Gunsten der Bundesrepublik Deutschland entschieden worden war.

Die Europäische Kommission hatte die BRD wegen einer nicht ordnungsgemäßen Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie in nationales Recht gerügt. Insbesondere hatte sie die einschränkende Auslegung des Begriffs „Wasserdienstleistungen” beanstandet. Deutschland habe das Prinzip, mit einer entsprechenden Preisgestaltung zum Wassersparen anzuregen, nur auf die Trinkwasserversorgung und die Abwasserentsorgung angewendet. Nach Ansicht der Kommission müssen Dienstleistungen wie die Stromerzeugung durch Wasserkraft, der Hochwasserschutz oder die Wassernutzung zur Bewässerung und für industrielle Zwecke ebenfalls dem Grundsatz der Deckung der Kosten einschließlich umwelt- und ressourcenbezogener Kosten unterworfen werden.

In ihrer Urteilsbegründung stellten die Richter klar, dass bei der Auslegung einer Richtlinie der Wortlaut, die verfolgten Ziele, die Entstehungsgeschichte sowie ihr Zusammenhang und das gesamte Unionsrecht zu beachten sind. So ergibt sich aus dem Wortlaut der Wasserrahmenrichtlinie (Art. 9) keine allgemeine Pflicht zur Bepreisung sämtlicher Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Wassernutzung. Vielmehr verpflichtet er die Mitgliedstaaten, den Grundsatz der Kostendeckung der Wasserdienstleistungen einschließlich umwelt- und ressourcenbezogener Kosten unter Einbeziehung einer wirtschaftlichen Analyse und unter Zugrundelegung des Verursacherprinzips zu berücksichtigen. Insbesondere sollen die EU-Länder im Sinne der Umweltziele der Richtlinie dafür sorgen, dass ihre Wassergebührenpolitik angemessene Anreize für die Benutzer gibt, Wasserressourcen effizient zu nutzen. Ebenso geht aus der Definition von „Wasserdienstleistungen” (Art. 2 Nr. 38 WRRL) nicht hervor, ob eine Bepreisung der Kosten für alle Tätigkeiten der Entnahme, Aufstauung, Speicherung, Behandlung und Verteilung von Oberflächen- und Grundwasser verlangt wird. Der EuGH kommt so zu dem Ergebnis, dass nicht alle Wasserdienstleistungen dem Grundsatz der Kostendeckung unterworfen werden. Voraussetzung ist, dass dadurch die Zwecke der Richtlinie und die Verwirklichung ihrer Ziele nicht in Frage gestellt werden.[1]

2. Ziel der Änderungsgesetzes

Das Änderungsgesetz dient der Umsetzung der Begriffsdefinitionen der „Wasserdienstleistungen“ und der „Wassernutzungen“ nach Art. 2 Nr. 38 und 39 sowie der Regelungen des Art. 9 (Deckung der Kosten der Wasserdienstleistungen) WRRL. Diese Regelungen waren bisher nicht im Wortlaut in das WHG übernommen worden. Nach dem Erwägungsgrund Nr. 38 der WRRL sollen die Mitgliedstaaten der Europäischen Union auch den Einsatz wirtschaftlicher Instrumente vorsehen. Der Grundsatz der Deckung der Kosten der Wassernutzung einschließlich umwelt-  und ressourcenbezogener Kosten im Zusammenhang mit Beeinträchtigungen oder Schädigungen der aquatischen Umwelt sollte insbesondere entsprechend dem Verursacherprinzip berücksichtigt werden.

Der Einsatz wirtschaftlicher Instrumente kann neben einer Reihe von anderen Instrumenten zur Erreichung der Ziele der WRRL beitragen. Die WRRL schreibt jedoch keine bestimmten ökonomischen und fiskalischen Instrumente vor. Die Mitgliedstaaten haben bei der Frage des Einsatzes von ökonomischen und fiskalischen Instrumenten nach der Rechtsprechung des EuGH einen weiten Ermessensspielraum.[2]

Die genannten Bestimmungen der WRRL werden mit dem genannten Änderungsgesetz 1:1 in das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) übernommen (Art. 1 des Änderungsgesetzes). Art. 2 Nr. 38 und 39 sowie die Regelungen des Art. 9 WRRL sind inhaltlich (z. B. durch Abwasserabgaben und Gebühren für die Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung) und in ihrer Zielrichtung bereits in deutsches Recht umgesetzt worden. Allerdings sind diese Regelungen bisher nicht in ihrem Wortlaut in das Bundesrecht übernommen worden. Dies wird nun im Sinne einer am Wortlaut der Begriffsdefinition der Wasserdienstleistungen und der Wassernutzungen nach Art. 2 Nr. 38 und 39 sowie des Art. 9 WRRL orientierten Regelung nachgeholt. Es handelt sich hierbei um Grundsatzregelungen, die jedoch keine bestimmten ökonomischen und fiskalischen Instrumente vorschreiben. Sofern zur Erreichung der Ziele der Wasserrahmenrichtlinie spezielle ökonomische oder fiskalische Instrumente erforderlich sind, bedürfen diese einer besonderen Rechtsgrundlage. Bei der Einführung und Ausgestaltung dieser Rechtsgrundlagen sind die im WHG geregelten Grundsätze zu beachten. Derzeit bestehen bereits spezielle ökonomische und fiskalische Instrumente im Bundes- und Landesrecht (z. B. Abwasserabgabengesetz, Gesetze über Wassernutzungsentgelte der Länder), die ungeachtet der neuen Grundsatzregelung wirksam bleiben.[3]

3. Gang der Gesetzgebung

3.1 Entwurf der Bundesregierung

Das Änderungsgesetz vom 11.04.2016 (BGBl I S. 745) entspricht weitgehend dem Entwurf der Bundesregierung.[4] Danach sollen

  • das Inhaltsverzeichnis des WHG durch die Angabe eines neuen „§ 6a Grundsätze für die Kosten von Wasserdienstleistungen und Wassernutzungen“ ergänzt,
  • in „§ 3 WHG Begriffsbestimmungen“ eine neue Nr. 16 mit einer Definition des Begriffs der Wasserdienstleistungen und eine neue Nr. 17 mit einer Definition der Wassernutzungen, die ohne inhaltliche Änderung denen in Art. 2 Nr. 38 und 39 WRRL entspricht, eingefügt,
  • mit § 6a WHG eine Grundsatzregelung für die Kosten von Wasserdienstleistungen und Wassernutzungen getroffen und
  • in 83 Abs. 2 Satz 2 WHG in einer neuen Nr. 5 Regelungen für die Darstellung der geplanten Schritte für die Umsetzung der Kostenbeteiligung, für die Beiträge der verschiedenen Wassernutzungen und für die Gründe von Ausnahmen im Bewirtschaftungsplan vorgegeben werden.

3.2 Beschluss des Bundesrates im ersten Durchgang

Mit Beschluss vom 27.11.2015 hat der Bundesrat zum Entwurf der Bundesregierung Stellung genommen und Änderungen am Entwurf empfohlen.

So sollte § 6a Abs. 2 des Entwurfs der Bundesregierung folgende Fassung erhalten:

„(2) Wassernutzungen insbesondere in den Bereichen Industrie, Haushalte und Landwirtschaft haben zur Deckung der Kosten der Wasserdienstleistungen angemessen beizutragen. Bestimmte Wassernutzungen können hiervon ausgenommen werden, wenn die Erreichung der in Absatz 1 genannten Bewirtschaftungsziele nicht gefährdet wird.“ 

Der Bundesrat begründete den Änderungswunsch mit einer Anpassung der Vorschrift an das Regel-/Ausnahmeverhältnis des Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2 zweiter Spiegelstrich in Verbindung  mit Abs. 4 Satz 1 WRRL.[5]

Zudem sollte in § 6a des Entwurfs der Bundesregierung folgender Abs. 5 neu eingefügt werden:

„(5) Weitergehende landesrechtliche Vorschriften zu Kosten und Entgelterhebungen im Bereich der Gewässerbewirtschaftung bleiben unberührt.“ 

Die Forderung wurde damit begründet, dass § 6a Abs. 1 des Entwurfs der Bundesregierung nur die Berücksichtigung des Grundsatzes der Kostendeckung für die in § 3 Nr. 16 bestimmten Wasserdienstleistungen zur Erreichung der Bewirtschaftungsziele vorgebe. Der in § 6a Abs. 2 des Entwurfs der Bundesregierung vorgegebene angemessene Beitrag bestimmter Wassernutzungen zur Deckung der Kosten der Wasserdienstleistungen solle nur bei einer Gefährdung der in § 6a Abs. 1 des Entwurfs der Bundesregierung genannten Bewirtschaftungsziele bestehen. Die Bestimmung des Begriffs der Wassernutzungen in § 3 Nr. 17 enthalte ebenfalls eine Bezugnahme auf die Bewirtschaftungsziele. Bestehende Entgeltregelungen der Länder knüpften indes maßgeblich an den mit der Nutzung des öffentlichen Gutes Wasser verbundenen Sondervorteil an oder verfolgten ökologische Lenkungszwecke unabhängig von einer Gefährdung der Bewirtschaftungsziele und einem direkten Bezug zur Bewirtschaftungsplanung auf Grund der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL). Auf Grund dessen sei im Gesetz und nicht nur in der Begründung des Gesetzentwurfs klarzustellen, dass bestehende und zukünftige weitergehende landesrechtliche Vorschriften zu Kosten- und Entgelterhebungen im Bereich der Gewässerbewirtschaftung, zum Beispiel Wasserentnahmeentgelte oder Wassernutzungsentgelte, von diesen Vorgaben des Wasserhaushaltsgesetzes nicht ausgeschlossen werden. [6]

In § 7 Abs. 2 WHG sollten die Wörter „wasserwirtschaftlichen Planungen und Maßnahmen“ durch die Wörter „Maßnahmenprogramme und Bewirtschaftungspläne“ ersetzt werden.

Der Änderungswunsch, der unabhängig vom konkreten Änderungsverfahren zur Umsetzung der EU-rechtlichen Vorgaben für die Kostenbeteiligung an Wasserdienstleistungen gestellt wurde, diente lediglich der Klarstellung. Die Koordinierungspflicht im Rahmen der Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie betreffe die länderübergreifende Abstimmung der Bewirtschaftungspläne und Maßnahmenprogramme. Dementsprechend richte sich auch die Einvernehmensregelung des § 7 Abs. 4 WHG auf die Bewirtschaftungspläne und Maßnahmenprogramme.

3.3 Beschlussempfehlung des BT-Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit; Beschluss des Bundestages

Mit Beschluss vom 17.02.2016 (BT-Drs. 18/7578) hat der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit dem Bundestag empfohlen, den Gesetzesentwurf der Bundesregierung  in geänderter Fassung anzunehmen. Als Änderung zum Entwurf der Bundesregierung hat der Ausschuss vorgeschlagen, im Änderungsvorschlag zu § 83 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 Buchstabe c WHG (neu) wie folgt zu fassen:

„c)  der Gründe dafür, dass bestimmte Wassernutzungen nach § 6a Absatz 2 nicht zur Deckung der Kosten der Wasserdienstleistungen beizutragen haben, sowie der Gründe für Ausnahmen nach § 6a Absatz 4.“

Der Ausschuss begründete den Änderungsvorschlag damit, dass dieser der Korrektur einer Unrichtigkeit im Gesetzentwurf der Bundesregierung diene. Die dortige Formulierung sei nicht korrekt, da der in Bezug genommene § 6a Abs. 2 keinen Satz 2 und auch keine ausdrückliche Regelung über Ausnahmen vom Kostendeckungsprinzip enthalte. Die geänderte Formulierung bringe nun inhaltlich korrekt und eindeutig zum Ausdruck, dass die Gründe für ein Absehen von der Anwendung des Kostendeckungsprinzips sowohl auf Grund von Art. 9 Abs. 1 Satz 3 wie auf Grund von Art. 9 Abs. 4 Satz 1 der Wasserrahmenrichtlinie in den Bewirtschaftungsplänen dargelegt werden müssten (vgl. Art. 9 Abs. 2 und Abs. 4 Satz 2 sowie Art. 13 Abs. 4 i.V.m. Anhang VII Nummer 7.2 der Wasserrahmenrichtlinie).[7]

Desweiteren schlug der Ausschuss eine Änderung der Inkrafttretensregelung mit einer Verschiebung auf sechs Monate nach Verkündung vor. Die Regelungen des Gesetzentwurfs seien auf die Gesetzgebungskompetenz des Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 GG (Wasserhaushalt ohne stoff- oder anlagenbezogene Regelungen) gestützt. Die Zustimmung des Bundesrates ist zur Verabschiedung des Gesetzes nicht vorgesehen. Nach Art. 72 Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1 Nr. 5 GG könnten die Regelungen daher ohne Zustimmung des Bundesrates erst sechs Monate nach Verkündung in Kraft treten.[8]

Der Bundestag hat am 18.02.2016 das Änderungsgesetz wie vom Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit empfohlen angenommen

3.4 Beschluss des Bundesrates im zweiten Durchgang

Der Bundesrat hat im zweiten Durchgang entgegen der Empfehlung seines Umweltausschusses beschlossen, den Vermittlungsausschuss nicht anzurufen.[9]

Das Änderungsgesetz wird am 18.10.2016 in Kraft treten.

4. Inhalt des Änderungsgesetzes

4.1 Erweiterung des § 3 WHG „Begriffsbestimmungen“ 

Der neu eingefügte § 3 Nr. 16 WHG beschreibt den Begriff der „Wasserdienstleistungen“:

„16. Wasserdienstleistungen sind folgende Dienstleistungen für Haushalte, öffentliche Einrichtungen oder wirtschaftliche Tätigkeiten jeder Art:
a) Entnahme, Aufstauung, Speicherung, Behandlung und Verteilung von Wasser aus einem Gewässer;
b) Sammlung und Behandlung von Abwasser in Abwasseranlagen, die anschließend in oberirdische Gewässer einleiten;“

Mit den unter a) genannten Begriffen wird ausschließlich die Wasserversorgung und mit den unter b) genannten Begriffen ausschließlich die Abwasserbeseitigung erfasst.[10] Der Begriff „Gewässer“ umfasst nach § 2 Abs. 1 WHG sowohl oberirdische Gewässer als auch das Grundwasser, so dass die insoweit differenzierende Regelung in Art. 2 Nr. 38 WRRL nicht übernommen werden musste. Die Begriffe „Entnahme“ und „Aufstauung“ knüpfen an die entsprechenden Begrifflichkeiten in § 9 Abs. 1 Nrn. 1, 2 und 5 WHG für Gewässerbenutzungen an. Nachdem der Begriff der Entnahme dem Art. 2 Nr. 38 WRRL entnommen ist, umfasst er auch die in § 9 Abs. 1 Nr. 1 WHG genannte weitere Gewässerbenutzung des Ableitens von Wasser aus einem oberirdischen Gewässer, des Absenkens eines oberirdischen Gewässers in § 9 Abs. 1 Nr. 2 WHG und insbesondere auch das Zutagefördern, Zutageleiten und Ableiten von Grundwasser als Gewässerbenutzung nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 WHG, jeweils soweit diese Gewässerbenutzungen dem Zweck der Wasserversorgung dienen. Die Begriffe „Speicherung, Behandlung und Verteilung von Wasser“ sind dagegen nicht primär wasserwirtschaftlicher Art, sondern knüpfen an Handlungen für die Sicherstellung einer Wasserversorgung an. Zwar kann in Trinkwassertalsperren Wasser für die Trinkwasserversorgung gespeichert werden, wasserrechtlich ist dies jedoch die Herstellung eines Gewässers und damit ein Gewässerausbau. Behandlung und Verteilung von Trinkwasser beziehen sich auf Wasser, das Gewässern und damit dem natürlichen Wasserkreislauf bereits entnommen ist, und sind keine wasserwirtschaftlichen Aufgaben, sondern erfolgen im Rahmen der Daseinsvorsorge (vgl. § 50 Abs. 1 WHG) als Erfüllung kommunaler Pflichtaufgaben[11]. Der Begriff der Wasserdienstleistung geht damit insoweit über den Regelungsbereich des WHG hinaus.

Der neu eingefügte § 3 Nr. 17 WHG beschreibt den Begriff der „Wassernutzungen“:

„17. Wassernutzungen sind alle Wasserdienstleistungen sowie andere Handlungen mit Auswirkungen auf den Zustand eines Gewässers, die im Hinblick auf die Bewirtschaftungsziele nach den §§ 27 bis 31, 44 und 47 signifikant sind.“

Während in der Begriffsbestimmung der Wassernutzungen mit dem Begriff Wasserdienstleistungen auf die Regelung in § 3 Nr. 16 WHG n.F. verwiesen wird, werden die Handlungen mit signifikanten Auswirkungen auf den Zustand eines Gewässers nicht näher definiert. Nach Art. 2 Nr. 39 WRRL sind Wassernutzungen neben Wasserdienstleistungen auch „jede andere Handlung entsprechend Art. 5 WRRL und Anhang II WRRL mit signifikanten Auswirkungen auf den Wasserzustand“. Art. 5 WRRL regelt die Überprüfung menschlicher Tätigkeiten und die wirtschaftliche Analyse der Wassernutzung. Eine Begrenzung der menschlichen Tätigkeiten auf eine wasserwirtschaftliche Zielrichtung erfolgt in Art. 5 WRRL nicht, lediglich ein Kausalitätsverhältnis der Tätigkeit zur Auswirkung auf den Zustand der Gewässer wird gefordert. Eine nähere Beschreibung der Tätigkeiten kann Nr. 1.4 und Nrn. 2.3 bis 2.5 Anhang II der WRRL entnommen werden. Wie aus § 6a Abs. 2 n.F. WHG entnommen werden kann, handelt es sich bei Wassernutzungen um menschliche Tätigkeiten insbesondere in den Bereichen Industrie, Haushalte und Landwirtschaft mit Relevanz für die Bewirtschaftungsziele „guter ökologischer Zustand“ bei natürlichen Oberflächenwasserkörpern, „gutes ökologisches Potenzial“ bei erheblich veränderten Oberflächenwasserkörpern, „guter chemischer Zustand“ und „guter mengenmäßiger Zustand“ bei Grundwasserkörpern. Für die Annahme einer Wassernutzung ist nicht Tatbestandsvoraussetzung, dass die Tätigkeit rechtswidrig oder nicht regelkonform erfolgt. Das Ausbringen von Wirtschaftsdünger, das den Vorgaben des Düngegesetzes oder der Düngeverordnung wie auch der Nitratrichtlinie[12] entspricht, jedoch einen Trend zur steigenden Grundwasserbelastung mit Nitrat auslöst, kann deshalb eine Wassernutzung der Landwirtschaft mit Kostenfolge sein.

4.2 Einfügung des neuen § 6a WHG „Grundsätze für die Kosten von Wasserdienstleistungen und Wassernutzungen“

Art. 6a Abs. 1 WHG

Nach § 6a Abs. 1 ist „bei Wasserdienstleistungen zur Erreichung der Bewirtschaftungsziele nach den §§ 27 bis 31, 44 und 47 der Grundsatz der Kostendeckung zu berücksichtigen. Hierbei sind auch die Umwelt- und Ressourcenkosten zu berücksichtigen. Es sind angemessene Anreize zu schaffen, Wasser effizient zu nutzen, um so  zur Erreichung der Bewirtschaftungsziele beizutragen.“

6a Abs. 1 Satz 1 und 2 WHG entspricht weitgehend Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 1 WRRL und schreibt das Kostendeckungsprinzip für Wasserdienstleistungen fest.

Die in den §§ 27 bis 31, 44, 47 WHG geregelten Bewirtschaftungsziele sind die Umweltziele nach Art. 4 WRRL. Zur Erreichung der Ziele sind neben den in Art. 11 Abs. 3 WRRL genannten Maßnahmen auch ökonomische Instrumente einzusetzen, soweit dies erforderlich ist; der Grundsatz der Kostendeckung ist dabei ein wichtiges Prinzip für alle Wasserdienstleistungen. § 6a WHG übernimmt diesen Grundsatz nun ausdrücklich in das Wasserhaushaltsgesetz, ohne jedoch bestimmte ökonomische oder fiskalische Instrumente vorzuschreiben. § 6a WHG enthält keine Verpflichtung und auch keine Ermächtigungsgrundlage, fiskalische Instrumente anzuwenden. Ob und in welcher Weise solche Instrumente zur Erreichung der WRRL-Ziele erforderlich sind, ist jeweils vor Erlass der entsprechenden Rechtsgrundlage zu prüfen. Dass die Zielerreichung maßgeblich ist, unterstreicht § 6a Abs. 1 Satz 3 WHG, der dem 1. Anstrich von Unterabs. 2 des Art. 9 Abs. 1 WRRL entspricht. Hierbei genießen die erstellten Maßnahmenprogramme, die sich an den regionalen und lokalen Bedingungen orientieren, Vorrang (vgl. EuGH, Urteil vom 11.09.2014, Rs. C-525/12, Rn. 52).[13] Angemessene Anreize des Wasserhaushaltsgesetzes für die Umsetzung des Grundsatzes in § 6a Abs. 1 Satz 3 WHG finden sich in § 50 Abs. 3 WHG für die Wasserversorgung sowie in § 57 WHG und der Abwasserverordnung für die Abwasserbeseitigung.

Art. 6a Abs. 2 WHG

Abs. 2 entspricht Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2, 2. Anstrich und Abs. 4 Satz 1 WRRL. In Abs. 2 werden die wichtigsten Bereiche genannt, in denen Wasser genutzt wird und die einen Beitrag zur Kostendeckung leisten sollen. Für Wassernutzungen, die keine Wasserdienstleistungen sind, gilt das Kostendeckungsprinzip nicht im gleichen Umfang wie für Wasserdienstleistungen. Nur wenn Wassernutzungen die Erreichung der in § 6a Abs. 1 genannten Bewirtschaftungsziele gefährden, haben diese auch einen angemessenen Beitrag zur Deckung der Kosten zu leisten. Darüber hinaus bleiben die völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland, die sich beispielsweise aus der revidierten Rheinschifffahrtsakte vom 17.10.1868 oder dem Übereinkommen zur Regelung der Schifffahrt auf der Donau vom 18.08.1948 ergeben, unberührt.[14] Die vom Bundesrat vorgeschlagene Fassung eines Regel-Ausnahmeverhältnisses (vgl. oben unter 3.2) wurde zwar nicht in das Gesetz übernommen, ist jedoch durch die positive Regelung, dass eine Gefährdung der Bewirtschaftungsziele gegeben sein muss, mit abgedeckt.

6 Abs. 2 WHG ist keine abschließende Regelung, die landesrechtliche Regelungen zu Kosten- und Entgelterhebungen im Bereich der Gewässerbewirtschaftung ausschließt. Sie ist beschränkt auf Regelungen zur Umsetzung der Bewirtschaftungsziele.

Wassernutzungsentgeltregelungen oder Wasserentnahmeentgeltregelungen, die anderen Bewirtschaftungsansätzen dienen, bleiben deshalb unberührt und können von den Ländern nach Art. 72 Abs. 1 GG weiterhin erlassen werden.

6a Abs. 3 WHG

Nach § 6a Abs. 3 WHG wird bestimmt, dass „im Rahmen der Absätze 1 und 2 das Verursacherprinzip sowie die wirtschaftliche Analyse der Wassernutzungen nach der Oberflächengewässerverordnung und der Grundwasserverordnung zu Grunde zu legen sind“.

6a Abs. 3 WHG enthält insoweit zusätzliche gemeinsame Bestimmungen für die im Übrigen in den ersten beiden Absätzen geregelten Wasserdienstleistungen und Wassernutzungen. Dazu gehört, dass das Verursacherprinzip sowie die nach § 12 der Oberflächengewässerverordnung und § 14 der Grundwasserverordnung vorgenommene wirtschaftliche Analyse zu Grunde zu legen sind. § 6a Abs. 3 WHG dient der Umsetzung der entsprechenden Vorgaben nach Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 1 WRRL.[15]

6a Abs. 4 WHG

Nach § 6a Abs. 4 WHG kann „von den Grundsätzen nach den Absätzen 1 und 2 im Hinblick auf soziale, ökologische und wirtschaftliche Auswirkungen der Kostendeckung sowie im Hinblick auf regionale geografische oder klimatische Besonderheiten abgewichen werden“.

Abs. 4 dient der Umsetzung von Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 3 WRRL.

Die Umsetzung der Grundsätze für die Kosten von Wasserdienstleistungen und Wassernutzungen ist nach § 83 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 WHG in den Bewirtschaftungsplänen darzustellen. Dabei sind die geplanten Schritte zur Durchführung der Grundsätze, die zur Erreichung der Bewirtschaftungsziele beitragen, die Beiträge der verschiedenen Wassernutzungen zur Deckung der Kosten der Wasserdienstleistungen sowie die Gründe dafür, dass bestimmte Wassernutzungen nicht zur Deckung der Kosten der Wasserdienstleitungen beizutragen haben, sowie die Gründe für Ausnahmen nach § 6a Abs. 4 WHG darzustellen. Nachdem die verbindliche Vorgabe für den Inhalt des Bewirtschaftungsplans in § 83 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 WHG erst zum 18.10.2016 in Kraft tritt, ist eine Umsetzung der Vorgaben in den Bewirtschaftungsplänen für die zweite Bewirtschaftungsperiode ab 22.12.2015 nicht erfolgt. Eine Übergangsregelung mit der Forderungen einer nachträglichen Aufnahme der Darstellung ist im Gesetz nicht enthalten, so dass sich die Neuregelung in § 83 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 WHG erst in den Bewirtschaftungsplänen für die dritte Bewirtschaftungsperiode auswirken wird. Den Ländern bleibt deshalb noch geraume Zeit, die Grundsätze mit konkreten Regelungen zur Kostenbeteiligung an Wasserdienstleistungen, soweit nicht bereits durch die kommunalen Regelungen für Gebühren zur Trinkwasserversorgung und Abwasserbeseitigung abgedeckt, bzw. an Wassernutzungen mit Leben zu erfüllen.

B. Änderung des Abwasserabgabengesetzes

1. Hintergrund

Gemäß der Industrieemissionsrichtlinie 2010/75/EU (IE-RL) müssen von der Europäischen Kommission beschlossene Schlussfolgerungen zu den besten verfügbaren Techniken (BVT) in deutsches Recht umgesetzt werden. Dies geschieht derzeit durch die Änderung der Abwasserverordnung. In den BVT-Schlussfolgerungen für verschiedene Industriebranchen werden zunehmend Langzeitmittelwerte wie Jahres- und Monatsmittelwerte als einzuhaltende Emissionsbandbreiten eingeführt. Diese Jahres- und Monatsmittelwerte müssen ergänzend auch in die Abwasserverordnung übernommen werden. Dies kann jedoch Auswirkungen auf die Höhe der Abwassergabe haben, da nach § 4 Abs. 1 Satz 3 AbwAG bei der Festlegung von Überwachungswerten für verschiedene Zeiträume der Überwachungswert für den längsten Zeitraum – damit zukünftig der Jahres- oder Monatsmittelwert – der Berechnung der Abwasserabgabe zugrunde zu legen ist. Sobald die Einführung von Jahres- oder Monatsmittelwerten also in den Anhängen der Abwasserverordnung erfolgt, kann sich dies auf die Höhe der Abwasserabgabe auswirken. Derzeit wird von der Bundesregierung jedoch keine grundlegende Änderung im Hinblick auf die Überwachungswerte im Sinne des Abwasserabgabengesetzes und damit auf die Höhe der Abgabe angestrebt. Überwachungswerte in diesem Sinne sollen weiterhin die in den Anhängen der Abwasserverordnung bisher festgelegten Verfahren (qualifizierte Stichprobe oder 2-Stunden-Mischprobe) bleiben. Dies ist auch mit dem EU-Recht vereinbar, da das EU-Recht keine Abwasserabgabe kennt.

2. Ziel des Änderungsgesetzes

Durch Änderung des § 4 Abs. 1 Satz 3 des Abwasserabgabengesetzes sollen Auswirkungen vorgesehener Änderungen der Abwasserverordnung zu BVT-Schlussfolgerungen auf die Festsetzung der Abwasserabgabe ausgeschlossen und damit insoweit der derzeitige Status quo beibehalten werden.

3. Gang der Gesetzgebung

Das Änderungsgesetz zum Abwasserabgabengesetz entspricht dem Entwurf der Bundesregierung[16] . Der Bundesrat und der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit haben sich zur Änderung des Abwasserabgabengesetzes nicht geäußert.

4. Inhalt des Änderungsgesetzes

4 Abs. 1 Satz 3 AbwAG wird danach wie folgt neu gefasst:

„Enthält der Bescheid für einen Schadstoff oder eine Schadstoffgruppe Überwachungswerte für verschiedene Zeiträume, ist der Abgabenberechnung der Überwachungswert für den längsten Zeitraum zugrunde zu legen; Jahres- und Monatsmittelwerte bleiben außer Betracht.“

Die Klarstellung in § 4 Abs. 1 Satz 3 AbwAG ist erforderlich, da künftig in der Abwasserverordnung sog. Jahres- oder Monatsmittelwerte ergänzend zu den bisherigen Überwachungswerten (qualifizierte Stichprobe oder 2-Stunden-Mischprobe) eingeführt werden müssen. Die ergänzende Einführung  von Jahres- oder Monatsmittelwerten könnte Auswirkungen auf die Höhe der Abwassergabe haben, da nach § 4 Abs. 1 Satz 3 AbwAG bei Festlegung von Überwachungswerten für verschiedene Zeiträume der Überwachungswert für den längsten Zeitraum – damit zukünftig der Jahres- oder Monatsmittelwert – zugrunde zu legen ist. Sobald die Einführung von Jahres- oder Monatsmittelwerten also in den Anhängen der Abwasserverordnung erfolgt, kann sich dies auf die Höhe der Abwasserabgabe auswirken. Die Änderung ergänzt § 4 Abs. 1 Satz 3 AbwAG um den Zusatz, dass Jahres- und Monatsmittelwerte außer Betracht bleiben.

4 Abs. 1 Satz 3 2. Halbsatz AbwAG zielt damit darauf ab, derartige Auswirkungen mit Blick auf vorgesehene entsprechende Änderungen der Abwasserverordnung dadurch auszuschließen, dass Jahres- und Monatsmittelwerte für die Berechnung des Abwasserabgabe außer Betracht bleiben und damit insoweit die derzeitige Rechtslage und die derzeitige Vollzugspraxis bei der Festsetzung der Abwasserabgabe beibehalten werden.

Die Änderung des Abwasserabgabengesetzes ist eine rein technische Reaktion auf Vorgaben des EU-Rechts in der Industrieemissionsrichtlinie zur Beibehaltung des derzeitigen Zustandes für die Berechnung der Abwasserabgabe. Die Regelung zeigt aber auch, dass mit einer Änderung des Abwasserabgabengesetzes und einer damit erfolgenden Präzisierung der Abgabeberechnung in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist.

Net-Dokument BayRVR2016050301; Titelfoto/-abbildung: (c) Rynio-Productions – Fotolia.com

Anmerkung der Redaktion

BayRVR_Ulrich DrostMinisterialrat a.D. Ulrich Drost war als Leiter des Referats Wasserrecht im vormaligen Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit an der Kodifizierung des in Bayern geltenden Wasserrechts (WHG, BayWG, untergesetzliches Regelwerk) maßgeblich beteiligt.

 

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[1] Vgl. Natalie Häusler, Publicus 2014/12.

[2] Vgl. EuGH, Urteil vom 11.09.2014, Rs. C-525/12.

[3] Vgl. BR-Drs. 496/15 vom 16.10.2015.

[4] Vgl. BR-Drs. 496/15 vom 16.10.2015.

[5] Vgl. BR-Drs. 496/15(B) vom 27.11.2015 (Beschluss Nr. 1 ).

[6] Vgl. BR-Drs. 496/15(B) vom 27.11.2015 (Beschluss Nr. 2).

[7] Vgl. BT-Drs. 18/7578 Seite 7.

[8] Vgl. BT-Drs. 18/7578 Seite 7.

[9] Vgl. BR-Drs. 99/16 (Beschluss).

[10] Vgl. BR-Drs. 496/15 Seite 9.

[11] Vgl. z.B. Art. 57 Abs. 2 Satz 1 Bayerische Gemeindeordnung.

[12] Richtlinie 91/676/EWG des Rates vom 12. Dezember 1991 zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen.

[13] Vgl. BR-Drs. 496/15 Seite 10.

[14] Vgl. BR-Drs. 496/15 Seite 10 und 11.

[15] Vgl. BR-Drs. 496/15 Seite 11.

[16] Vgl. BR-Drs. 496/15 Art. 2.